Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
Merrily.
    «Na toll», sagte Cullen.
    «Die Austreibung des Bösen. Die
geplante
Austreibung.»
    «Ich weiß, was das ist, ich bin katholisch erzogen worden. Aber, entschuldige, Hochwürden, wittert jemand mit deinem Job so was nicht überall?»
    «Hör mir einfach zu, ja? Es gibt Pfarrer – evangelikale oder charismatische   –, die glauben, dass dämonische Mächte   … oderauch Engelsmächte   … überall um uns herum sind, in allen möglichen Erscheinungen. Zum Beispiel gibt es in Kalifornien bestimmt Leute, die mich exorzieren würden, um mir den Dämon Nikotin auszutreiben.»
    «Du meinst Spinner.»
    «Und die arme Menna lebte zurückgezogen, ist vielleicht auch verhaltensgestört, hat Kommunikationsprobleme. Ich will nicht ins Detail gehen, aber es gibt Grund, anzunehmen, dass sie von ihrem Vater missbraucht worden ist.»
    «Ist das eine Tatsache?», fragte Cullen, die das schon zu oft gehört hatte.
    «Vermutlich sogar über lange Zeit. Aber nicht unbedingt, als sie ein Kind war.»
    «Also müsste man eher von einer unnatürlichen
Beziehung
sprechen.»
    «Wenn sie so naiv und unreif war, wie man sagt, sollte man eher von Missbrauch sprechen.»
    Merrily zündete sich noch eine Zigarette an, sah die Dorfstraße hinunter und sammelte ihre Gedanken. Von hier aus konnte sie in neun Fenstern Kerzen sehen. Die Straßenbeleuchtung war so schwach, dass einige Kerzenflammen unverhältnismäßig hell und beinahe fröhlich erschienen, wie Weihnachtskerzen.
    Sie wollte das Ganze einfach loswerden, sie wollte es einer anderen Frau erzählen.
    «Ich will nicht zu viel spekulieren über die Ehe der Weals, aber   … es scheint mir wahrscheinlich, dass diese Besessenheit von der Liebe eher einseitig war. Und Weal muss klar gewesen sein, dass Mennas Vater im Hintergrund noch eine Rolle spielte, auch, nachdem er tot war.»
    «Du meinst, Weal könnte gedacht haben, dass er glücklicher wäre, wenn er die emotionalen Blockaden lösen könnte, die Menna hatte, weil ihr Vater ein Sexmonster war.»
    «Ich glaube zwar nicht, dass Glück ihm viel bedeutet hat, aber, ja   … und er hätte sie nicht zu einem Psychologen oder Therapeuten gebracht, weil das einfach nicht das ist, was man in Old Hindwell macht. Und dann ist er vielleicht nach vielem Nachdenken zum Pfarrer gegangen.»
    «Der nach allem, was du sagst, nicht gerade ein durchschnittlicher Pfarrer ist.»
    «Hmhm. Auf der Beerdigung hat Ellis gesagt, dass Weal und Menna
zusammen
getauft worden sind, kurz bevor sie gestorben ist. Ich glaube, das heißt, dass sie exorziert wurde. Historisch gesehen standen Taufe und Exorzismus immer in engem Zusammenhang. In der Kirche des Mittelalters herrschte mehr oder weniger die Überzeugung, dass ein Baby dem Teufel gehörte, bis es getauft war, und dass es in die Hölle kommen würde, wenn es vor der Taufe starb.»
    «Ich will dir ja nicht zu nahe treten», sagte Cullen, «aber ich hasse die Kirche.»
    «Also, mal angenommen, Weal dachte, wenn er Menna wieder taufen lässt, ist sie frei von den Einflüssen ihres Vaters   … und den Erlebnissen ihrer Kindheit. Angenommen, die Zeremonie hat bei ihnen zu Hause stattgefunden und war erheblich belastender, als es ein bisschen Weihwassergespritze sein kann. Und ich meine wirklich
erheblich
belastender.»
    «Das könnte dann einen Schlaganfall auslösen, ja.»
    «Das denke ich auch.»
    «Und   …», Cullen zögerte, «nachdem du schon vom Taufen redest, das Einreiben der Stirn mit Wasser   …, wenn wir da mal an ein gewisses Krankenzimmer denken   …»
    «Hmhm.»
    «Ich dachte immer, jede Art von Einreiben einer Leiche sei dem Pfarrer vorbehalten.»
    «Ich auch.»
    Stille.
    «Barbara Buckingham hat von Besessenheit gesprochen», sagte Merrily.
    «Besessenheit?», fragte Cullen.
    «Besessenheit der Toten durch die Lebenden, so hat sie es ausgedrückt, womit sie offenbar dieses private Grab meinte. Aber ich glaube, da waren noch andere Dinge, die sie nicht in Worte gefasst hat, auch nicht für sich selbst.»
    «Ach, Merrily   …»
    «Genau wie du. Warum erzählst du mir nicht einfach alles?»
    «In diesem Job steht man nun mal unter Druck. Man ist übermüdet», sagte Cullen.
    «Und bildet sich Dinge ein.»
    «So ist es.»
    «Zum Beispiel?»
    «Zum Beispiel Dinge, an die man eigentlich nicht glaubt.»
    «Ist irgendwas passiert, als du in die Leichenhalle runtergegangen bist?»
    Cullen seufzte. «Vielleicht.»
    «Er ist mit dir mitgekommen – was ungewöhnlich ist.»
    «Nicht nur

Weitere Kostenlose Bücher