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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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gekommen war. Aber bevor sie dort wieder in den Nachbarhof hinüberkletterte, winkte sie noch einmal zurück.
    „Ihre Dogge lassen Sie aber lieber zu Hause. Wir werden sie nämlich kaum an der Garderobe abgeben können.“ Clemens Krüger, der doch sonst so peinlich darauf bedacht war, hier in der Nähe der Baracke jeden Lichtschein und jedes Geräsuch zu vermeiden, rief es noch halblaut zur Mauer hinüber, bevor dort der helle Fleck des Staubmantels auf der anderen Seite verschwand.
    Eine Weile blieb der Zeitungshändler dann noch auf den schmalen Steinstufen der Treppe stehen, bis er seine Zigarette zu Ende geraucht hatte. Jetzt warf er den glühenden Stummel zu Boden und zertrat ihn sorgfältig. Dann sah er noch einmal zu der Mauer hinüber, hinter der das schlanke, hellblonde Mädchen mit seiner Dogge verschwunden war, blickte wohl auch nach rechts und links, trat dann schließlich in das Innere der Baracke und schloß die Tür wieder geräuschlos hinter sich.
    Eine gute Viertelstunde blieb Harald noch in seinem Versteck. Dann schob er langsam ein Bein und einen Arm nach dem anderen unter der Karosserie des alten Opel hervor ins Freie. Sehr vorsichtig und nur Schritt für Schritt schlich er sich an Kisten, Fässern und aufgestapelten Kanalisationsröhren vorbei immer weiter von der Baracke weg, bis er das Nachbargelände wiedergewonnen hatte. Jetzt brauchte er sich nicht mehr vorzusehen und rannte los.
    Im Dunkel einer Toreinfahrt hatte er sein Fahrrad abgestellt.
    Kaum zwei Minuten später kurvte er um die Ecke der Hansemannstraße, und zwar so, als ginge es zum zweiten Mal um das „Grüne Band“.
    Dort irgendwo erwartete ihn Inge Remo. Zusammen mit Daniela natürlich.

Dr. Malborn ist bester Laune

    Die erste Seite der Montagausgabe sah aus wie ein Extrablatt.
    Beim Nachtexpreß, wohlgemerkt.
    Das war wohl seit Monaten, vielleicht auch schon seit einem Jahr nicht mehr geschehen: Dr. Malborn hatte die Texte dieser ersten Seite höchstpersönlich geschrieben, war dann ebenso persönlich mit ihnen in die Setzerei gegangen und hatte so lange hinter dem Mann an der Maschine gestanden, bis der letzte Buchstabe seines Artikels abgesetzt war. Aber auch das hatte ihm noch nicht genügt. Er war dem Lehrjun-gen, der diesen Satz zur Montage zu tragen hatte, nicht von der Seite gewichen, genauso, als müsse er die Kronjuwelen von England beschützen. Er hatte den ganzen Umbruch der ersten Seite überwacht wie ein Polizeiwachtmeister, und als es darum gegangen war, die Schrift für die Schlagzeilen auszuwählen, da war ihm keine der vorhandenen Typen groß genug gewesen. Bis man dann schließlich nebenan von der Akzidenzsetzerei eine fette Antiqua geborgt hatte, die man sonst nur für Plakate zu verwenden pflegte.
    „Jubel um Peter von Bertelmann ! “
    So stand es jetzt in übergroßer Schrift auf der ersten Seite über die ganze Breite der vier Spalten, mit einem roten Strich darunter. Selbstverständlich fühlte auch der dicke Chefredakteur vom Nachtexpreß, daß die Aufmachung seiner heutigen Abendausgabe außerordentlich auffallend war. Beinahe im Stil gewisser Krawallzeitungen, die in irgendwelchen Hinterhöfen gedruckt wurden und meist nur mit Skandalgeschichten angefüllt waren. Dr. Malborn achtete im allgemeinen sehr darauf, daß sich sein „Nachtexpreß“ von Zeitungen dieser Art deutlich unterschied.
    Aber heute waren alle diesbezüglichen Bedenken wie weggewischt! Dieser Sieg konnte nicht fett genug in seiner Zeitung hervorgehoben werden.
    „Gut! Bleibt so! Geht sofort in die Maschinen. Und Tempo heute, wenn ich bitten darf! Gerade heute —“ Mit diesen Worten gab Dr. Malborn den Andruck der Titelseite wieder an den alten Montagemeister zurück. Er malte mit dem Bleistift noch sein schwungvolles M in die linke untere Ecke des noch druckfeuchten Stückes Papier. Auf diese Weise pflegte er alle Druckfahnen abzuzeichnen, bevor der Satz dann in die Maschinen gehen konnte.
    „Hm — Herr Doktor, die Plakatbuchstaben — da — die bleiben also?“
    „Bleibt, mein Lieber! Bleibt!“
    Dr. Malborn hatte bei diesen Worten in die Brusttasche seines hellgrauen Jacketts gegriffen und angelte nach zwei Zigarren. Eine dieser Zigarren steckte er jetzt dem alten Montagemeister vorne zwischen die Knöpfe seines Werkanzuges. Mit der anderen bediente er sich selbst.
    Dr. Malborn nahm die ersten Züge mit wirklichem Genuß.
    Allerdings ohne ein Wort zu reden. Er schien ganz in Gedanken versunken zu sein, wandte sich jetzt

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