Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
Vom Netzwerk:
sich um, schaut gelangweilt knapp an ihm vorbei. Das kann sie. Gleich wird Leben in die Pupillen kommen, wird sie so tun, als habe sie jemand entdeckt, und weggehen. So geschieht es.
    »Nanu«, sagt Christine, und erst jetzt merkt Robert, wie ungeschickt es von ihm war, sich ausgerechnet mit ihr auf die Suche zu machen. »Vor mir braucht sie sich doch nicht zu verstecken.«
    »Vielleicht hat sie uns nicht gesehen«, mutmaßt Robert halbherzig und verärgert und sie fragt:
    »Ist es etwa aus?«
    »Christine, Sie haben zuviel Phantasie.«
    Mühsam ist das. Aber das kluge Mädchen hat verstanden.
    »Mir kann es ja egal sein, Robert.«
    Sein Mund ist trocken. Jetzt muß er etwas trinken. Er faßt sie fester.
    »Kommen Sie.«
    »Hallo Robert!«
    Mastgänserich Karl auf dem Barhocker produziert eine andere Variante von Imponiergehabe.
    »Das ist mein Freund Robert mit seiner Freundin Christine — das ist Birgit.«
    Die Vorgestellten nicken einander zu. Durch den Lichtbogen verläßt Sidonie die Bar. Robert atmet auf.
    »Willst du wieder Ärger kriegen?« raunt er Karl zu, der schon für alle bestellt hat. Jung ist das Mädchen, zu jung, aber selbstsicher, und natürlich hübsch. »Cheers!« prostet der Mastgänserich mit Imponierwort. Draußen setzt die Kapelle wieder ein, und Freundin Birgit, noch in dem Alter, da man Tanzmusik nicht stillsitzend hören kann, drängt ihn zu neuer Kraftverschwendung.
    Auch Robert und Christine verlassen die düstere Trinkhöhle.
    »Ihre Frau!« sagt sie.
    Da ist Franziska mit dem Professor, sieht Robert und nickt, kommt aber nicht herüber, sondern folgt Kirschner die Stufen hinunter zur Grünanlage vor dem Center Court.
    »Aha«, sagt Christine.
    »Wir müssen uns wieder am Tisch sehen lassen«, sagt Robert. Sie nickt, bleibt in seinem Arm, der da bleibt, wo er die ganze Zeit schon war. Im Restaurant ist Sidonie auch nicht.
    Plötzlich Lärm. Es klingt nach zerspringendem Glas in größeren Mengen. Die Schrecksekunde ist lang, bis sich Köpfe drehen, Gäste hereindrängen, mehr neugierig als erschreckt.
    Ein zaundürrer Inder in weißer Kellnerjacke hat die Herrschaft über das schwere Silbertablett voll gebrauchter Gläser verloren. Wie es in dem Gedränge dazu gekommen ist, das können nur Robert und Christine mit Sicherheit sagen. Sie kennen die Stimme, die da sagt:
    »Passen Sie doch auf.«
    Nichts verraten die Augen des Dunkelhäutigen, weder eine Regung noch Erregung, stumm kauert er am Boden, die schönen Hände mit den rosa schimmernden Nägeln klauben Scherben zusammen; zwei alte Augen dagegen funkeln beleidigt über die Zumutung solchen Geschehens in ihrer unmittelbaren Nähe. Mit abgewinkeltem Ellbogen steht Omilein da, ihre Abendtasche lugt zwischen den schweren Fingern hervor, wie ein Einstecktuch, und mit einer Kopfbewegung, die, aus dem Pantomimischen übersetzt, einer fristlosen Entlassung entspricht, begibt sie sich zur Damentoilette.
    Christine schaut Robert an.
    »Der Aszendent hat zugeschlagen.«
    Das berichten sie auch am Tisch in der Lounge. Karin und der Präsident der Anwaltskammer, die einzigen Hinterbliebenen, nehmen die Nachricht dankbar auf. Sie hatten einander wenig zu sagen. Karins Stimmung bremst jeden Anlauf. Seit einer Dreiviertelstunde hat sich Karl nicht mehr sehen lassen. Ihr hilfesuchender Blick bringt den treuen Freund wieder auf den Weg, zurück durch den Lichtbogen ins Restaurant, wo der Inder mit einem Handbesen die feineren Scherben zusammenfegt. In der Bar sieht Robert ihn sitzen. Mit Freundin Birgit.
    »Du sollst dich mal am Tisch sehen lassen.«
    »Du kannst mich mal.«
    Freundin Birgit hat nichts gehört. Draußen im Restaurant wird die Tür der Damentoilette geöffnet, zwei schwere Hände gestikulieren, Robert dreht seinen Freund auf dem Barhocker in die Richtung. Omilein kommt heraus, sie schaut nach hinten, redet auf die Dame ein, die ihr folgt — Sidonie.
    Wortlos hat sich Karl erhoben, geht ihnen entgegen. Omilein entdeckt ihren Sohn, und es sieht aus, als stelle sie ihn Sidonie vor. Der Aszendent wirkt weiter, im Konvoi geht’s durch den Lichtbogen zum Tisch.
    Liebend gern würde Robert dabeisein. Endlich mit Sidonie reden können in der Öffentlichkeit. Doch es steht nicht dafür.
    »Der hat vielleicht Nerven«, sagt Freundin Birgit neben ihm.
    »Er bringt nur seine Mutter an den Tisch.«
    »Kann die den Weg nicht allein finden?«
    Das ist genau jene unausgegorene Logik, die Robert nicht ausstehen kann. Dazu fällt ihm auch nichts

Weitere Kostenlose Bücher