Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
das stimmt. Natürlich habe ich auch jetzt wieder Angst vor all den neuen Jungen hier. Wenn sie es erst gemerkt haben, was ich für ein Kerl bin, werden sie mich ebenso auslachen wie die Lehrlinge bei Rasmussen. Aber ich bleibe hier. Ich will die Angst überwinden, indem ich versuche hier zu bleiben.“
    Mario drehte seinen Kopf ganz plötzlich zur Seite. Seine großen schwarzen Augen standen dicht vor Haralds Gesicht.
    „Du — als du heute nachmittag so allein dagestanden bist — ganz allein, und alle andern schauten auf dich — so als ob sie dich gerade bei einem Diebstahl erwischt hätten — da wollte ich neben dich springen — dir helfen — weil ich weiß, wie das ist, wenn man so allein dasteht

    „Hallo, ihr Clowns! Kommt mal her!“
    Casanova kam plötzlich von seiner Straßenecke herüber auf die beiden Neuen zugerannt. Die letzten Schritte waren regelrechte Sprünge, und als sich Erwin Kogge jetzt neben Harald in den Schatten der Plakatsäule drückte, war er außer Atem.
    „Mich soll der Affe lausen, wenn da vorne nicht die ganze Bande angetrudelt kommt! Mann, schau dir das mal an! Wenn das da vorne nicht der ganze Radfahrverein vom Nachtexpreß ist!“ Dabei hatte er Harald vorsichtig an den Rand des Gehwegs geschoben. Als dieser jetzt die Straße entlangblickte, sah er tatsächlich etwa dreißig oder mehr Gestalten auf Fahrrädern, die ihnen entgegenkamen. Er stellte sachlich fest, was er sah. Da wagte auch Erwin Kogge wieder einen Blick hinter der Säule vor. „Klar — das ist der ganze Club. Und der Lange — der da ganz vorne — ist Bulle höchstpersönlich. Das ist die Konkurrenz, Mensch! — Die wollen sich das Affentheater auch mit ansehen. Nimm deine Birne weg! Bei denen ist Erwin Kogge bekannt wie ein bunter Hund! Es ist ein Jammer, daß wir diese Waldheinis durchlassen müssen. Ich hätte mir eine rote Papiernase umbinden sollen und ‘ne Perücke aufstülpen müssen! Man möchte die Bäume hochgehen!“
    „Aber mich — mich kennen sie doch nicht! Ich bin doch erst seit heute bei euch!“ Harald war nun auch ganz bei der Sache.
    „Die werden dich aber kennenlernen — vielleicht morgen schon! Und dann erinnern sie sich wieder an deine Visage und schlagen sie zu Mus, wenn du ihnen unter die Finger kommst! Zudem — von wegen unserem Roman: ,Der Nachtexpreß bedauert 1 — mit dem hast du jetzt kein Glück mehr!“ Erwin Kogge hatte einen schönen, blauweiß karierten Schal aus Kunstseide umgebunden. Als ihm dieser jetzt kurzerhand vom Halse gerissen wurde, blieb ihm jedes weitere Wort im Munde stecken. Harald legte das Ding in Windeseile rund um den Kopf, genauso, als ob er an Zahnweh oder an einer chronischen Mittelohrentzündung leiden würde — und während er noch einen Knoten band, sprang er auch schon hinter der Litfaßsäule hervor mitten auf die Straße. Dabei schwenkte er seine Arme in weiten Bögen durch die Luft und brüllte:
    „Halt! — Nicht weiterfahren! — Halt!“
    Der Radfahrverein, wie Casanova die Gestalten auf ihren Rädern bezeichnet hatte, entpuppte sich wirklich als die Zubringer-Boys des Nachtexpreß. Das ganze Rudel schien sich auf der Fahrt zu Bertoldi zu befinden. Sie waren schon auf dreißig Meter herangekommen, als Harald vor ihnen auf die Straße herausgesprungen war.
    Sofort bremsten sie ihre Räder. Ihr Anführer hatte seine schwarze, glänzende Lederjacke an, und den Kragen trug er hochgeschlagen wie immer.
    Bulle setzte seine Mütze noch schiefer ins Gesicht und schaute nach dem Jungen, der da plötzlich mitten in der Fahrbahn vor ihm stand. Er hatte das rechte Bein zur Seite gespreizt und nahm sich gar nicht die Mühe abzusteigen.
    „Warum schreist du denn so? Dir hat man wohl deinen Pudding geklaut, wie?“
    Aber Harald ließ sich nicht aus der Fassung bringen. „Ach Quatsch — ich wollte zu Bertoldi in die Galavorstellung. Da vorn habe ich von einigen, die von dort zurückkamen, erfahren, daß die Vorstellung erst morgen sei. Heute ist der Saftladen geschlossen, könnt euch den Weg also sparen.“
    „Ist das auch bestimmt?“ Bulle wollte Gewißheit haben.
    „So bestimmt, wie ich Max Nebel heiße! Vom Nachtexpreß soll das sein, nicht wahr? Davon erzählten die auch, die da zurückkamen, und sie schimpften nicht schlecht.“
    Da blies Bulle den Rauch seiner Zigarette in die Luft und wendete sein Fahrrad.
    „Essig mit Sauce und Kakteen! Das Familienfest ist wegen plötzlichen Schlaganfalls der Großmutter verlegt. Allgemeine Richtung:

Weitere Kostenlose Bücher