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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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auf der anderen Seite und erreichten so
die Scheunen von hinten. Sadima konnte die Einzäunung sehen, und sie spürte die
scharfe, schneidende Angst, ehe sie das Pferd sehen konnte.
    Der graue Wallach war groß und hatte
schwere Knochen. In einem Halbkreis um ihn herum standen wütende Männer, von
denen einige Lederpeitschen bei sich hatten. Sadima konnte die langen
Blutrinnsale auf dem Fell des Pferdes erkennen und den Schatten eines Dutzends
blutiger Striemen auf seinem Rücken. Eine Menschenmenge sammelte sich nach und
nach.
    »Mach, dass sie aufhören«, flüsterte
Sadima Micah zu, der neben sie trat. »Mach, dass sie aufhören, das Pferd zu
schlagen.«
    Er packte ihren Arm. »Das kann ich nicht.
Sie werden nicht auf mich hören.«
    Sadima trat einen Schritt vor und zog ihn
mit sich.
    »Schafft dieses Pferd aus meiner Scheune«,
rief der Auktionator. »Ich will nicht, dass jemand verletzt wird.«
    »Verkauf ihn für das, was du noch für ihn
bekommen kannst«, knurrte einer der Männer, der ein Halfter hielt, dessen
Seilende auf der Erde baumelte. Er spuckte in den Staub, dann hob er den Kopf.
»Mir ist es gleich, ob er als Hundefutter endet. Verkauf ihn billig.«
    Sadima fuhr zusammen. Der Graue fürchtete
sich vor allen Umstehenden, aber am allermeisten vor diesem Mann – vor dem
Mann, der sein Besitzer war. Einen Augenblick lang sah sie die Misshandlungen
und spürte das Schneiden der Peitsche. Sie entwand ihren Arm Micahs Griff und
schlüpfte durch die Absperrung. Zwei Männer versuchten, sie zu packen, als
Sadima an ihnen vorbeilief, aber sie waren zu überrascht, das Mädchen auf das
Pferd zurennen zu sehen, als dass sie es zu fassen bekommen hätten.
    »Wie billig?«, wollte Sadima wissen, als
sie dicht vor dem Halbkreis der Männer
stehen blieb, die sie auslach ten. Einer streckte die Hand aus, um sie
wegzustoßen, und sie schlug danach.
    »Wie billig?«, fragte sie noch einmal.
»Drei Kupfermünzen?« Sie warf Micah einen Blick zu. Auch er kletterte nun durch
den Zaun.
    »Drei Kupfermünzen?«, wiederholte der
Auktionator und sah den Mann mit dem Halfter fragend an. Dieser nickte. »Drei«,
sagte der Auktionator noch einmal. Er hob die rechte Hand und sah zu Sadima
hin, dann an ihr vorbei. Sie wusste, dass er wartete, bis Micah die Entscheidung
traf.
    »Wir werden das Pferd kaufen«, sagte
Sadima. Ihre Schultern strafften sich, und sie biss die Kiefer zusammen.
    »Bist du sicher?«, fragte Micah sie von
hinten. Sadima wandte den Kopf, um ihm in die Augen zu sehen, und nickte. Sie
wollte nun nichts mehr, als diesen Wallach von den Männern wegzubringen, fort
von ihren Peitschen. Er war so verängstigt und so zornig. Er wollte sie alle
töten. Micah suchte in seinen Taschen nach den Münzen und schenkte dem
Kopfschütteln und dem leisen Lachen der umstehenden Männer keinerlei Beachtung.
    Sadima trat einige Schritte zurück und
blieb so stehen, dass der Graue sie sehen konnte. Er hob den Kopf. Sie suchte
seinen Blick und fragte ihn, ob er mit ihr kommen wolle. Er zuckte mit dem
Schwanz und schüttelte die Mähne, denn er traute sich nicht, ihr Glauben zu
schenken. Sie trat näher und blieb stehen, die Hände locker an der Seite
hinabhängend, und ließ ihn in ihr Herz blicken. Er senkte die Nüstern, um ihren
Geruch aufzunehmen, und sie blieb ganz still stehen, als er auf sie zu kam.
Sadima schloss die Augen, als sie seinen warmen Atem erst in ihrem Haar spürte,
dann an ihrer Wange.
    Erst in diesem Augenblick fiel ihr die
vollkommene Stille auf, die sich über die Männer gelegt hatte und auch auf die
umstehenden Menschen am anderen Ende des Gatters und noch dahinter
übergegriffen hatte. Alle starrten sie an. Sie bewegte sich ein wenig zu einer
Seite.
    »Werfen Sie mir bitte das Halfter zu,
Sir«, sagte sie mit sanfter Stimme, und der Mann schleuderte es in ihre
Richtung. Sie würde es nicht brauchen, aber sie wollte nicht noch mehr
Aufmerksamkeit auf sich lenken. Vorsichtig ließ sie das Halfter über das weiche
Maul des Grauen gleiten, dann über seine Ohren. Danach stand sie ganz still und
presste einen Augenblick lang ihre Hände gegen seinen Nacken, ehe sie das
Führungsseil aufhob. Sie konnte ihn hören – er hoffte, dass sie ihn mitnehmen
würde. Sadima machte einen Schritt, und er kam ihr hinterher, den Kopf gesenkt,
die Ohren nach vorne gerichtet. Der Kreis der Männer teilte sich. Dann, nachdem
sie das Gatter geöffnet hatte, trat die Menge vor dem Zaun zurück, um sie
hindurchzulassen.
    Der

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