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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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wenn er dieser aufgeblasenen Dumpfbacke einen Dämpfer verpasste.
    Tempi wandte sich wieder an Tam. »Wenn du kämpfen willst, hör mit dem albernen Getue auf.« Er zeigte auf die anderen Männer. »Such dir ein paar Leute, die mit dir kämpfen. Nimm genug Frauen, dass du dich sicher fühlst. Gut?« Meine kurze Erleichterung war schon wieder verflogen. »Ihr redet immer nur«, sagte Tempi zu mir. In seiner Stimme schwang Ungeduld.
    Tam stapfte zu dem Tisch zurück, an dem seine Kumpane saßen und würfelten. »Ihr habt den Angeber gehört. Er behauptet, er sei so viel wert wie vier von uns. Zeigen wir ihm also, was wir zu viert mit ihm anstellen können. Brenden, Ven und Jane, macht ihr mit?«
    Ein glatzköpfiger Mann und eine hoch gewachsene Frau standen mit einem Grinsen auf. Ein weiterer Mann winkte ab. »Ich bin zu betrunken zum Kämpfen, Tam. Aber ich müsste noch viel betrunkener sein, bevor ich mich mit einem Rothemd einlasse. Die kämpfen wie die Berserker. Ich weiß es aus eigener Erfahrung.«
    Ich hatte schon so manche Wirtshausschlägerei erlebt. Man könnte meinen, an einer Universität gebe es so etwas nicht, aber der Alkohol ist ein großer Gleichmacher. Nach sechs oder sieben Schnäpsen gibt es kaum noch einen Unterschied zwischen einem Müller, der sich mit seiner Frau gestritten hat, und einem Alchemisten, der in der Prüfung durchgefallen ist. Beide sind gleichermaßen scharf darauf, jemand anderem die Zähne einzuschlagen.
    Selbst im vornehmeren EOLIAN kam es immer wieder zu Raufereien. Wenn man nur lange genug blieb, konnte man mit einiger Wahrscheinlichkeit erleben, wie zwei gut gekleidete Adlige aufeinander losgingen.
    Als Musiker kennt man das zur Genüge. Die einen wollen im Wirtshaus etwas trinken, die anderen Würfel spielen, wieder andere suchen Streit und wieder andere sehen gern beim Streiten zu.
    Verletzungen sind dabei nicht so häufig, wie man erwarten würde. Blaue Augen und aufgeplatzte Lippen sind meist schon das Schlimmste. Hat man Pech, büßt man einen Zahn ein oder bricht |810| sich den Arm, aber zwischen einer Wirthausschlägerei und einem Kampf in einer dunklen Gasse besteht trotzdem ein großer Unterschied. In der Schenke gelten bestimmte Regeln, und jede Menge unparteiische Augenzeugen und Schiedsrichter sorgen für ihre Einhaltung. Artet die Schlägerei aus, greifen die Zuschauer ein und trennen die Streithähne. Die Streithähne würden als Zuschauer dasselbe tun.
    Es gibt natürlich Ausnahmen. Hin und wieder passieren Unfälle. Ich weiß aus meiner Zeit an der Mediho noch allzu gut, wie leicht man sich bei einer Schlägerei ein Handgelenk verstaucht oder einen Finger ausrenkt. Für einen Wirt oder Viehhändler mögen das harmlose Verletzungen sein, aber ich, der ich für meinen Lebensunterhalt in so hohem Maß auf meine Hände angewiesen war, erschrak schon bei dem Gedanken an einen gebrochenen Daumen zutiefst.
    Mit einem unguten Gefühl im Magen sah ich zu, wie Tempi noch einen Schluck Whiskey nahm und aufstand. Wir waren hier fremd. Konnte ich mich darauf verlassen, dass die anderen Gäste eingriffen, wenn die Schlägerei ausartete? Drei gegen einen war ein ungleicher Kampf, und dabei konnte schnell etwas Schlimmes passieren.
    Tempi nahm noch einen Schluck Bier und sah mich ruhig an. »Behalte meinen Rücken im Auge«, sagte er und ging auf seine Herausforderer zu.
    Ich sollte ihn offenbar von hinten decken. Unwillkürlich war ich von seinem Aturisch beeindruckt. Zu Anfang unserer Bekanntschaft hatte er praktisch überhaupt nichts gesprochen, jetzt beherrschte er es schon sehr gut. Doch im nächsten Moment überlegte ich schon wieder, wie ich den Kampf abbrechen konnte, wenn er außer Kontrolle geriet.
    Mir fiel nichts ein. Ich hatte nicht mit so etwas gerechnet und daher auch keine Lösung parat. In Ermangelung anderer Alternativen zog ich mein Messer und hielt es unter der Tischplatte, wo niemand es sehen konnte, vor mich hin. Ich hatte nicht im Mindesten vor, damit jemanden zu erstechen, aber vielleicht konnte ich den anderen ja damit drohen und uns Zeit verschaffen, zur Tür zu gelangen.
    Tempi musterte seine drei Gegner eingehend. Tam war deutlich größer als er und hatte Schultern wie ein Stier. Der Glatzkopf hatte |811| ein narbenübersätes Gesicht und ein tückisches Grinsen. Die blonde Frau schließlich war einen Kopf größer als er.
    »Ich sehe nur eine Frau«, sagte er an Tam gewandt. »Reicht das? Du kannst auch noch eine holen.«
    Die Frau fuhr wütend

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