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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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knallend auf den Schreibtisch: „---wir beweisen unsererseits, daß die Musik dieses Bertelmann wirklich etwas ganz Besonderes ist! Mir ist dieser Komponist vollkommen gleichgültig. Aber ich habe keine Lust, unseren Nachtexpreß über diesen Herrn stolpern zu lassen.“
    Dr. Malborn sprang jetzt wieder auf. „Stampfen Sie eine Diskussion über diesen Mann aus dem Boden! Phantasieren Sie über seine Musik zusammen, was Sie wollen. Das Abendblatt hat Professor Beckmann erklären lassen, daß die beiden vorgetragenen Symphonien Blechmusik seien. Suchen Sie nun Leute von Rang und Namen, die im Nachtexpreß erklären, diese Symphonien stünden am Anfang einer neuen Musikepoche oder so etwas Ähnliches. Ist mir völlig egal. Jeder Betrag steht Ihnen zur Verfügung. Nehmen Sie ein Flugzeug, fliegen Sie nach Berlin oder nach Paris, aber zaubern Sie mir musikalische Experten herbei. Sie müssen nur bereit sein, in meiner Zeitung zu erklären, daß Peter von Bertelmann ein verkanntes Genie ist. Dafür steht Ihnen bereits in der heutigen Ausgabe eine halbe Seite zur Verfügung. Ich danke Ihnen, meine Herren

Vater Verhoven bekommt Besuch

    Als Peter von Bertelmann an diesem Vormittag die vier Treppen zur Dachwohnung der Verhovens hinaufsteigt, konnte er nicht ahnen, daß zur selben Stunde sein Name schon wieder die Setzmaschinen des Nachtexpreß beschäftigte.
    Peter von Bertelmann mußte dreimal klingeln, bevor er hinter der schmalen Wohnungstür Schritte hörte.
    Der Blinde öffnete selbst. Er war allein zu Hause.
    „Darf ich fragen, wer mich zu sprechen wünscht — ?“
    Vater Verhoven schaute mit den dunklen Gläsern seiner Brille in die Richtung des Besuchers.
    „Ich bin es. Peter Bertelmann Wenn er sich um ein vertrauliches Verhältnis bemühte, ließ er sein Adelsprädikat weg.
    Der Blinde bat den Gast in sein Zimmer. Dort war der Flügel über und über mit Noten bedeckt. Dazwischen lagen Blätter, die mit Zahlen, Buchstaben und Notizen beschriftet waren. Sie würden einem Uneingeweihten wohl völlig unverständlich gesessen sein. Der Blinde entschuldigte diese Unordnung und wies lächelnd auf einen altertümlichen Plüschsessel. Er bewegte sich hier zwischen seinen eigenen vier Wänden mit erstaunlicher Sicherheit.
    „Du mußt entschuldigen, aber ich bin gerade bei der Arbeit. Ich versuche zu arbeiten, besser gesagt —“
    Nach kurzer Pause setzte er sich auf den Drehstuhl vor dem Flügel. „Die Schuld daran trifft Professor Beckmann. Er läßt mir keine Ruhe mehr. Er tritt und stößt mich förmlich. Ich soll es nicht aufgeben, meint er — ich soll schreiben — komponieren. Er hat, ohne mich zu fragen, einfach meine Stellung bei den Rasmussen-Werken gekündigt und sich verpflichtet, mir monatlich von seiner Hochschule aus eine Art Rente zu zahlen. Ich bin also jetzt ein regelrechter Invalide…“
    Der Blinde nahm seine Brille ab und legte sie neben sich auf die Tasten des Flügels. „Übrigens bist du nicht unschuldig an dieser Veränderung. Auf deinem Konzert sprach mich Beckmann in der Pause an. Ohne diese Begegnung hätte er sich meiner wohl kaum erinnert. Und um selbst zu ihm in die Hochschule zu gehen, dazu hätte mir bestimmt der Mut gefehlt-“
    „Dann hat mein Konzert wenigstens einen guten Zweck erreicht — “ Peter von Bertelmann erhob sich lächelnd und trat ans Fenster. Wie eng und schmal hier die Häuser ineinander gebaut waren. Vater Verhoven griff jetzt unwillkürlich in die Tasten seines Flügels. Da war noch eine Stelle, die er korrigieren mußte. Er steckte mit seinen Gedanken noch zu sehr in der Arbeit, die er so unerwartet abgebrochen hatte.
    „Und du — was hältst du von meiner Musik —?“ Peter von Bertelmann wandte sich wieder vom Fenster weg dem Blinden zu. Der aber sah sich jetzt in ziemlicher Verlegenheit. Einerseits wollte er den früheren Studienfreund nicht kränken, andererseits wäre es ihm nicht möglich gewesen, nur aus Höflichkeit zu lügen. Zumindest nicht, wenn es um Musik ging. So versuchte er, eine direkte Antwort zu umgehen. „Das Urteil Professor Beckmanns ist natürlich sehr hart und persönlich. Aber du kennst ihn ja. Er ist nie sehr zimperlich gewesen —“
    „Weiche nicht aus, alter Junge! Du sollst mir deine eigene
    Meinung sagen. Ich bin kein kleines Mädchen. Du brauchst kein Blatt vor den Mund zu nehmen Peter von Bertelmann war nahe an Vater Verhoven herangetreten. Jetzt blieb er vor ihm stehen.
    Nun gut, wenn er es unbedingt wissen wollte. Der

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