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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Ausführungen. Allerdings ließ sich Direktor Bertoldi dadurch offensichtlich nicht stören. Nur daß er sich jetzt wie ein Stummfilmdarsteller ausnahm, dem nur Mimik und Geste als Ausdrucksmittel zur Verfügung stehen.
    Der Chefredakteur des Nachtexpreß ließ sich von dem wildgewordenen Zirkusdirektor nicht beeindrucken. Er verfolgte offenbar recht interessiert die Vorgänge in der Manege.
    Von den Scheinwerfern hell angestrahlt, waren jetzt fünf Chinesen bei der Arbeit. Sie wirbelten erst in wilden Sprüngen und Saltos durch die Manege, stellten sich dann pyramidenähnlich vielfach übereinander, lösten sich wieder, und die zwei Stärksten von ihnen nahmen nun die anderen zwischen ihre Arme, warfen sie wie Spielbälle durch die Luft, fingen sie wieder auf und warfen sie von neuem.
    Nur im letzten Augenblick noch konnte Alibaba den begeisterten Sam daran hindern, in spontanen Beifall auszubrechen. Seine beiden schwarzen Hände wollten schon knallend zusammenschlagen, da funkte der Rothaarige noch im letzten
    Augenblick dazwischen. Die übrigen Jungen der Horde, von denen allmählich einer nach dem andern ebenfalls den Weg in die hinterste Zeltecke gefunden hatte, schauten sich gegenseitig nur schweigend an.
    Die anschließend vorgeführte Dressur einer Schildkröte war weniger nach dem Geschmack der Jungen. Auch die Clowns, die danach in die Manege stolperten, wirkten recht langweilig. Ihren Witzen fehlte offensichtlich das Echo des Publikums.
    Drüben der Dicke in seiner Loge pfiff jetzt sogar auf den Fingern, als einer der Clowns bei einer allzu heftigen Bewegung seine angeklebte Nase verlor.
    Der Kerl im karierten Anzug führte sich überhaupt auf, als sei die ganze Vorstellung nur zu seinem persönlichen Vergnügen arrangiert. Während sich die anderen wenigen Besucher zurückhaltend benahmen, schien der Dicke auf dem Standpunkt zu stehen, daß ihm die Direktion des Nachtexpreß für sein Kommen gar nicht dankbar genug sein könne. Denn ein sehr großes Vergnügen war es offensichtlich nicht, hier zu sitzen. Also mochten sich die Herrschaften mal anstrengen! Er für seinen Teil hatte an der Kasse seine Nachtexpreß-Titelköpfe abgeliefert, saß jetzt breit und bequem in seiner Loge und dachte weder mit Applaus noch mit Ablehnung zu sparen. Je nachdem, was man ihm vorsetzen würde.
    Und diese Clowns waren schlecht. Deshalb pfiff er. Und da sie sogar sehr schlecht waren, pfiff er durch die Finger.
    Während des nächsten Musikstückes wurden quer über die Manege Seile gespannt und Trapeze aufgehängt. Dann wurde unter dem Ganzen ein Sicherungsnetz aufgebaut.
    Der Paukenschläger schlug wieder einmal dröhnend auf sein Instrument, und Bertoldi trat in seinem Maharadscha-Kostüm ins Licht der Scheinwerfer.
    Bevor er selbst als Abschluß des gesamten Programms seine weltberühmte Elefantendressur vorzuführen die Ehre habe, würden jetzt die ebenfalls rühmlich bekannten „Zwei Remos“ die Manege, das heißt eigentlich die Seile, betreten, die das hochverehrte Publikum jetzt dicht unter dem Dach des Zeltes quer über die Manege gespannt sähe. Die „Zwei Remos“ seien seines Wissens die einzigen Artisten der Welt — er schließe lediglich den Erdteil Asien aus, den er noch nicht be-
    reist habe die imstande seien, über dem Seil einen zweifachen Salto zu schlagen.
    „Ich bitte um Ihre hochgeschätzte Aufmerksamkeit!“ Direktor Bertoldi verneigte sich bei diesen Worten nach all den leeren Sitzen, streifte mit einem Blick sogar die hintersten Reihen der Bänke, so daß Alibaba mit seinen Jungen wie auf Kommando Deckung nahm. Als er jedoch aufrechten Schrittes und im Bewußtsein, wieder einen Teil seiner Vertragsverpflichtungen eingelöst zu haben, die Manege verlassen wollte, riß der Dicke in dem karierten Anzug plötzlich einen seiner Arme in die Höhe und schwenkte eine Zeitung durch die Luft.
    „Moment mal! Hier in der Zeitung steht, daß diese Nummer — ich lese Ihnen das mal wörtlich vor: — .Anläßlich der Sondervorstellung des Nachtexpreß werden die beiden Remos ihre sensationellen Vorführungen auf dem Seil ohne jedes Schutznetz durchführen.“ — Hier steht es schwarz auf weiß. Das muß gemacht werden! Ich lege Wert darauf, daß Sie sofort dieses Dings da wegräumen lassen!“
    Er zeigte auf das eben erst aufgebaute Netz, so als ob es ihn störte und im Wege wäre.
    Der Mann in der glänzenden Maharadscha-Uniform war sichtlich bestürzt. Er wirbelte aufgeregt an seinen Bartspitzen und

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