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Die Fünf Tore 1 - Todeskreis

Titel: Die Fünf Tore 1 - Todeskreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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konnte. Doch es kam keine Musik. Er hörte wieder nur das merkwürdige Geflüster. Es waren eindeutig dieselben Stimmen. Er verstand sogar einige der Worte.
    »LEMMIH … MITSIB … UDRED … RESNU … RE-TAV …«
    Was zum Teufel war das? Hektisch drückte Mallory eine Taste nach der anderen, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Das war doch nicht möglich. Die Stimmen kamen über jeden Sender, und sie wurden immer lauter und eindringlicher. Er schaltete das Radio aus. Aber das Flüstern blieb. Es schien jetzt von überall im Auto zu kommen.
    Im Auto wurde es immer kälter. Es war, als säße man in einem Kühlschrank – nein, in einem Gefrier schrank. Mallory beschloss, auf die Standspur zu fahren und anzuhalten. Der Regen war noch stärker geworden. Er konnte kaum noch etwas sehen. Rote Lichter sausten an ihm vorbei. Blendende weiße Lichter schossen auf ihn zu.
    Er stellte den Fuß auf die Bremse und schaltete den Blinker ein. Doch der Blinker funktionierte nicht, und das Auto wurde auch nicht langsamer. Mallory geriet in Panik. Er war kein ängstlicher Typ, aber jetzt hatte er Angst, denn ihm war klar, dass er keine Kontrolle mehr über seinen Wagen hatte. Er trat hart auf die Bremse. Nichts passierte. Das Auto wurde schneller.
    Und dann war es, als wäre er auf eine unsichtbare Rampe gefahren. Er fühlte, wie die Reifen die Bodenhaftung verloren und der ganze Wagen abhob. Sein Blickfeld drehte sich um dreihundertsechzig Grad. Aus dem Flüstern war irgendwie ein unglaublicher Lärm geworden, der sein ganzes Bewusstsein erfüllte.
    Mallory schrie.
    Sein Auto flog auf dem Kopf stehend mit hundertdreißig Stundenkilometern über die Mittelleitplanke. Das Letzte, was Mallory, im Sicherheitsgurt hängend, sah, war ein Tanklaster, dessen Fahrer ihn entsetzt anstarrte. Dann prallte der Wagen gegen den Laster. Reifen quietschten. Es gab eine Explosion. Ein kurzes, unglaublich lautes Hupen. Dann nichts mehr.
     
    Matt schlief fest, als ihm plötzlich die Decke weggerissen wurde und er in der Morgenkälte hochschrak. Mrs Deverill stand in einem schwarzen Morgenmantel über ihn gebeugt. Er sah auf seine Uhr. Zehn nach sechs. Draußen war der Himmel noch grau. Regen prasselte an die Fensterscheibe, und die Bäume bogen sich im Wind.
    »Was ist los?«, fragte er.
    »Ich habe es gerade im Radio gehört«, sagte Mrs Deverill. »Ich dachte, du solltest es wissen. Ich fürchte, es ist eine schlechte Nachricht, Matthew. Offenbar hat es letzte Nacht auf der Autobahn eine Massenkarambolage gegeben. Sechs Tote. Detective Superintendent Mallory war einer von ihnen. Das ist wirklich eine Tragödie. Es sieht so aus, als würdest du doch hierbleiben müssen.«

WILDE HUNDE
     
    Die nächsten Tage waren die schlimmsten, die Matt seit seiner Ankunft in Yorkshire erlebt hatte.
    Mrs Deverill ließ ihn noch härter schuften als vorher, und Noah wich nie von seiner Seite. Matt verbrachte Stunde um Stunde damit, Mist zu schaufeln, zu streichen, Holz zu hacken, Dinge zu reparieren und alles Mögliche herumzuschleppen.
    Er war der Verzweiflung nahe. Er hatte versucht, nach London zu fliehen, und es nicht geschafft. Er hatte herausfinden wollen, was im Wald vor sich ging, und nichts erreicht. Zwei Leute hatten versucht, ihm zu helfen, und sie waren beide tot. Niemand interessierte sich noch für ihn. Eine Art Nebel hatte sich über sein Bewusstsein gesenkt. Er hatte aufgegeben. Er würde in Hive Hall bleiben, bis Mrs Deverill mit ihm fertig war. Vielleicht hatte sie vor, ihn sein ganzes Leben dazubehalten, und er würde als sabbernder Sklave enden, ausgehöhlt und leer wie Noah.
    Dann, eines Abends – Matt glaubte, dass es ein Samstag war, aber er wusste es nicht genau, weil ein Tag wie der andere war –, kam Mrs Deverills Schwester Claire zum Abendessen. Er hatte die Lehrerin seit ihrem Zusammentreffen in Lesser Malling nicht mehr gesehen. Als er neben ihr am Küchentisch saß, fiel es ihm schwer, seine Augen von ihrem Feuermal abzuwenden, der Verfärbung, die ihr halbes Gesicht bedeckte. Einerseits faszinierte ihn dieses Mal, andererseits stieß es ihn ab.
    »Jayne hat mir erzählt, dass du nicht in die Schule gehst«, bemerkte sie mit ihrer schrillen Stimme.
    »Ich gehe nicht in die Schule, weil sie mich nicht lässt«, erwiderte Matt. »Ich muss hier arbeiten.«
    »Und als du noch zur Schule gegangen bist, hast du ständig geschwänzt. Du hast es vorgezogen, Ladendiebstähle zu begehen und heimlich zu rauchen. Zumindest habe ich das

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