Die Fuenfzig vom Abendblatt
war und Alibaba hieß---
Das muß gesagt sein, denn leider war es so.
Mario und Harald waren inzwischen über die Kieler Straße vor die Arkadia-Lichtspiele gekommen und stoppten jetzt ihre Fahrräder. Als sie ihre Zeitungsstapel von den Gepäckträgern nahmen, fragte der Schwarzhaarige ganz leise, ob Harald ihn noch irgendwo erwarten würde, nachdem er sich mit Bulle getroffen habe.
„Ich warte auf dem Hansaplatz. Am Marco-Polo-Denkmal.“
Mario fühlte, wie ihm vom Herzen her eine heiße Blutwelle
ins Gesicht schoß. Bestimmt würde er jetzt ganz rot sein bis unter seine Haare, und der andere würde es bemerken — Aber Harald wandte sich bereits dem Krügerschen Zeitungskiosk zu. Er wurde von dem Händler und einer großen Gruppe wartender Menschen mit Hallo empfangen.
Dr. Malborn bläst zum Angriff
Aus Dr. Malborns Arbeitszimmer war über Nacht eine Art Reklamebüro geworden.
An den Wänden hingen plötzlich riesige Plakatentwürfe. Skizzen und Prospekte bedeckten die ganze Fläche des breiten Schreibtisches und lagen noch über den tiefen Ledersesseln verstreut. Selbst auf dem Teppich waren große Papierflächen ausgebreitet, und man mußte sich vorsehen, wenn man von der Tür her ohne Schaden anzurichten bis in die Nähe des Dicken vorstoßen wollte.
„Lest den Nachtexpreß!“
„Wer den Nachtexpreß liest, ist im Bilde!“
„Der Nachtexpreß, Deine Zeitung!“
So schrie es in riesigen Schlagzeilen und in den buntesten Farben von den Wänden, aus den Ledersesseln und vom Fußboden herauf. Der ältere Herr in seinem Pfeffer-und-Salz-Anzug schien der Propagandachef des Hauses zu sein. Er versuchte, eingehend Vorzüge und Nachteile der einzelnen Plakate zu erklären.
Aber der dicke Chefredakteur war in Eile. Er hatte sein Jackett an den Riegel irgendeines Fensters gehängt und stand mit aufgekrempelten Hemdsärmeln zwischen den Entwürfen. Mit einem schmalen Lineal hieb er jetzt durch die Luft wie mit einem Degen.
„Nehmen Sie ein Stück Papier und schreiben Sie Ohne sich einen Schritt von der Stelle zu rühren, faßte er eines der Plakate nach dem anderen ins Auge. Hatte eine der Skizzen seine Zustimmung gefunden, so stieß er sein Lineal in die betreffende Richtung.
„Das da! Zwanzigtausend! Er nannte die Auflageziffer.
„Und das da! Die Schrift rot-schwarz. Sonst gut. Auch zwanzigtausend — --“
Dr. Malborn sah im Geiste bereits die ganze Stadt von seinen Plakaten überschwemmt.
„So — und jetzt schnallen Sie sich Rollschuhe unter die Füße! Tempo, mein Lieber! Heute ist Dienstag. Stehen Sie köpf oder fangen Sie an was Sie wollen: Am Freitagabend kleben diese Plakate an allen Ecken und Enden der Stadt. Ich will in keiner Straße auch nur zwanzig Meter gehen, ohne nicht irgendwo das Wort Nachtexpreß lesen zu können.“
Dr. Malborn schnitt wieder mit seinem Lineal durch die Luft, daß es pfiff. „Und jetzt raus mit dem Zeug!“
Der Dicke stand bereits wieder an seinem Schreibtisch, hatte das Telefon bedient und seine Sekretärin angewiesen, die Herren der Kulturschriftleitung eintreten zu lassen. Kaum saßen sie, da donnerte es auch schon aus der Richtung Dr. Malborns über sie hinweg.
„— und ist Ihnen auch bekannt, wie ich darüber urteile. Es steht einwandfrei fest, daß dieses Konzert im Unionhaus ein glatter Mißerfolg war. Des weiteren sind sich alle Autoritäten darüber klar, daß dieser Peter von Bertelmann alles andere als ein Genie ist. Daß Sie, Herr Dr. Zelsius, trotzdem in Ihrem Bericht das Konzert geradezu als eine Großtat bezeichnen und den Komponisten förmlich in den Himmel gehoben haben, ist ein besonderer Skandal!“
Dr. Zelsius zuckte zusammen. Aber der dicke Chefredakteur des Nachtexpreß sah bei seinen Worten über den verängstigten Schriftleiter hinweg, wie wenn er gar nicht anwesend wäre. Es ging im Augenblick um wichtigere Dinge.
,.— darum geht es aber im Augenblick nicht mehr. Mich interessiert jetzt lediglich der Ruf meiner Zeitung. Dieser Ruf ist in ernsthafter Gefahr. Er muß gerettet werden, koste es, was es wolle!“ Dr. Malborn, der bisher stehend gesprochen hatte, ließ sich nun doch in einen Sessel fallen. „Die Situation ist klar. Das Abendblatt hat seinen Lesern durchaus glaubhaft bewiesen, daß das Konzert wirklich kein Erfolg war und daß der Komponist von allen Kapazitäten abgelehnt wird. Dazu steht unsere eigene Berichterstattung im Gegensatz. Es gibt also nur eine Möglichkeit für uns Der Dicke schlug sein Lineal
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