Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fünf Leben der Daisy West

Die fünf Leben der Daisy West

Titel: Die fünf Leben der Daisy West Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Patrick
Vom Netzwerk:
wirklich geglaubt«, fährt sie fort und reißt mich aus meinen wirren Gedanken. »Ich hatte dieses Gefühl, ich wusste, dass du es warst. Ich habe das meiner Mutter gegenüber erwähnt und obwohl sie meinte, ich sollte die Sache vergessen, habe ich sie überredet, am nächsten Tag noch einmal zur Polizei zu gehen und mit dem Chef zu sprechen. Am Abend bin ich mit Gina ausgegangen, auf dem Heimweg hatte ich diesen Unfall und, na ja, das hat dann irgendwie alles überschattet.«
    Ihre Stimme wird brüchig, als würde sie im nächsten Moment anfangen zu heulen, doch abgesehen von einem lauten Schniefenbehält sie sich im Griff. Ich erinnere mich daran, was Mason einmal über den Umgang mit unbehaglicher Stille gesagt hat. Seiner Meinung nach ist der beste Weg, um jemand anderen zum Reden zu bringen, selbst den Mund zu halten. Seine Strategie funktioniert.
    »Erst in diesem winzigen Kaff bin ich wieder zu mir gekommen.« Nora redet tatsächlich von sich aus weiter. »Meine Eltern dankten Gott, dass er mir das Leben gerettet hat, und erzählten mir etwas von einem Barmherzigen Samariter, der mich aus dem Auto gezogen hat. Sie meinten, wie müssten nun in Franklin leben, neue Namen verwenden und niemandem verraten, wer wir vorher gewesen sind. Zuerst haben sie auf keine meiner Fragen reagiert. Ich war kurz davor, wahnsinnig zu werden ...«
    »Und wie geht es dir jetzt?«, frage ich, als sie nicht mehr weiterspricht. Ich spüre, wie Mitleid in mir aufsteigt. In ihrer Situation mit Revive wiederbelebt zu werden und Eltern zu haben, die sich vollkommen verschließen, muss schrecklich sein.
    »Ich hatte einige Prellungen«, sagt sie. »Aber sie sind verheilt.«
    »Das meine ich nicht.«
    »Ich weiß«, antwortet sie, geht aber nicht weiter auf meine Frage ein. »Es ist ... Ich weiß nicht. Ich möchte nicht über den Unfall sprechen. Das ist alles einfach noch zu frisch.«
    »Okay, dann lass uns über das Mittel sprechen«, schlage ich vor.
    »Welches Mittel?«, fragt Nora. Sie wirkt vollkommen ahnungslos.
    Verblüfft runzle ich die Stirn. Haben sie ihr etwa nichts davon gesagt? Plötzlich wird mir bewusst, dass ich Nora vollkommen überfalle, wenn ich sie mit dem Revive-Programm und allem, was dazugehört, konfrontiere – denn offensichtlich hat sie noch nie davon gehört. Ich beschließe, sie weiter erzählen zu lassen.
    »Ähm ... haben sie kein Medikament eingesetzt, um dich zu retten?«, frage ich.
    »Was, ein Medikament? Nein, der Barmherzige Samariter hatzwanzig Minuten oder so, also bis der Krankenwagen kam, eine Herzdruckmassage durchgeführt.«
    »Kannst du dich daran erinnern?«, frage ich.
    »Nein, natürlich nicht. Noch in meinem Auto habe ich das Bewusstsein verloren.«
    Oder bist du gestorben , denke ich, sage es aber nicht. Das ist alles sehr seltsam.
    »Und warum, glaubst du, bist du jetzt in Franklin?«
    »Ich weiß , warum wir in Franklin sind«, antwortet Nora. »Das haben meine Eltern mir dann schließlich doch gestanden.«
    »Ja?«
    »Daisy, du brauchst dich nicht zu schämen«, sagt sie, was mich erneut stutzig macht. »Ich weiß, dass unsere Väter in Frozen Hills für dieselbe Familie gearbeitet haben. Deiner hatte ihren Sohn in Behandlung und meiner hat ihre Buchhaltung gemacht. Ihr ehemaliger Arbeitgeber steht wegen dunkler Machenschaften vor Gericht.«
    »Aha.« Mir schwirrt der Kopf. Wovon zum Teufel spricht sie? Doch im nächsten Moment beginnt sie selbst, die Lücken zu füllen, ohne dass ich danach fragen muss.
    »Deshalb hast du in deiner Nachricht doch geschrieben, dass du so bist wie ich, oder etwa nicht?«, fragt Nora, und fährt, ohne meine Antwort abzuwarten, fort: »Unsere Familien sind beide Teil eines Zeugenschutzprogramms und mussten deshalb umgesiedelt werden. Und ich sag dir eins, mein neuer Wohnort ist Scheiße.«
    Da ich nicht länger an mich halten kann, behaupte ich kurze Zeit später, zum Essen gerufen zu werden und verspreche, mich in den nächsten Tagen wieder zu melden. Dann wähle ich Megs Nummer und berichte ihr – Wort für Wort – was ich gerade erlebt habe.
    »Verdammt, was ist das denn?«, schimpft Meg, als ich geendet habe.
    »Ich weiß! Das ist so ... Was geht hier vor sich?«
    »Okay, lass uns rational an die Sache herangehen«, sagt sie.
    »Gut.«
    »Also, Nora sieht dich, und Agenten, die sich als Polizisten ausgeben, versuchen sie davon abzubringen, irgendjemandem davon zu erzählen ...«
    »Und verwanzen unterdessen eventuell ihr Haus?«
    »Vielleicht«,

Weitere Kostenlose Bücher