Die fünf Leben der Daisy West
Boden ab und schreibe Audrey eine SMS.
SORRY! Ich kann jetzt nichts erklären. Holt ihr mich bei Foot Find um die Ecke ab?
Ich drücke auf »Senden« und warte. Wenige Minuten später sind Audrey und Matt da.
»Du hättest wenigstens fragen können, ob du etwas abhaben darfst«, sagt Audrey lächelnd und greift nach ihrem Getränk. »Was ist denn los?«
Matt steht zwischen mir und dem Hauptgang. Instinktiv stelle ich mich direkt vor ihn, als wäre er mein Schutzschild. Verwundert sieht er mich an.
»Du siehst aus, als wärst du einem Geist begegnet«, stellt er fest.
Das glaubt Nora wohl auch, denke ich bei mir.
»Ich habe gerade ein Mädchen aus meiner alten Schule gesehen, die ... ähm ... mich hasst«, erkläre ich. »Können wir einfach gehen?«
Matt zuckt mit den Schultern und Audrey nickt. Wir machen uns auf den Weg zum Parkplatz. Während Audrey über fiese Mitschülerinnen redet, halte ich verstohlen nach Nora Ausschau. Matt beobachtet mich, als hätte er gemerkt, dass ich lüge, und würde gern die Wahrheit wissen.
Doch zum Glück fragt er nicht weiter nach.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
10
»Es ist doch nur ein langes Wochenende«, sagt Mason und sieht mich durch den Rückspiegel an, während wir im Dunkeln die Interstate 29 entlangbrausen.
»Ich weiß«, antworte ich missmutig, »aber wir wollten eigentlich erst morgen losfahren. Und warte mal, was meinst du eigentlich mit langem Wochenende?«
»Ich dachte, ich hätte dir gesagt, dass wir bis Montagabend bleiben«, erwidert Mason. »So ist auf jeden Fall genug Zeit, um Wade zu testen. Wir haben in der Schule angerufen, du bist für den Tag entschuldigt.«
»Nein, das hast du mir nicht gesagt«, murmele ich, während ich mich in meinem Sitz umdrehe und beobachte, wie die Lichter von Omaha in der Ferne verschwinden. Ich bereue es bereits, Cassie und Mason von Nora erzählt zu haben, denn das haben sie prompt zum Anlass genommen, noch am Abend loszufahren. Jetzt bin ich umso ärgerlicher, weil ich Audrey und Matt auch am Montag nicht sehen werde. »Ich sollte gar nicht mitfahren.«
»Vor allem solltest du nicht gesehen werden«, sagt Cassie, ohne von ihrem Computer aufzublicken. Ihr Ton überrascht mich. Normalerweise ist sie nicht so schnippisch. Das Schlimmste ist, dass sie recht hat.
»Was um Himmels willen macht Nora in Omaha?«, murmele ich.
»Wir haben ihre E-Mails überprüft«, sagt Cassie. »Sie besucht Verwandte. Anscheinend findet in Omaha dieses Wochenende irgendeine Familienfeier statt.«
»So ein blöder Zufall«, sage ich kopfschüttelnd. »Was geschieht nun mit ihr?«
»Das hängt von mehreren Faktoren ab«, antwortet Mason und kratzt sich am Kopf.
»Und von welchen?«, erkundige ich mich erwartungsvoll.
»Ob sie dich gesehen hat oder nicht. Und wenn ja, ob sie es als zufällige Ähnlichkeit abtut oder tatsächlich glaubt, dass du noch am Leben bist.«
»Und dann?«
»Das hängt davon ab, was sie mit der Information macht.«
»Wenn sie damit an die Öffentlichkeit geht ...«, beginne ich.
»... ist unsere dreißigjährige Forschungsstudie vorbei«, schneidet Cassie mir das Wort ab.
»Aber ist das vorher noch nie passiert?«, widerspreche ich.
»Meines Wissens nach ist es bislang erst ein einziges Mal vorgekommen«, antwortet Cassie.
»Zwei Mal«, korrigiert Mason. »Den Fall in Missouri gab es auch noch.«
»Den meinte ich. An welchen anderen Fall denkst du?«
»Florida.«
»Ach ja«, stimmt Cassie zu, bevor sie sich wieder dem Computer zuwendet. Es ärgert mich, dass sie so tut, als wäre sie damals schon Teil des Programms gewesen. Sie ist direkt nach dem College rekrutiert worden, als das Programm bereits lief, und ist damit jünger als die anderen Agenten. Zuerst wurde sie dem Zentrallabor zugeteilt, aber ihr Chef dort war der Meinung, dass sie besser für einen Job im Außendienst geeignet sei. Deshalb ist Cassie zu uns gekommen, als Sydney gegangen ist.
»Ich glaube, die Devise ist, auf der Hut bleiben und abwarten«, fährt Cassie fort. »Nora wird jetzt von einem Team beobachtet. Wenn sie die Sache vergisst und weitermacht wie bisher, tun wir es ebenfalls.«
»Und wenn nicht?«, will ich wissen.
»Wer weiß, was er dann vorhat«, murmelt Mason. Cassie sieht ihn überrascht an, worauf er sofort den Ton mäßigt.
»Was auch immer geschieht, wir werden es in den Griff bekommen«, sagt er eher zu sich selbst als zu mir oder Cassie.
»Wenn Nora wirklich an der
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