Die Fuenfzig vom Abendblatt
wißt, was das bedeutet —“
Hauptschriftleiter Sprinter kam hinter seinem Schreibtisch hervor. Er brachte die drei Jungen zur Tür, wie---nun ja, — wie es sich eben für rechtmäßig gewählte Abgeordnete geziemt.
Dabei legte er seine Hand auf Haralds Schulter. „Und du — vergiß das Schreiben nicht ganz. Wenn ich dir keinen direkten Auftrag gebe, dann laß dir eben mal selbst was einfallen. Ein richtiger Reporter riecht von allein, wenn irgendwo ein Hund begraben liegt. In jeder Minute passiert irgendwas in einem Winkel unserer Stadt. In diese Winkel mußt du von dir aus deine Nase reinstecken —“
Er hatte jetzt die Klinke der Tür in der Hand und öffnete sie. „Also auf die Fahrräder, Jungen Er zog an seiner Pfeife. „Das heißt eigentlich: an die Gewehre! Denn der Nachtexpreß hat uns ja den Krieg erklärt —“
Da grinste Alibaba, tippte an seine Mütze und meinte im Weggehen: „Lieber doch: ,auf die Fahrräder’ — wenigstens was das Abendblatt betrifft —“
Harald denkt vorerst leider nur an sich
Es war heute, als erschiene in der ganzen Stadt nur eine Zeitung: das Abendblatt.
Als die ersten Exemplare in den Kiosken und bei den Händlern auftauchten, riß man sie ihnen förmlich aus der Hand. Schlangen von Menschen standen mit ihren Groschen und warteten auf die nächste Lieferung, wenn das Blatt vorübergehend ausverkauft war.
Dabei hatte der Nachtexpreß fast durchweg früher ausgeliefert. Das lag daran, daß Chefredakteur Dr. Malborn heute abend persönlich neben seinen Rotationsmaschinen gestanden war, und er hatte es tatsächlich erreicht, daß die ersten Stapel des Nachtexpreß siebzehn Minuten vor der Zeit zur Ausgabe gelangten.
Aber gerade heute fiel dieser Vorsprung nicht ins Gewicht. Ausgerechnet an diesem Abend schienen die Menschen in den Straßen und vor den Kiosken erstaunlich viel Zeit zu haben. Es hatte sich herumgesprochen, daß das Abendblatt wieder erscheinen würde. Nun war man natürlich neugierig zu erfahren, weshalb es gestern ausgeblieben sei. Also wartete man auf die neue Ausgabe. Sie würde die mit ziemlicher Spannung erwartete Aufklärung bringen. Gerade heute fuhr die Horde ihre Routen wieder einmal in Rekordzeiten. Dabei waren die Jungen zu Anfang nicht wenig bedrückt, als sie überall, wohin sie kamen, feststellen mußten, daß der Nachtexpreß bereits zuvorgekommen war. Und das trotz einer feurigen Ansprache, die Alibaba heute für nötig gehalten hatte, bevor man zur ersten Route gestartet war.
Aber dann stellten die Jungen auch wieder mit diebischer Freude fest, wie man ihnen trotz allem ihre Zeitungsstapel von den Gepäckständern riß, sie geradezu anflehte, nochmals dieselbe Anzahl zu liefern, und wenn möglich noch mehr.
Ja, es war tatsächlich so, daß der Nachtexpreß heute auf den Verkaufsbrettern liegenblieb. Selbst wenn er für Augenblicke nur ganz allein auslag, weil das Abendblatt bereits verkauft war und erst wieder neu herangeholt werden mußte. Heute interessierte wirklich nur eine Zeitung, die Zeitung der Jungen in den roten Pullovern.
Der Hauptschriftleiter des Abendblattes hatte gut daran getan, seine Zeitung in doppelter Auflage erscheinen zu lassen.
Im übrigen hatte es Sprinter an diesem Abend natürlich nicht in seinem Büro ausgehalten. Er hatte seinen hellen Staubmantel übergeworfen und war losgezogen, kreuz und quer durch die Stadt. Von Kiosk zu Kiosk. Er hatte sich selbst mit in die Schlange der wartenden Menschen gestellt und seine Ohren gespitzt. So hatte er gehört, was man allgemein dachte und vermutete, und wie man dann urteilte, als man die Zeitung in Händen hielt.
Herr Sprinter zog vergnügt an seiner Pfeife. Er war zufrieden mit dem, was er da zu hören bekam.
Die doppelte Auflage bedeutete für die Horde, daß sie heute jede Route zweimal zu fahren hatte. Und das war keine Kleinigkeit.
Harald war mit Mario zusammen. Das erleichterte die Arbeit, und zudem hatten die beiden ja einiges zusammen zu bereden. Sie fuhren gerade durch die Hafenchaussee über die Bogenbrücke und am Cafe Universal vorbei. Beinahe berührten sich ihre Knie, so dicht fuhren sie nebeneinander.
„Hat Bulle bestimmt keinen Verdacht geschöpft?“ Harald fragte es über seine linke Schulter.
„Ich glaube nicht. Er war gar nicht überrascht, als ich um vier Uhr dann doch zu ihm in die Telefonzelle kam. Ich glaube, er hatte sogar damit gerechnet---“
Harald nickte und lächelte vor sich hin.
Die beiden Jungen bogen jetzt am
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