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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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der ganzen Stadt bereits ein Begriff. Fast jedes Kind kannte sein Bild. Seinetwegen hatten Zeitungsjungen gestreikt, waren Schriftleiter entlassen worden und hatten sich Pressekonzerne den Krieg angesagt. Er hatte mehr Staub aufgewirbelt als alle Filmstars, Boxer und Opernsänger, die heute hier in den Logen saßen. Also empfing man ihn mit stürmischem Applaus.
    Dabei erregte es allgemeines Erstaunen, daß sich auch der Chef des Abendblattes an dem Beifall beteiligte. Und vermutlich war auch Professor Beckmann, der unbeweglich und aufrecht neben ihm saß, über diese Tatsache sehr verwundert.
    Aber der Allgewaltige wollte diesem Peter von Bertelmann ganz unvoreingenommen gegenübertreten. Was er bisher von ihm gehört hatte, das war die Meinung anderer gewesen. Nun war er heute in dieses Konzert gekommen, um sich sein eigenes Urteil zu bilden. Er selbst hatte von diesem Manne noch nicht einen einzigen Takt seiner Musik gehört. Weshalb sollte er ihm also ablehnend oder gar feindselig gegenübertreten? Vorerst war noch kein Grund dazu gegeben. Also begrüßte er ihn.
    Mister Voss lehnte sich jetzt wieder in seinen Sessel zurück, kreuzte die Arme und war, wie gesagt, bereit, ohne jedes Vorurteil zu hören, was dieser junge Komponist zu bieten hatte.
    Im Programm stand heute im ersten Teil dieselbe Symphonie angekündigt, die auch am vergangenen Sonntag das Konzert eingeleitet hatte.
    Der hochgewachsene Mensch stand wieder in einem Frack vor seiner Partitur und dirigierte auch heute mit der gleichen Eleganz und dem gleichen mitreißenden Temperament. Dirigieren konnte er, das mußte man ihm lassen. Und er machte eine gute Figur dabei.
    Leider war auch die Musik, die er dirigierte, wieder dieselbe, und es dauerte nicht allzulange, da konnte Professor Beckmann mit einem Seitenblick auf seine Kollegen aus Berlin und Zürich bereits feststellen, daß sie sich seinem ablehnenden Urteil wohl ohne Vorbehalt anschließen würden. Und als die Symphonie schließlich ausklang, rührte nunmehr auch der Allgewaltige keine Hand mehr zum Applaus.
    Mister Voss war kein außergewöhnlicher Musikkenner. Aber er hatte ein gesundes und natürliches Gefühl, das Gutes vom Schlechten unterscheiden konnte. Und diese Musik hier war schlecht. Seine Zeitung stand also auf der richtigen Seite.
    Das Gros des Publikums wußte noch nicht recht, wie es sich verhalten sollte. Also war der allgemeine Beifall durchaus herzlich und anerkennend. Allerdings schauten die Applaudierenden dabei zu den Logen und in die ersten Reihen des Parketts, um zu sehen, wie sich die einzelnen Lager verhalten würden.
    Boxer, Filmschauspieler und die ganze übrige Galerie der Berühmtheiten hatte sich dem Beifall angeschlossen.
    Die rechte Proszeniumsloge aber rührte sich nicht. Der Allgewaltige saß unbewegt neben dem weißhaarigen Leiter der Musikhochschule, und auch die anderen Herren seiner Begleitung saßen wie Statuen in ihren Sesseln.
    Der dicke Chef des Nachtexpreß hingegen hatte sich weit auf die Brüstung seiner Loge gelehnt und applaudierte geradezu auffallend und herausfordernd. Die Herren seiner Zeitung und die Vertreter der übrigen Presse unterstützten ihn selbstverständlich.
    Dabei war es ihnen allerdings entgangen, daß ihr dunkelhaariger italienischer Gast auffallend ruhig blieb. Aber das übrige Haus schien dies jetzt bemerkt zu haben.
    Selbst Peter von Bertelmann, der sich eben noch, von neuem Beifall hervorgerufen, verneigt hatte, blieb neben seinem Dirigentenpult stehen und sah zu der Mittelloge in den ersten Rang hinauf. Der allgemeine Beifall verstummte allmählich.
    Und da wurde auch der dicke Chef des Nachtexpreß aufmerksam, als er spürte, wie seine Loge zum Ziel fast aller Blicke geworden war. Er setzte sich wieder in seinen Sessel zurück und wandte sich seinem dunkelhaarigen Gast zu.
    Es schien so, als wechselte er einige Worte mit ihm. Bis plötzlich der Italiener ruckartig aufstand und in den Hintergrund der Loge zurücktrat. Eine Sekunde blieb Dr. Malborn noch sitzen, er schien äußerst überrascht zu sein. Aber dann erhob auch er sich und folgte dem Dunkelhaarigen in großer Eile nach.
    Augenblicklich nach diesem kurzen Zwischenfall wurde das Durcheinander der Gespräche laut. Wie das aufgeregte Summen eines Bienenschwarms, der plötzlich aufgeschreckt ist.
    „Mattoni scheint nicht sonderlich begeistert zu sein
    „Mattoni hat überhaupt nicht applaudiert
    „Mattoni, der gestern noch im Nachtexpreß schrieb —“
    Der Name des

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