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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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freundschaftlicher Rat Robert eintrug, war feindselig.
    »Von dir brauche ich keinen Nachhilfeunterricht. Ausgerechnet von dir. Ihr seid euch sehr ähnlich, du und Karin. Zwei waschmaschinenfeste Moralapostel auf dem schnurgeraden Weg.«
    Robert, am Ende mit Argumenten, rüttelte den Freund, diesen Kerl, der immer noch sein Freund war, rüttelte immerhin ein Bekenntnis aus ihm heraus.
    »Einmal möchte ich von Karin hören, daß ihr ein anderer Mann gefällt. Das möcht ich hören! Aber nein. Sie schaut nicht rechts und nicht links, nur ich werde beobachtet, ich werde kritisiert, ich werde geschulmeistert. Sie will mich für sich allein haben, läßt mich aber fühlen, daß ich nicht der bin, den sie sich eigentlich wünscht. Karin betrügt mich im Bett, mit ihren Gedanken. Ich mache das wenigstens offen. Das ist es, Robert! Aber irgendwo muß der Mensch so sein können, wie er ist, akzeptiert werden, wie er ist. Verstehst du?«
    War das ein neuer Gesichtspunkt oder eine Ausrede mit psychologischer Begründung? überlegte Robert in der Küche, wo er und Franziska die Auseinandersetzung von K&K abwarteten. Dachte Franziska in seinen Armen ähnlich? Hatte sie ihn damit zu Sidonie getrieben? Wäre das eine Begründung oder eine Ausrede? In der Küche machte sie sich zu schaffen, um nicht mit ihm reden zu müssen, und der Dialog im Schlafzimmer, nachdem die Freunde unversöhnt, aber zusammen gegangen waren, überzeugte ihn nicht vom Gegenteil.
    Von Müdigkeit war die Rede; Robert bekam einen höflichen Gutenachtkuß, ohne gemeinsames Entspannen Hand in Hand.
    Die Wippe — hatte Sidonie gesagt. Die Ehe war in Bewegung geraten. Und wer hing in der Luft?

    Als Robert das Café betritt, sieht er sie sitzen, neben Tiedemann.
    Ihr Händedruck läßt ihn an den Fingern frieren. Er kann nur abwarten, Frühstück komplett bestellen und auf alles gefaßt sein. Was geht in ihr vor? In ihren Augen findet er keine Antwort, keinen Anhaltspunkt.
    Sidonie sieht ihn nicht, muß ihn gar nicht übersehen. Er ist einfach nicht vorhanden, ein leerer Stuhl. Hat er sie so verletzt? Jetzt weiß er, wie sie sein kann, wenn nichts mehr ist. Es ist aus.
    Da hält ihr Blick bei ihm.
    »Sie spielen doch Tennis?« fragt sie ohne Ausdruck quer über den Tisch, nachdem sie zwei Brötchen lang nur mit den andern geredet hat und der Uhrzeit nach keine Hoffnung auf einen Spaziergang mehr besteht. »Gestern bekam ich ein Buch über Tennis geschenkt. Wenn Sie’s lesen wollen, ich hab’s in meinem Wagen.« Sie hat ihm noch etwas zu sagen. Robert zittert. Bis auf die Straße.
    »Eigentlich wollte ich noch ein paar Tage zu Hause bleiben«, erfährt er auf dem Weg, vorbei am Schleiflacknest. »Aber ich hatte keine Ruhe mehr. Ich mußte Sie sprechen.«
    Ausführlich wie ein Schuldiger erklärt er, wie das passieren konnte, was nicht hätte passieren dürfen. Es war sein Fehler. Sie läßt ihn nicht ausreden. Fremd ist ihr Blick.
    »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf wegen der Kleinen. Ich hatte Sie nur für überlegter gehalten. Das war mein Fehler.«
    Wie ein Diamant schneidet ihre Stimme in seine Seele aus Glas. Er versucht die Scherben mit Versprechen zu kitten.
    »Seien Sie beruhigt. Die Sache ist absolut unwichtig und harmlos.«
    Jetzt müßte er das Gespräch mit Christine erwähnen. Statt dessen macht er sich stark in seiner schwachen Position, indem er ihre Bedenken herunterspielt.
    »Sie sehen das falsch. Wir sind doch gar nicht interessant für die Kleine.«
    Mürrisch formt seine Zunge diese Bezeichnung für Christine, während Sidonie ausgesprochen Spaß daran hat.
    »Das interessiert die Kleine sogar sehr. Neugierig war sie, wollte alles genau wissen. Sie hat auch keinen Hehl daraus gemacht, daß sie Sie mag. Sehr sogar.« Geschmeichelt wie er sich fühlt, kommt das Herunterspielen echter Arbeit gleich.
    »Nun ja.« Er bändigt das eitle Lächeln. »Ich habe ihr schließlich einen Gefallen getan.«
    Sidonie bleibt unüberzeugt, läßt kein Verständnis, kein Gefühl erkennen:
    »Es tut mir leid. Wirklich sehr leid.« Tot sehen ihn die grauen Augen an. »Sie haben die Spielregeln nicht eingehalten. Wir haben einen Mitwisser. Und ich riskiere nichts. So war die Abmachung.«
    Sein Blick erreicht sie nicht mehr. Mit zugeschnürtem Hals steht er da.
    Es ist aus.
    Er geht zur Tagesordnung über, verwundert, daß er nichts empfindet, weder Schmerz noch Leere. Tragödien haben lange Verdauungszeiten. Robert konzentriert sich auf den Augenblick und erlebt

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