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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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rasch, daß Chicot keine Spur davon erkannte.
    »Botschafter,« sagte Heinrich mit einem Erstaunen, das er naiv zu machen suchte, »Botschafter, von wem?« – »Botschafter von König Heinrich III. Ich komme von Paris und vom Louvre, Sire.«
    »Ah! das ist etwas anderes,« versetzte der König, indem er mit einem Seufzer von der Rasenbank aufstand. »Geht, Page, laßt uns allein. Bringt Wein in den ersten Stock in mein Zimmer, nein, in mein Kabinett. Kommt mit mir, Chicot, daß ich Euch führe.«
    Chicot folgte dem König von Navarra. Heinrich ging rascher, als da er durch seine Oleanderallee zurückkam.
    »Welch ein Elend!« dachte Chicot. »Ich soll diesen ehrlichen Mann in seinem Frieden und in seiner Unwissenheit stören. Basta! er wird Philosoph sein.«

Wie der König von Navarra lateinisch versteht.
    Das Kabinett des Königs von Navarra war, wie man sich denken kann, nicht sehr kostbar. Seine Bearnsche Majestät war nicht reich und hielt mit dem wenigen, was sie besaß, Haus. Dieses Kabinett nahm mit dem Prunkschlafgemach den ganzen rechten Flügel des Schlosses ein, ein Korridor lief an dem Vorzimmer oder dem Zimmer der Wachen und am Schlafzimmer hin und führte zu dem Kabinett, aus dem sich eine herrliche Aussicht bot.
    Es ist nicht zu leugnen, diese natürlichen Schönheiten nahmen Chicot weniger in Anspruch, als die Einrichtung des Kabinetts, Heinrichs gewöhnlicher Wohnung. In jedem Gerät schien der verständige Gesandte einen Buchstaben zu suchen und aus ihnen allen den Schlüssel zu dem Rätsel zu gewinnen, nach dessen Lösung er schon so lange und auf seinem ganzen Wege geforscht hatte.
    Der König setzte sich mit seiner gewöhnlichen Leutseligkeit und mit seinem ewigen Lächeln in einen großen Lehnstuhl von Hirschleder mit vergoldeten Nägeln, aber wollenen Fransen; ihm gegenüber stellte Chicot ein Taburett, das ebenso überzogen und mit ähnlicher Zier versehen war.
    »Ihr werdet mich für sehr neugierig halten, mein lieber Herr Chicot,« begann der König, »daß ich Euch so anschaue, aber ich kann nicht anders; ich glaubte so lange, Ihr wäret tot, daß ich mich trotz der großen Freude, die mir Eure Auferstehung bereitet, nicht in den Gedanken,Ihr lebt, finden kann. Warum seid Ihr denn plötzlich aus dieser Welt verschwunden?« – »Ei! Sire,« erwiderte Chicot mit seiner gewöhnlichen Freimütigkeit, »Ihr seid wohl auch aus Vincennes verschwunden. Jeder macht sich nach Maßgabe seiner Mittel und besonders seines Bedürfnisses unsichtbar.« – »Ihr habt immer mehr Witz als jeder andere, mein lieber Herr Chicot,« sagte Heinrich, »und daran erkenne ich hauptsächlich, daß ich nicht mit Eurem Schatten spreche.«
    Dann nahm er eine ernste Miene an und fügte hinzu: »Noch wollen wir nicht den Witz beiseite lassen und von unseren Angelegenheiten sprechen?« – »Wenn es Eure Majestät nicht zu sehr ermüdet, so bin ich zu Befehl.«
    Das Auge des Königs funkelte. »Ich müde? Es ist wahr, ich roste hier ein, doch ich bin nicht müde, solange ich nichts getan habe.«
    »Sire, das ist mir sehr erfreulich; Botschafter eines Königs, Eures Verwandten und Freundes, habe ich Aufträge von sehr zarter Natur bei Eurer Majestät zu vollziehen.« – »Sprecht geschwind, denn Ihr reizt meine Neugierde.«
    »Sire...«
    »Zuerst Euer Beglaubigungsschreiben; ich weiß, dies ist eine unnötige Förmlichkeit; da Ihr bei mir erscheint; doch ich will Euch beweisen, daß wir, obgleich ein Bearner Bauer, unsere Pflichten als König kennen.«
    Chicot teilte hierauf dem König kurz mit, daß und warum er das Beglaubigungsschreiben vernichtet, vorher aber auswendig gelernt habe. Das Schreiben sei Lateinisch abgefaßt gewesen. Heinrich erklärte, er verstehe diese Sprache nicht, während Chicot mit gleicher Ehrlichkeit seine Unkenntnis dieser Sprache behauptete. Chicot begann:
    »Frater carissime«,
    »Sincerus amor, quo te prosecquebatur germanus noster Carolus nonus, functus nuper, colet usque regiam nostram et pectori meo pertinaciter adheret.«
    Heinrich verzog keine Miene, doch bei dem letzten Worte unterbrach er Chicot mit einer Gebärde und sagte:
    »Wenn ich mich nicht sehr täusche, ist in diesem Satz von Liebe, von Hartnäckigkeit und von meinem Schwager Karl IX. die Rede?« – »Ich möchte nicht nein sagen, das Lateinische ist eine so schöne Sprache, daß dies alles in einem einzigen Satze enthalten sein könnte.«
    »Fahrt fort!« sagte der König.
    Chicot fuhr fort.
    Der Bearner hörte mit

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