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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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wenn sie nicht noch im letzten Augenblick an ihrem breiten ledernen Halsband zurückgehalten worden wäre.
    „Schäm dich, Daniela! Was sollen die Herren von dir denken! Sei artig! Zeig, daß du eine sehr gut erzogene Dogge bist!“
    Inge Remo nahm den Kopf des Hundes zwischen ihre Hände, streichelte ihn, und tatsächlich war die Dogge sofort wie umgewandelt. Sie richtete sich wieder auf und achtete weiter gar nicht mehr auf Bulle und den Hellblonden. Sie schmiegte sich ganz dicht an ihre Herrin, so als würde sie um Entschuldigung bitten.
    Bulle ließ den Backstein, den er noch immer in der Hand gehalten hatte, wieder fallen. Er sprach dabei nicht ein einziges Wort, aber sein Gesicht lag in so tiefen Falten, daß er es gar nicht nötig hatte, dem Mädel zu sagen, wie wütend er auf ihren Hund sei und wohl auch auf sie selbst.
    Aber Inge Remo, die sich jetzt neben ihre Dogge niedergehockt hatte, schien die Gewitterwolken in seinem Gesicht gar nicht zu sehen. Sie plauderte fröhlich weiter. Harald in seinem Versteck bewunderte sie geradezu.
    „— ist mir heute das erstemal passiert mit Daniela. Ich führe sie spazieren wie jeden Abend. Auf einmal ist sie weg. Wie vom Boden verschluckt. Aber ich weiß weshalb. O, ich weiß es. Da ist nämlich so ein Bernhardiner. Der gehört drüben in der Molbertstraße dem Zahnarzt. Groß und braun mit weißen Flecken. Den hat Daniela irgendwie gern, und sie scheint dabei auf Gegenliebe zu stoßen. Bestimmt ist dieser Kerl hier irgendwo, und meine Daniela hat ihn gesucht.“
    Das Mädchen richtete sich jetzt wieder auf und trat lächelnd auf Bulle zu.
    „Sind Sie auch Hundefreund? Hunde und Autos, die sind mir das Liebste. Im übrigen heiße ich Inge Remo.“
    Sie streckte tatsächlich lächelnd ihre Hand aus und hielt sie Bulle entgegen.
    „Kunze ist mein Name. Karl Herbert Kunze---“
    Harald horchte unter seiner Motorhaube erstaunt auf, als er die Stimme hörte. Diese Stimme kannte er nämlich. Irgendwoher. Bulle sprach nicht so. Bestimmt nicht.
    Unwillkürlich hatte der Junge in den letzten Augenblicken seine Aufmerksamkeit mehr dem Mädchen zugewandt. Dabei war es ihm entgangen, daß drüben an der geöffneten Barackentür inzwischen hinter Bulle noch drei andere Gestalten aufgetaucht waren. Alle so fünfundzwanzig Jahre alt. Bis auf einen, der älter war. Alle nur im Hemd oder Pullover. Zwei von ihnen hatten noch schmutzige Hände, wie wenn sie gerade und nur für einen Augenblick ihre Arbeit verlassen hätten.
    Als Harald sich diese drei Neuen näher ansah, wußte er plötzlich auch, wer von ihnen gerade gesprochen hatte. Und eigentlich war der Junge über diese Entdeckung gar nicht erstaunt. Irgendwie hatte er immer vermutet, daß dieser kleine dicke Kerl seine flinken Finger bei der ganzen Geschichte mit im Spiele hätte.
    Clemens Krüger, der Besitzer des Zeitungskiosks vor den Arkadia-Lichtspielen, der „Vogelstimmen-Krüger“, wie ihn die Jungen nannten, war es nämlich, der sich vor Bulle gestellt hatte. Er griff jetzt gerade nach der Hand des Mädchens und stellte sich als ,Karl Herbert Kunze’ vor. Er mußte das bisherige Gespräch mitgehört haben, denn er redete sofort los, als sei er von Anfang an mit dabei gewesen.
    „Eine schöne Dogge! Sehr schön sogar. Wäre für jede Hundeausstellung ein Prachtexemplar! Hm — wo wohnen Sie denn, gnädiges Fräulein?“
    Diese Frage klang nun schon weit weniger freundlich. Doch Inge Remo flötete fröhlich darauflos und so, als ob sie den mißtrauischen Ton dieser Frage gar nicht bemerkt hätte.
    „Drüben in der Hansemannstraße. Gleich an der Ecke neben dem Antiquitätengeschäft. Wir sind sozusagen Nachbarn…“
    „Und Ihre Dogge — die kommt so ganz durch Zufall hierher?“
    Clemens Krüger, das heißt Herr Kunze, steckte sich jetzt eine Zigarette in den Mund und nahm Feuer. Dabei ließ er kein Auge von dem Mädchen.
    „Das glaube ich nicht. Daniela bleibt sonst eigentlich immer an meiner Seite. Sie strolcht nicht überall herum wie andere Hunde. Nein, wirklich, da steckt bestimmt dieser Bernhardiner dahinter. Seit sie den kennt, ist sie manchmal wie ausgewechselt. Nicht wahr, du Strolch?“
    Inge Remo bückte sich wieder nach ihrer Daniela und streichelte ihr lächelnd mit ihrer schmalen weißen Hand über das Fell. Und nun lächelte auch Clemens Krüger. Die Sache schien wirklich harmlos zu sein. Er pfiff jetzt sogar eine seiner Vogelstimmen vor sich hin.
    „Waren Sie das?“
    Inge Remo hatte sich fast

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