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Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
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du.
Wenn man Glück hat, begegnet man einem guten Dschinn, der alles wahr werden
lässt, was man sich je gewünscht hat. Hat man Pech, befreit man einen bösen
Geist aus seiner Flasche, der einem Freundschaft vorheuchelt, damit er einen
leichter vernichten kann.“
    „Ich bin mir nicht sicher, ob ich
diesen Namen mag“, sagte der Gestaltwandler.
    Randori grinste nur.
    „Ein böser Geist, wie schmeichelhaft“,
grummelte ihre Begleiterin. Dann tupfte sie sich ebenfalls einen Tropfen an die
Stirn und trank den Rest des Wassers aus.
    Gemeinsam traten sie aus der
Nische zwischen den Ständen heraus und ließen sich im Menschenstrom mittreiben.
Unterwegs warf Dschinn das Horn in einen Recycler und fragte sich gleich
darauf, ob sie vielleicht ein Ritualgesetz verletzt hatte. Wäre es höflicher
gewesen, das Taufgefäß aufzubewahren? Bevor sie eine entschuldigende Frage
formulieren konnte, sagte Randori: „Nein, das ist schon in Ordnung. Bei
Übergangsriten zählt die Symbolik, nicht irgendein Becher, aus dem man trinkt.“
    „Woher hast du gewusst, was ich
gerade denke?“
    „Weibliche Intuition“, sagte sie
neckend. „Warte nur, das wirst du auch noch entwickeln.“
    „Weibliche Intuition?“, murmelte
Dschinn. Nun, es spielte keine Rolle. Hauptsache, dass die Kapitänin sich
wohler zu fühlen schien, seit das Alien eine Frau war. Ihre ganze Körperhaltung
wirkte entspannter. Anscheinend hatte das Geschlecht einen merkbaren Einfluss
auf die zwischenmenschliche Kommunikation. Das war ein Effekt, den es zu
studieren galt. Vielleicht konnte es sich als nützlich erweisen.
     
    Inzwischen waren sie fast am Artushof
angelangt. Die Burg, die der Strom in ihre Gedanken malte, erhob sich massiv
und imposant über die Dächer des mittelalterlichen Städtchens. Randori steuerte
auf die Zugbrücke zu, die von bewaffneten Landsknechten bewacht wurde. Sie
hatten ihre Speere gekreuzt und ließen nur geladene Gäste und VIP’s eintreten.
Die Kapitänin schob kurz ihren Schleier zurück, lächelte den hastig
salutierenden Wachen zu und schlenderte mit Dschinn in den Burghof.
    Im Inneren war es tiefe Nacht. Ein
glitzernder Sternenhimmel hing über dem offenen Platz, der nur von flackerndem
Fackelschein beleuchtet war. Lange Tische und Bänke bogen sich unter gebratenem
Geflügel, Honigmet, Früchtebrot und gespicktem Wild. Auf einem offenen Feuer
wurde ein ganzer Ochse gedreht, dabei stoben Funken in die Dunkelheit.
Spielleute und Gaukler unterhielten die Gäste, die sich derbe Scherze
zuschrieen und abgenagte Knochen über ihre Schultern warfen. Man amüsierte sich
prächtig.
    Im Hintergrund des Gelages waren
Hochsitze für den König und sein Gefolge aufgebaut. Dschinn schaute sich nach
Designermeister Newton um und brauchte nicht lange zu suchen. Gerade erhob sich
seine massige Gestalt von einem prunkvollen Stuhl gleich neben der Königin.
    „Ah, wir sind noch rechtzeitig
angekommen, um einen Teil der Show mitzuerleben“, sagte Randori, die im Strom
das Programm durchgeblättert hatte.
    Newton trat mit gemessenen
Schritten auf den Platz vor der Adelstribüne, und die Stimmen ringsherum
verstummten. Der Designermeister war eine dramatische Erscheinung. Er trug
einen schwarzen Mantel mit einem hohen Kragen aus Rabenfedern. In seiner Hand
hielt er einen knorrig gewundenen Eichenstab voller Runenschnitzereien.
    „Merlin“, murmelte Randori ihrer
außerirdischen Begleitung ins Ohr. „Der mächtigste Magier aller Zeiten, wenn
man der Artussage glaubt. Eine besonders arrogante Rollenwahl für einen
Designer. Aber ich bin sicher, Newton wird uns einen Auftritt liefern, der seinem
Ehrgeiz angemessen ist.“
    Wie aufs Stichwort verneigte sich
Newton vor dem Königspaar und hob seinen Zauberstab. Das Ende begann zu glühen,
und Newton malte feurige Schriftzeichen in die Luft. Dann rief er seltsame, beschwörende
Worte in die Stille, und über ihm verblassten die Sterne, bis die Dunkelheit
absolut war. Vor der Burgmauer schien sich ein schwarzer Wirbel zu öffnen, ein
Loch im Gewebe der Realität. Dschinn spürte einen starken Wind an ihrem
Körperkleid zerren, und viele Gäste hielten sich unwillkürlich an den Tischen
fest. Man hatte das Gefühl, als könne der Sog den ganzen Hof verschlingen. Dann
kam aus der Tiefe eine goldgrüne Gestalt empor. Schemenhaft konnte man glänzende
Schuppen und schlangenhafte Bewegungen erahnen. Plötzlich stülpte sich das
schwarze Nichts nach außen und warf einen wütend fauchenden Drachen in

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