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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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und schaut an ihm vorbei, als vergleiche sie.
    »An dich kommt er auf jeden Fall nicht ran.«
    Nach diesem Kompliment tut es Robert fast leid, daß sie schwindelt. Doch für den Mann in ihm genügt die kleine Lüge, um ihn zu befeuern, die Hand nach ihr auszustrecken und auf Gegendruck die zweite. Wie neu sie sich anfühlt nach der langen Pause! Bei ihr darf er Spuren hinterlassen, ohne Rücksicht auf andere Roberte, und Du sagen, und auch sie erinnert sich an Zärtlichkeiten aus der Balzzeit, die nicht ohne Echo bleiben.
    »Mein Liebes, du!«
    Jugendgefährdend umarmen sie sich im Wohnzimmer, in der Diele, lassen Textilien liegen, brennendes Licht zurück, ein Dutzend Ehejahre hinter sich. Und bevor sie Hand in Hand sich in den Schlaf hinüberatmen, werden alle Mißverständnisse aufgeklärt. In seinem Arm.
    »Ich mußte vorhin so lachen. Deine Geschichte war teuflisch echt.«
    »Welche Geschichte?« fragt er. Liebevoll streichelt sie seinen Kopf.
    »Die du mir erzählt hast. Ich sag dir ja immer, du kannst sehr anschaulich und glaubhaft erzählen.«
    »Du hast mir nicht geglaubt?«
    Sie schüttelt den Kopf in seinem Arm.
    »Eine Zeitlang war ich unsicher. Vorher. Wegen Christine...«
    »Wegen Christine?«
    Sein Erstaunen klingt überzeugend.
    »Aber ich weiß — es ist nichts. Ehrlich gesagt, ich konnte es mir auch nicht vorstellen. War aber trotzdem eifersüchtig; hätte ich nicht von mir gedacht.« Robert ist sprachlos. Auch Franziska traut ihm nichts zu. Harmlos und zuverlässig — den Stempel hat er. Was soll er machen, wenn ihm die Wahrheit nicht geglaubt wird? — Die Harmonie genießen. Ist er ein Schwein? Ein Trottel? Vielleicht beides?
    Der Mann in ihm will seine Ruhe und fragt:
    »Und wie verhält es sich mit deinem Abendkursfreund?«
    »Der ist meine Christine.«

    Das runderneuerte Glück ändert den Rhythmus nicht. Ab heute später aufzustehen käme jedoch einem Geständnis gleich.
    Sich nicht verändern!
    Übers Gaspedal tritt Robert hinaus ins freundliche Leben. Es ist Juli. Um diese Stunde gleicht die Fahrt in die Innenstadt einem Morgenritt über Wiesen und Felder. Weite braucht das Auge, stellt er fest, Weite. Wenigstens einmal am Tag. In der Nähe zu sein und noch nicht gefordert zu werden, schon das verschafft Ruhe, und die braucht Robert.
    Er parkt. Gegenüber fehlt Sidonies Wagen, und sie fehlt im Café. Heute kommt er dazu, beim Frühstück Zeitung zu lesen. Nicht ganz ungestört, der Übergang muß fließend gestaltet werden. Galt es bisher, die Beziehung vor den Frühparkern zu verbergen, wird es in Zukunft gelten, den kameradschaftlichen Ton weiterzusimulieren.
    Wie schon oft, nimmt er eine Rauchwolke vom Tisch der Skatspieler als Startzeichen und begibt sich auf seinen Morgenspaziergang. Allein. Um sich einzuschwingen, wieder ins Lot zu kommen mit sich. Noch immer kein Schmerz, keine Sehnsucht. Hat er sich übernommen? Ist er gekränkt, weil Sidonie ihn einfach stehenließ? Nahm sie ihn nicht ernst, so wie Franziska, die ihm nichts zutraut? Ist es nicht, als wolle das Schicksal ihm sagen: Gib’s endlich auf! Sieh zu, daß du im Beruf weiterkommst. Taten, nicht Fragen.
    Das ist es.
    Heimlichkeiten machen eng, drängen einen in die Defensive. Heute werden Akten aufgearbeitet, wird diktiert.
    Hinter dem Schreibtisch erwartete er sein Opfer. Doch Petra kam nicht, eine Kollegin von ihr kam mit der Nachricht, sie sei beim Arzt. Etwas mit der Niere - unter Umständen werde sie ins Krankenhaus müssen. Jetzt tat sie ihm leid. Und er sich auch.
    Zweimal wurde sein Ärger über die verpuffende Tatkraft gelindert: Christine rief an und sagte eine Verabredung im Tennisclub ab. Karl sei auswärts. Sie hatte nicht viel Zeit, und das war ihm recht. Gegen Mittag rief Franziska an. Sie hatte viel Zeit und klang fröhlich. Aber auch nur fröhlich. Fröhlich wie Tiedemann am nächsten Morgen. Sidonie war wieder nicht da, und Roberts Tatkraft suchte noch Opfer.
    Das Appartement. Sinnlose Geldverschwendung. Hier muß gekündigt werden; die Firmengründung hat sich zerschlagen. Oder Christine übernimmt es. Sie sucht dringend eine Wohnung, könnte die Mietfolge sofort antreten, ihm seinen Teil der Vorauszahlung zurückerstatten.
    Das Frühstück.
    Der Kühlschrank ist noch voll. Vor den verwunderten Herren macht Robert die Bestellung rückgängig.
    »Ich habe meine Aktentasche zu Hause liegenlassen.« Mit allgemeinem Bedauern versehen, verschwindet er hinter der Bretterwand, passiert das Hotel, das ihm

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