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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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entscheidet, daß ich dein Rad fahre, kannst du ja wieder sagen —“
    „Eben nicht! Wenn wir losen, dann eben nicht. Das ist dann wie bei einem Fußballspiel, wenn man um die günstigere Platzseite lost. Kein Mensch kommt dabei auf den Gedanken, etwas von Bevorzugung zu sagen „Mensch: Nicht Pastor — Rechtsanwalt müßtest du werden!“
    „Also es gilt?“
    Harald nahm schon seine Hand auf den Rücken. „Es gilt!“ Nun machte auch Alibaba sich zum Losen bereit. Auch er nahm seine rechte Hand hinter den Rücken.
    Die beiden Jungen standen sich jetzt unter den abgedrehten Duschen, nackt und die Hände auf dem Rücken, gegenüber. Sie grinsten unwillkürlich. Aber dann gab Harald das Kommando:
    „Eins — zwei — drei!“
    Sie hielten sich beide die geöffneten Handflächen zu. Beide hatten also Papier gewählt.
    „Nochmals: Eins — zwei — drei!“
    Nun hatte Harald die Faust geballt: Stein!
    Alibaba aber zeigte wieder seine glatte Handfläche: Papier! Harald grinste: „Papier wickelt Stein ein: Du hast gewonnen!“
    „Und was jetzt?“
    Alibaba schien es nicht fassen zu können, daß jetzt ausgerechnet er mit diesem blitzenden, glitzernden Etwas, das sogar Holzfelgen hatte und Schlauchreifen, daß ausgerechnet er mit diesem Märchen von einem Rad zum Kampf um das „Grüne Band“ antreten durfte.
    „Ganz klar — du fährst auf meinem Rad. Und ich bekomme das deine.“
    „Mach es nicht — laß es lieber — du reißt dir nachher alle Haare einzeln raus!“
    Aber Harald schüttelte den Kopf. Es sei abgemacht, und das Los habe entschieden. Im übrigen solle sich Alibaba nicht einbilden, daß er deswegen schon gewonnen habe. Er, Harald, gedenke nun beim nächsten Mal wirklich nichts mehr zu verschenken. Keinen Zentimeter.
    Davor allerdings schien dem Rothaarigen jetzt nicht mehr bange zu sein.
    Als sie aus der Baracke wieder ins Freie traten, meinte er lachend, daß das wohl das mindeste sei, was er jetzt von Harald verlangen müsse.
    Drüben auf der Bahn war inzwischen das zweite Feld auf die Strecke gegangen. Ein langer, schwarzhaariger Junge hielt mit knappem Vorsprung die Spitze.
    Im übrigen hatten vom Eingang her nun schon die ersten Leutchen des Nachtexpreß den Platz betreten. Sie kamen teilweise zum Ziel, setzten sich irgendwo entlang der Bahn auf die hölzerne Abschrankung oder legten sich auch ohne viel Umstände ins Gras.
    Mario war von Alibaba beauftragt, bei den abgelegten Kleidern Wache zu halten. Er wollte sich ja ohnehin nicht an der Ausscheidung beteiligen. Wie er so allein zwischen all den Klamotten saß, sah er jetzt vom Eingang her auch den Anführer der Nachtexpreß-Zubringer auf den Platz kommen. Er erkannte ihn sofort wieder. Bulle trug seine schwarze Lederjacke wie an jenem Abend, als ihm Harald hinter der Plakatsäule hervor entgegengesprungen war.
    Mario sah diese Szene jetzt wieder mit solcher Deutlichkeit vor sich, daß er gar nicht bemerkte, wie Harald und Alibaba auf ihn zutraten.
    „Dir könnte man die ganze Ladeneinrichtung unter der Nase wegklauen, du Seifensieder!“
    Alibaba konnte von wirklich ergreifender Herzlichkeit sein. Harald fand die Gelegenheit günstig, ein Wort für den schwarzhaarigen Jungen einzulegen.
    „Es geht mich ja nichts an — aber laß ihn doch jetzt in Ruhe. Kann ja mal Vorkommen. Er war bei seinem alten Herrn im Geschäft und sagt, daß er vergessen hatte, auf die Uhr zu schauen. Wird ja nicht wieder Vorkommen — “
    Da schüttelte Alibaba nur den Kopf.
    „Das ist ja gerade das ausgemacht Dämliche, daß ihm nicht mal eine gescheitere Ausrede einfällt Er hatte dabei seine Klamotten genommen und war in seine Hose gestiegen. Dabei würdigte er den Italiener keines Blickes. Auch Harald zog sich wieder an, und die beiden gingen jetzt zur Bahn zurück. Dabei lächelte Harald zu Mario zurück. Wie wenn er sagen wollte: Laß ihn nur brummen — das kommt schon wieder in Ordnung.
    „Kummer mit der hohen Direktion, wie?“
    Bulle hatte anscheinend die Unterhaltung der Jungen mit angehört und war nun in seiner Lederjacke neben Mario getreten. Der aber sah den Chef der Nachtexpreß-Leute kaum. Bulle holte sich eine Zigarette aus der Tasche.
    „Der tut ja so, als hättest du ihm seine silbernen Manschettenknöpfe geklaut!“
    Mario nahm einen Grashalm zwischen die Zähne und schaute zur Bahn hinüber.
    „Wer ist denn der andere, der da bei ihm war — hab’ ihn gestern schon getroffen. Der Kerl ist mir irgendwie bekannt Oh, Mario wußte genau,

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