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Die fünf Leben der Daisy West

Die fünf Leben der Daisy West

Titel: Die fünf Leben der Daisy West Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Patrick
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eines der Wörter?!«
    »Nein, nicht Echsenkäse . Exegese! Das ist die Wissenschaft der Erklärung eines Textes, besonders der Bibel.«
    »Aha«, sage ich. »Gut, noch eins.«
    » Inkulpant .«
    »Keine Ahnung.«
    »Ich glaube, das ist ein Ankläger«, erklärt Matt. »Oder ein Angeklagter? Nein, das ist der Inkulpat .«
    »Was noch?«
    »Es gab einige zum Thema Bücher«, fährt Matt fort. » Prolog und Foliant .«
    »Easy«, stöhne ich. »Was war das Wort des Tages?«
    Mr Jefferson gibt uns oft ein Wort des Tages. Wenn wir es wissen, erhalten wir Punkte. Für eine bestimmte Anzahl an Punkten bekommt man eine Stunde frei.
    » Halcyon «, erinnert sich Matt.
    » Halcyon «, wiederhole ich. »Klingt super, auch wenn ich keine Ahnung habe, was es bedeutet.«
    »Ich auch nicht, aber morgen werden wir es ja wohl erfahren, wenn er die Antwort an die Tafel schreibt.«
    »Oder wir schauen nach.« Ich setze mich auf und gehe zu dem Regal auf der anderen Seite des Zimmers. Das Lexikon befindet sich in der Abteilung mit den roten Büchern, zusammen mit dem Heimwerker-Einrichtungsbuch, zwei Kitschromanen, einem Thriller und einer Ausgabe von Der Herr der Ringe . Ich ziehe es heraus und blättere, bis ich den Eintrag gefunden habe.
    »Eine Vogelgattung aus der Familie der Eisvögel«, lese ich. »Im Englischen bedeutet ›halcyon‹ als Adjektiv auch ruhig, friedlich, blühend, fröhlich, unbekümmert.«
    »Schönes Wort«, sagt Matt. »Das werde ich mir merken.«
    »Wirklich?« Ich schlage das Lexikon zu und begebe mich wieder zu ihm aufs Bett. Dieses Mal lege ich mich auf die Seite. Entweder, ich bin näher an Matt als vorher oder es fühlt sich nur so an. Auf jeden Fall kann ich ihn besser sehen. »Wie kommt’s?«
    »Wegen unbekümmert und friedlich ... so, wie du«, antwortet Matt ohne zu zögern. Seine Offenheit überrascht mich. Er löst den Blick von der Decke und sieht mir direkt in die Augen. »So fühle ich mich, wenn ich mit dir zusammen bin.«
    Plötzlich bin mich mir sicher: Seine Worte sind mehr als Schmeichelei – und sie sind die Antwort auf die Fragen, die ich mir seit Tagen stelle.
    Mag er mich genauso sehr wie ich ihn?
    Kann ich ihm vertrauen?
    Soll ich es ihm sagen?
    Jetzt weiß ich es. Ich weiß die Antworten.
    Ja. Ja. Ja.
    Von ganzem Herzen und aus voller Überzeugung: ja.

Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
18
    »Aha ...«, sagt Matt, als wir kurze Zeit später in Masons Büro stehen. »Und was machen wir hier?«
    »Setz dich«, weise ich ihn an und deute auf die Stühle vor dem riesigen Schreibtisch. »Bitte«, füge ich hinzu, um nicht allzu bestimmend zu klingen.
    Während ich mich auf dem großen Schreibtischstuhl niederlasse, schlucke ich meine Angst hinunter und atme tief ein und aus, um mich zu beruhigen. Ich versuche, mich auf all das Positive zu konzentrieren – dass ich mich mit Matt so sicher fühle und deshalb gewillt bin, alles zu riskieren –, doch der negativen Seite gelingt es, ihren Platz in meinem Kopf zu behaupten. Ich bin kurz davor, ein Staatsgeheimnis zu verraten, was Folgen für nahezu alle Menschen haben könnte, die ich kenne. Ich rüste mich innerlich. Gleich muss ich dem Jungen, den ich mag, sagen, dass ich ihn angelogen habe. Und dem Bruder eines sterbenden Mädchens muss ich erzählen, dass es ein Medikament gibt, mit dem Leute nach ihrem Tod zu neuem Leben erweckt werden können ... seine Schwester es aber leider nicht haben kann.
    Die Situation ist so überwältigend, dass ich kurz überlege zu kneifen. Doch dann fällt mir wieder ein, was Matt gesagt hat:
    Unbekümmert, friedlich ... so wie du.
    Er hat ein Recht zu wissen, wer ich wirklich bin.
    »Matt, ich möchte dir etwas sagen«, beginne ich. »Es geht um mich. Um mein Leben.«
    »Okay«, antwortet er und sieht mich neugierig an. »Und dafürmüssen wir ausgerechnet ins Arbeitszimmer deines Vaters gehen?« Er macht eine ausladende Geste in Richtung der kahlen weißen Wände und der braunen Möbel.
    »Ja, schon«, antworte ich. »Aber dazu komme ich gleich.«
    »Okay.«
    Pause.
    »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.«
    »Am Anfang?«, schlägt Matt vor. Noch lächelt er.
    Ich atme laut aus und beschließe, es zu wagen. »Ich habe geschworen, dir das, was ich dir jetzt erzählen werde, niemals zu verraten«, beginne ich etwas umständlich. Matt setzt sich ein wenig aufrechter hin. Sein Interesse ist definitiv geweckt.
    Er nickt, als würde er zustimmen, nicht über das

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