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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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sechzigjährige Frau. Sie sah eine Frau, die die
Daily Mail
von heute schon gelesen hatte.
    «Bekommen Sie nur so viele, wie bestellt sind?» Mrs.   Cobbold schluckte. «Zwei mehr. Und die sind schon weg.»
    Betty gab nicht auf. Am anderen Ende des Raumes sah sie einen Kopierer. «Könnte ich in diesem Fall vielleicht von einer der bestellten Zeitungen eine Kopie machen? Es geht nur um eine bestimmte Seite.»
    Mrs.   Cobbold blinzelte nervös. «Na ja, ich kann nicht   …»
    Betty suchte ihren Blick, aber Mrs.   Cobbold sah beständig weg, als wäre ihre beschränkte, gottesfürchtige Seele in Gefahr. Sie sah zur Tür und schien erleichtert, als ein schlanker Mann im Tweedanzug mit einem gepflegten Bart hereinkam.
    «Oh, guten Morgen, Doktor.»
    «Was für ein klarer Tag, Eleri.»
    «Ja, das stimmt.» Mrs.   Cobbold bückte sich und holte eine
Daily Mail
hervor. Sie sah Betty nicht an.
    «Nehmen Sie meine. Fünfunddreißig Cent, bitte.»
    «Sind Sie sicher?»
    «Ja», flüsterte Mrs.   Cobbold.
    Das war doch lächerlich.
    «Danke.» Betty nahm noch eine Flasche Milch und ein Glas Honig. Sie holte ihr Portemonnaie aus der Tasche. Ohne zu lächeln, sagte sie: «Und dann hätte ich gern noch eine Packung Fledermausblut, bitte.»
    Dies und die Gegenwart des Doktors schienen etwas auszulösen.
    «Nehmen Sie Ihre Zeitung und kommen Sie bitte nicht wieder», sagte Mrs.   Cobbold mit schriller Stimme.
    Der Doktor hob eine Augenbraue.
    Betty schüttelte den Kopf. «Ich glaub das einfach nicht.»
    «Und» – nun endlich sah Mrs.   Cobbold sie an – «Sie können Ihrem Mann sagen, wenn er Affären mit verheirateten Frauen hat, wollen wir das nicht nachts auf der Straße mit ansehen müssen. Sagen Sie ihm das.»
    Betty stand mit offenem Mund da, und Mrs.   Cobbold sah sie herausfordernd an. Der Doktor lächelte und hielt ihr die Tür auf.
     
    Robin ging in der verdammten Küche auf und ab.
    Sie wollte nicht, dass er die Zeitung holte. Sie glaubte, erwürde überreagieren   … sich benehmen wie ein Mann, dem seine Frau die kalte Schulter zeigte, dem gesagt worden war, seine Kunst sei komplette Scheiße, und der dann von den Medien fertiggemacht wurde.
    Betty war gestern fast den ganzen Tag lang schrecklich still und unnahbar gewesen, als wäre sie halb aus der Welt, als würde sie sich vor der ganzen Gegend verstecken – schlimmer noch, vor dem ganzen
Dorf
. Als wäre der Lynchmob hinter ihr her oder Brandstifter, als würde der Marterpfahl auf sie warten. Wo lebten sie denn – im einundzwanzigsten Jahrhundert oder 1650?
    Tatsächlich hatte er später gesehen, dass sie in ein Buch über Hexenverfolgung im siebzehnten Jahrhundert vertieft war. Das Kapitel hieß «Säugende Dämonen»; es ging um Frauen, denen vorgeworfen wurde, Sex mit dem Teufel zu haben. Aber sie wollte nicht drüber reden. Am liebsten hätte er ihr das Buch aus den Händen gerissen und es in den Ofen geworfen.
    Sie hatte den ganzen Morgen in der Küche gesessen, starken Kräutertee getrunken und – Robin hatte mitgezählt – elf Zigaretten geraucht. Dabei hatte er ihr die
wirklich
schlechten Neuigkeiten von Blackmore noch gar nicht erzählt, weil alles so schon schlimm genug war. Er hatte den ganzen Tag versucht, sie dazu zu bringen, wenigstens mit ihm zu sprechen, aber da hätte er genauso gut versuchen können, eine verwundete Füchsin aus ihrem Bau zu locken.
    Machte sie etwa
ihn
dafür verantwortlich, dass die Wahrheit durchgesickert war? Als hätte er im Pub Einladungen verteilt oder so. Wie hätte er denn mit den Journalisten umgehen sollen? Hätte er sie reinbitten sollen, damit sie zusehen konnten, wie sie auf dem Kaminvorleger den Großen Ritus vollzogen?
    Auch ’ne Möglichkeit.
    Wenn er seinen Verstand benutzt hätte, hatte sie zu ihm gesagt, als sie noch mit ihm sprach, hätte er die Tür gar nicht erst aufgemacht.Es stand kein Auto vorm Haus, sie hätten also genauso gut nicht da sein können.
    Wie bitte? Woher zum Teufel sollte er denn wissen, dass die Scheißpresse draußen stand? Hätte doch genauso gut ein Versicherungsvertreter sein können oder die Zeugen Jehovas. Woher bitte schön sollte er das wissen?
    Keine Antwort. Keine Antwort hatte er auch bekommen, als er George Webster und Vivvie in Manchester angerufen hatte, um zu hören, ob sie irgendwas über diese verdammte Fernsehsendung wussten. Zwei Nachrichten hatte er auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen.
    Und gestern hatte Betty dann nach dem Mittagessen, das aus

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