Die Fuenfzig vom Abendblatt
allerdings einen ziemlich roten Kopf bekommen.
„Das ist doch eigentlich selbstverständlich hatte Inge Remo versichert. Dabei hatte sie Harald ihre Hand gegeben und ganz plötzlich mit Lachen aufgehört. Hinterher hatte sie noch gesagt: „Daniela scheint übrigens auch damit einverstanden zu sein.“
Die Dogge hatte nämlich inzwischen die Leberwurst, die ihr Harald mitgebracht hatte, aufgefressen und sah jetzt mit ihren großen Augen ziemlich befriedigt in die Gegend---
Elf Uhr!
Von der Stadt her waren jetzt wieder die Glocken zu hören.
Harald hatte plötzlich das Gefühl, als sei ihm das Herz in die Kehle gerutscht. Sein ganzer Körper war jetzt angespannt wie vor einem Sprung vom Zehnmeterbrett. Dabei durfte er sich bei allem, was jetzt kam, nicht von der Stelle rühren. Er saß im Motorgehäuse dieser schwarzen Karosserie wie in einem Käfig.
Als Daniela zwei Minuten später von der Mauer herab auf das Gelände dicht vor die Baracke sprang, bellte sie laut und drohend. Das Weiße ihres Fells glänzte im Mondschein und ihre zwei Augen blitzten durch das Dunkel wie die Glühbirnen zweier Taschenlampen.
Das Bellen der Dogge mußte im Innern der Baracke gewirkt haben wie eine Alarmklingel.
Es dauerte nur einen Augenblick, dann riß ein hellblonder Kerl die Tür zwischen den beiden verhängten Fenstern auf. Und dann blieb er wie erstarrt stehen.
Das war kein Wunder!
Kaum fünf Meter von der Baracke entfernt knurrte nämlich die Dogge Daniela, schlank und hochgewachsen. Ihre Augen funkelten böse, und aus ihrer breiten Schnauze blitzten die weißen Zähne. Der Hellblonde hatte vor lauter Schreck die Barackentür hinter sich offenstehen lassen. Das Licht, das jetzt über ihn fiel, strahlte ihn so an wie ein Scheinwerfer.
Harald kannte diesen Menschen nicht. Er mochte vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt sein. Möglich, daß er zu den Ausfahrern des Nachtexpreß gehörte. Er drehte sich jetzt um und rief hinter sich.
„Bulle — he — komm doch mal. Dieser Köter ist ja das reinste Pferd. Wird besser sein, du redest mit ihm---“
„Mistvieh verdammtes, mach daß du wieder wegkommst! Du störst hier, merkst du das denn nicht? Auch nicht ‘ne Bohne von Anstand im Leibe! —“
Der Hellblonde bewegte sich nicht und behielt die Türklinke in der Hand, um sich notfalls mit einem Sprung in Sicherheit bringen zu können.
Als Bulle jetzt neben ihn trat, ebenfalls mit aufgekrempelten Hemdsärmeln, war plötzlich das Rufen einer Mädchenstimme zu hören.
„Daniela! Daniela!“ Dann pfiff es auch noch jenseits der Mauer. Erst langgezogen und dann einige Male kurz hinterdrein. So wie man eben einem Hunde zu pfeifen pflegt.
Die Dogge hob ihren Kopf hoch, streckte ihre Schnauze ganz steil in die Luft, und für einen kurzen Augenblick wandte sie sich jetzt von den beiden Männern an der Tür ab.
„Daniela! Hallo, Daniela!“
Die hohe Stimme war wieder deutlich zu hören.
Harald im Motorengehäuse der aufgebockten Opel-Karosserie konnte kaum mehr atmen, so schnürte ihm die Spannung Brust und Kehle zu. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf die beiden Männer gerichtet, die ziemlich ratlos im hellen Viereck der geöffneten Tür standen.
„Verdammter Köter, hörst du nicht, wie man dich ruft! Los, mach daß du wieder wegkommst! Aber dalli!“
Bulle brummte es halblaut und nur so zwischen den Zähnen durch. Aber Daniela hatte es trotzdem gehört. Sofort wandte sie sich wieder den beiden zu, fing erneut an zu bellen und duckte sich dabei, als wolle sie zu einem Sprung ansetzen.
Da brachte sich der Hellblonde schnellstens hinter dem Rücken seines Bosses in Deckung. Bulle aber bückte sich vorsichtig nach einem Ziegelstein, der neben ihm auf der Erde lag.
„Halt! Nicht werfen! Um Gottes willen, nicht werfen!“
Das war wieder dieselbe Stimme, die kurz zuvor noch jenseits der Mauer „Daniela! Daniela!“ gerufen hatte. Aber diese Stimme klang jetzt sehr nahe, und als Bulle sich umwandte, sah er ein schlankes Mädchen im hellen Staubmantel, das von außen her auf ihn zugelaufen kam.
Inge Remo hielt beide Arme hoch und schien sehr aufgeregt zu sein.
„Legen Sie bitte den Stein wieder weg! Daniela ist sonst nicht mehr zu halten. Sie springt Ihnen glatt an die Kehle!“
Das Mädel rief es so verzweifelt, als wäre das Unglück schon geschehen. Und tatsächlich fletschte die Dogge auch schon ihre Zähne, drückte sich tief an die Erde und hätte sich wohl auch in der nächsten Sekunde auf Bulle gestürzt,
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