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Die fünf Leben der Daisy West

Die fünf Leben der Daisy West

Titel: Die fünf Leben der Daisy West Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Patrick
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hören, als würde sie allein durch das Atmen das Trauma ein wenig mehr verarbeiten. Dann beginnt sie plötzlich, leise zu lachen.
    »Was ist denn so komisch?«, frage ich verwundert.
    »Es ist schon seltsam, an was man sich so erinnert.«
    »An was denn zum Beispiel?«
    »Bei dem Typen ... Es ist gemein, immerhin hat er mich gerettet, aber er erinnerte mich ein wenig an Daffy Duck.«
    »Aha?!« Ich horche auf. »Sah er aus wie eine Ente?«
    »Nein«, stellt Nora richtig. »Wegen der Stimme. Weil er gelispelt hat. Nicht so stark wie Daffy, aber ...«
    Nora redet noch weiter über Comicfiguren, doch ich höre ihr nicht mehr zu. Mir fällt die Begegnung mit dem seltsamen Fremden wieder ein, der mich damals, in diesem Aquarium in Omaha, angesprochen hatte und dann so plötzlich verschwunden war. Das Einzige woran ich mich danach erinnern konnte, war, dass er gelispelt hat.
    Auch wenn eine ganze Menge Leute lispeln, bin ich mir vollkommen sicher, dass es kein Zufall ist. Aber warum sollte derselbe Agent, der Nora mit Revive wiederbelebt hat – und der wahrscheinlich auch für ihren Tod verantwortlich ist – im Aquarium gewesen sein? Und warum sollte sich ein Agent mir gegenüber nicht zu erkennen geben? Wir sind ein großes Netzwerk und arbeiten alle zusammen. Jeder kennt jeden. Jeden außer ...
    Ich schaudere unwillkürlich.
    »Bist du noch da, Daisy?«, fragt Nora.
    »Entschuldigung«, sage ich. »Ich muss Schluss machen.«
    Noch bevor sie sich verabschiedet hat, unterbreche ich die Leitung und bleibe geschockt sitzen.
    Irgendwann, weil ich jemandem davon erzählen muss, wähle ich Megans Nummer. Als sie abnimmt, lasse ich sie gar nicht erst zu Wort kommen. Sofort platzt es aus mir heraus.
    »Megs«, sage ich, und die Furcht in meiner Stimme ist nicht zu überhören. »Ich bin mir ziemlich sicher, Gott gesehen zu haben.«
    Der Fußboden vor meinem Zimmer auf dem Flur knarrt und ich höre für einen Moment auf zu sprechen und lausche. Als niemand hereinkommt, fahre ich im Flüsterton fort.
    »Nora ist zwar vollkommen ahnungslos, aber ich bin mir sicher, dass sie ganz geplant umgebracht wurde«, sage ich. »Es ist ... total wahnsinnig, vollkommen krank. Und dann haben sie sie umgesiedelt, aber ohne ihr von dem Programm zu erzählen. Und sie testen Revive jetzt an neuen Personen. Das ist einfach alles zu viel. Ich kann es gar nicht glauben. Aber wenn das alles stimmt, mache ich mir umso mehr Sorgen um Matt. Ich werde alles aufschreiben, was ich weiß, und morgen Mason davon erzählen«, beschließe ich. »Er wird wissen, was zu tun ist.«
    »Immerhin tust du was«, ermutigt Megan mich »Du wirst aktiv.«
    »Hab dich superlieb, Megs«, verabschiede ich mich von ihr.
    »Ich dich noch mehr.«
    Als ich endlich im Bett liege, sehe ich vor mir, wie Matts Auto von der Straße abgedrängt wird, und muss den Kopf schütteln, um den Gedanken loszuwerden. Stundenlang wälze ich mich unruhig hin und her und male mir ein grausames Szenario nach dem anderen aus. Wenn ich mich auf die linke Seite lege, sind die Gedanken da und wenn ich mich auf die rechte wälze – auch hier kein Entkommen.
    Zu guter Letzt zwinge ich mich, mir bewusst zu machen, dass Matt nicht Nora ist: Er wird nichts sagen.
    Während ich mich auf den Bauch drehe, fällt mir wieder ein, dass Gott mir anscheinend einen Besuch abstatten wollte, das heißt: Womöglich beobachtet er mich ständig. Und wenn er mich beobachtet, weiß er ohnehin bereits Bescheid.

Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
36
    Am nächsten Morgen ist die Angst sofort wieder da. Doch dann denke ich an Audrey, wie sie für Matt und mich am Frühstückstisch gesungen hat, und lächele unwillkürlich. Ich stehe auf und versuche Mason zu finden, bevor ich in die Schule muss.
    Leider sind er und Cassie bereits auf dem Weg nach draußen.
    »Wir sollten dringend unsere Vorräte auffüllen und einkaufen«, erklärt er. »Willst du mitkommen?«
    »Eigentlich nicht«, gebe ich zu.
    »Ich lasse dich auch fahren«, bietet er an.
    »Einverstanden.«
    Cassie setzt sich nach hinten und ich klettere auf den Fahrersitz. Ich hatte erst zwei Fahrstunden, aber ich habe meinen Lernausweis und weiß ungefähr, was ich tun muss. Dennoch ist es keine leichte Aufgabe, den Geländewagen aus der Einfahrt zu manövrieren und ich fahre versehentlich über ein Stück Rasen.
    Auf der Straße komme ich besser zurecht und irgendwie gelingt es mir, uns heil zum Supermarkt zu bringen. Beim

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