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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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unter dem Dach des Zeltes.
    Das Licht der Scheinwerfer konzentrierte sich auf die Manege, in der gerade eine Pferdenummer das Sägemehl aufwirbelte. Offenbar war die Vorstellung in vollem Gange. Die Musikkapelle spielte einen Foxtrott.
    Aber die Mehrzahl der Bankreihen war leer. Nur rund um die Manege saßen bis nicht ganz zur halben Höhe der ansteigenden Sitzreihen Besucher. Sie hatten sich wohl alle auf die teuersten Plätze zusammengesetzt, als es sich gezeigt hatte, daß das Zelt nur zu einem knappen Drittel gefüllt war. Insbesondere die Logen dicht am Rand der Manege waren voll besetzt.
    Alibaba hatte natürlich nicht erwartet, daß es ihm mit seinen Jungen gelingen würde, sämtliche Besucher abzuhalten. Aber es zeigte sich jetzt, daß ihr Einsatz Erfolg hatte und der Zweck ihres Unternehmens erfüllt war.
    In einer der Logen entdeckte Alibaba jetzt auch wieder den Chefredakteur des Nachtexpreß.
    Er saß nicht allein. Drei weitere Herren waren in seiner Begleitung. Es schien sozusagen die ganze Besatzung der 90-PS-Limousine beisammengeblieben zu sein.
    In der Manege ging jetzt die Pferdenummer zu Ende. Der athletische Paukenschläger schlug gerade dreimal dröhnend auf sein Instrument. Bei jedem dieser Schläge verneigten sich die fünf bunt geschmückten Schimmel, die sich nebeneinander in der Manege aufgestellt hatten.
    Eine Kunstreiterin, die mit ihrer Peitsche in der Hand das Auftreten der Tiere überwacht hatte, knickste in die Runde und lächelte genauso, als ob das Zelt bis unter sein Dach dicht mit Menschen angefüllt wäre, und ganz so, als ob diese sie jetzt mit ihrem Beifall überschütteten. In Wirklichkeit aber verlor sich der Applaus der schwachen Besucherzahl in der Leere des Zeltes. Nur ein dicker, stämmiger Kerl, der breit und allein in einer der Logen saß, schlug seine großen, fleischigen Hände zusammen, daß es nur so knallte. Er hatte sich seine schwarze Melone in den Nacken geschoben und trug im übrigen einen Anzug mit auffallenden Karos.
    Alles in allem hatte das Ganze den Anschein etwa einer Generalprobe vor einer Premiere, bei der ja die einzelnen Künstler ebenfalls im Kostüm und mit voller Maske vor leeren Sitzreihen spielen.
    Direktor Bertoldi selbst stand persönlich im Kostüm eines indischen Maharadschas vor der Loge des Nachtexpreß-Chefredakteurs. Die Spitzen seines hochgezwirbelten schwarzen Bartes wuchsen ihm wie Stacheln aus dem Gesicht. Und mit diesen Stacheln kam er gerade im Verlauf eines anscheinend recht erregten Gesprächs immer dichter an Dr. Heinrich Malborn heran.
    Leider spielte die Musikkapelle zu laut, und leider war Alibaba auch zu weit weg, um verstehen zu können, was der Zirkusdirektor zu sagen hatte. Er war es nämlich, der im Augenblick allein die Unterhaltung führte und dabei seine Worte mit theatralischen Gesten unterstrich. Alibaba hätte bestimmt fünfzehn Purzelbäume geschlagen vor Vergnügen, wenn er zum Beispiel nur folgendes verstanden hätte:
    ändert an der ganzen Sachlage kein Jota! Vertrag ist Vertrag! Die Vorstellung ist von Ihrer Zeitung gemietet, und ich habe nur Ihretwegen für heute abend den eigenen Billettverkauf eingestellt. Es ist nicht meine Schuld, wenn das Zelt
    leer bleibt! Ich erinnere daran, daß Sie gestern noch befürchtet hatten, meine Bänke und Stühle würden nicht ausreichen, um die zu erwartenden Besucher zu fassen. Ich habe daraufhin noch an allen freien Stellen und wo immer es möglich war, zusätzliche Stehplätze errichten lassen. Ich muß darauf bestehen, daß Sie mir auch diese Unkosten ersetzen! Ganz abgesehen von dem Betrag einer vollen Abendkasse, wie er mir von Ihnen vertraglich garantiert ist!“
    Dabei schwang er ein Papierstück in der Luft, von dem Alibaba annahm, daß es sehr gut ein Exemplar dieses in Frage stehenden Vertrages sein könnte.
    „Was mich betrifft, so halte ich mich an meine Verpflichtungen! Die Vorstellung läuft ab, auch vor leerem Hause! Sie werden keine Möglichkeit haben, meine Ansprüche als unberechtigt zurückzuweisen. Ich werde Sie zwingen zu zahlen! Mehr noch, ich werde eine Klage wegen Geschäftsschädigung gegen Sie anstrengen! Denken Sie, es sei vorteilhaft für mein Unternehmen, wenn es zum Stadtgespräch wird, daß wir vor leeren Bänken spielten! Hätte ich mich nie mit Ihnen eingelassen. Ich pfeife auf Ihre Sonderprämie!“
    Tschingdarassa! Tschingdarassa! Die Musikkapelle setzte wieder kräftig ein und übertönte mit ihrem Lärm die temperamentvollen

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