Die Füchsin
und sehe nach, aber sie haben es schon hundertmal gemacht und sollten es jetzt eigentlich schaffen. Thomas kümmert sich um die Schinken. Wir brauchen noch Salz vor Weihnachten.«
»Ich weiß.« Judith kam zum Ende des Stoffes und legte die Schere weg. »Wenn du schon hier bist, kannst du mir helfen, das hier zusammenzunähen.«
Heulwen verzog das Gesicht. Judith begann zu lächeln. »Du brauchst die Übung«, neckte sie sie freundschaftlich. »Bald hast du selbst wieder einen Mann, für den du nähen mußt.«
Heulwen fühlte, wie ihr die Röte in die Wangen und auf die Stirn stieg. Sie nahm sich ein Nadelkissen. »Es ist noch nichts entschieden«, murmelte sie verteidigend. »Ich weiß, daß Papa einen Brief von Warrin erhalten hat, in dem dieser formell um meine Hand anhält, aber zuvor muß noch der König seine Zustimmung geben – und natürlich ich selbst. Außerdem hält sich Warrin noch in der Normandie auf.«
»Aber wird er nicht täglich zu Hause erwartet?« Judith begann damit, methodisch die Ränder zusammenzunähen. Ihre Finger waren einen Monat lang etwas taub, dann hielt sie inne und schaute ihre Stieftochter nachdenklich an. »In gewisser Weise kann man sagen, je eher, desto besser für dich, nicht wahr?«
»Und für dich, Mama.«
Judiths forschender Blick verschärfte sich, aber sie war nicht beleidigt, lächelte vielmehr ein bißchen. Mehrere Wochen in Gemeinsamkeit hatten die Freundschaft etwas abgenützt, denn so sehr die Gräfin ihre Stieftochter liebte, besaß sie nicht die gelassene, mütterliche Geduld, die ihr in diesem Falle am besten gedient hätte. Statt dessen zeigte sie eine Neigung, hier und da scharf zu antworten oder eine herausfordernde Bemerkung zu machen, und dann sträubte sich bei Heulwen das Haar, sie biss sich auf die Zunge oder gab eine betont freundliche Antwort. Kein Wunder, daß sich ihre Charaktere aneinander rieben, dachte Judith. Heulwen hatte Ralph mit fünfzehn geheiratet und war mehr als zehn Jahre alleinige Schloßherrin gewesen. Sich nach den Regeln ihres früheren Lebens einzurichten, mußte eine ziemlich schwierige Sache sein, auch wenn es sich nur um einen vorübergehenden Aufenthalt handelte – namentlich, wenn sie es mit einer wesentlich älteren Frau zu tun hatte, die zwar lächelte, aber dennoch nicht glücklich war über die Störung durch den Eindringling.
»Ja.« Sie lachte. »Auch für mich. Ich genieße die Ruhe und den Frieden, wenn du aus dem Haus bist.« Dann wurde sie ernst. »Aber, Tochter, du mußt dir selbst vor allem sicher sein, daß du diese Verbindung mit Warrin wirklich willst. Du weißt, daß dein Vater und ich dich niemals gegen deinen Willen in eine solche Rolle treiben würden.«
Heulwen holte tief Luft, um ja zu sagen, das sei es, was sie wirklich wolle, sie habe sich entschieden, aber das, was aus ihrem Mund kam, war nicht das, was sie eigentlich sagen wollte. »Mama, glaubst du denn, das Warrin ein passender Mann ist für mich?«
Judith zog eine Schnute und dachte darüber nach, während sie ein Dutzend Mal mit der Nadel in den Samt stach. »Passend – ja«, sagte sie schließlich. »Aber ob er der Richtige ist für dich, wird die Zeit erweisen müssen. Du kennst ihn noch aus der Kinderzeit. Er ist ehrgeizig, von sich selbst überzeugt und so empfänglich für die Gefühle der anderen wie diese Burgmauer. Er erwartet, daß du eine Dekoration darstellst für sein Bett und seine Tafel, wie es sich für einen Mann seines Standes gehört.« Sie richtete sich auf und warf einen Blick auf Heulwens besorgtes Gesicht, wollte etwas sagen, das geeignet war, das Gleichgewicht wiederherzustellen.
»Es wird dir sicher an nichts fehlen. Warrin war immer großzügig. Ich möchte behaupten, du wirst sogar genug Mägde haben, die das Nähen für dich besorgen.« Sie lächelte kurz, fügte dann nüchtern hinzu: »Aber wenn du Bedürfnisse hast, die über die goldenen Dekorationen hinausgehen, rate ich dir, es lieber noch einmal zu überdenken. Für Warrin de Mortimer bist du eine Trophäe, um die ihn die anderen beneiden. Du selbst wirst nicht zu beneiden sein.«
»Das weiß ich, Mama, und es stört mich nicht«, antwortete Heulwen mit Überzeugung. »Ich denke vielmehr –«
»Heulwen, du hast einen Gast«, verkündete Renard, der in den Raum gekommen war. Er aß ein Stück Apfelkuchen mit Zimt, den er der verärgerten Köchin unter der Nase weggestohlen hatte, und seine schmalen grauen Augen verengten sich vor freundschaftlichem
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