Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
Vom Netzwerk:
Graue blieb eng bei ihr, und sie
konnte die Wärme seines Körpers in ihrem Nacken spüren. Sadima blieb auf der
Straße. Es war zu viel, ihn zu bitten, durch den eisigen Bach zu waten.
    »Alles wird gut«, sagte sie zu ihm. »Du
wirst hart arbeiten müssen, aber mein Bruder und mein Vater werden dich niemals
schlagen, und ich werde dir jeden Tag Korn und Hafer und süßes Heu bringen.« Sie
streichelte seinen Nacken, um ihn zu trösten. Und sie konnte spüren, wie sein
wundes Herz wärmer und leichter wurde.
    »Die Weide ist groß genug, um zu
galoppieren, und es gibt dort noch zwei weitere Pferde, mit denen du Freundschaft
schließen kannst – Tiny und Ginger. Tiny ist schon alt, aber Ginger hat noch
immer Lust, an kalten Morgen zu spielen.«
    Der Graue stieß ein tiefes Seufzen aus.
Der Luftstrom kitzelte auf ihrer Haut, hob den Kragen ihres Kleides und wehte
ihr Haar beiseite. »Ich weiß, dass du schüchtern bist«, sagte Sadima. »Aber du
kannst auch für dich allein bleiben, wenn du das gerne möchtest … Es ist eine
große Weide. Meine Ziegen sind dumm, aber lieb«, fügte sie hinzu. »Sie haben
ihren eigenen Hof. Die Hühner ebenfalls. Unser Hahn ist eingebildet, aber seine
Ehefrauen sind höchst umgänglich.«
    Wieder atmete der
Graue aus und schüttelte die Mähne.
    Sadima führte ihn langsam und dachte über
die grausamen Dinge nach, die Menschen Tieren antaten. Wenn jeder hören könnte,
was sie hörte, spürte, was sie spürte, dann würden sie nicht mehr denken, dass
Tiere sich von ihnen unterschieden. Und vielleicht wären sie dann netter zu
ihnen.
    »Warte auf mich«,
rief Micah, und Sadima blieb ste hen. Auch der Graue hielt an, und sein Maul ruhte auf ihrer
Schulter, als sie sich umdrehte. Hinter Micah konnte Sadima die Menschenmenge
sehen, die ihnen noch immer hinterherstarrte.
    »Das war dumm«, schimpfte Micah mit ihr.
»Wenn du so etwas noch einmal machst, werde ich Papa nie wieder fragen, ob du
mitkommen darfst. Niemals.« Als sie nicht antwortete, packte er sie am Arm.
»Das war gefährlich, Sadima.«
    Sadima nickte und wusste, dass er es nicht
verstehen konnte. Es hatte keinen einzigen Augenblick gegeben, in dem sie in
Gefahr gewesen war. Sie war nicht dumm. Und sie wusste, dass sie es ihm nicht
erklären konnte. Sie hatte es versucht und daraus gelernt: Weder Micah noch
Papa würden ihr je glauben. Der Gedanke machte ihr Angst, aber sie wusste, dass
es stimmte. Niemand würde ihr je glauben. Sie war anders als alle anderen.

10
     
    PAARE BILDEN!« – ICH WIRBELTE HERUM. EIN
ZAUBERER MIT KURZ GESCHORENEM HAAR BESCHRIEB EINE WEIT ausholende Geste, und der
Ärmel seines Umhangs machte eine schwingende Bewegung.
    »Stellt euch in Paaren auf!«
    Er klang zornig. Ich war mir sicher, er
hatte diese Anweisung bereits einige Male gegeben, ehe ich ihn gehört hatte.
Wählten wir auf diese Weise unsere Zimmergefährten?
    Levin stand bereits bei dem großen,
dunkelhaarigen Jungen.
    Ich starrte an ihm vorbei. Verdammt. Es
hatten sich schon vier Paare gebildet, und ich war der Einzige, der noch immer
allein war. Also stellte ich mich ohne Partner in die Reihe, doch da entdeckte
ich den Jungen, der auf der anderen Seite etwas abseits stand, die Arme vor der
Brust verschränkt. Ich erkannte ihn. Es war der Botenjunge, den ich auf der
Treppe gesehen hatte. Er machte einen Schritt und stellte sich neben mich in
die Reihe, ohne ein Wort zu verlieren. Ich rümpfte die Nase und hörte ein
Tuscheln vor uns. Mir war klar, was sie sagten, ohne dass ich sie wirklich verstehen
konnte. Wie war es möglich, dass ein Botenjunge hier war? Hatte einer der
anderen einen Diener mitgebracht? War das erlaubt? Ich wollte fragen, traute
mich jedoch nicht. Zu wem auch immer er gehörte, er stank nach Schweiß und
Fisch.
    »Folgt mir«, sagte der Zauberer, drehte
sich um und setzte sich in Bewegung.
    Wir alle marschierten ihm hinterher,
hinaus aus der riesigen Halle, weg vom Sonnenlicht. Alles zurücklassend. Es
war, als würden wir von der Erde verschluckt, von
der Dunkelheit verschlungen. Niemand von uns trau te sich auch nur zu
flüstern. Da war nur noch das Geräusch von unseren Schritten, als wir versuchten,
dem Zauberer zu folgen.
    Der Junge neben mir hielt die Schultern
angespannt und den Kopf hoch erhoben, aber seine Augen waren weit aufgerissen,
und bei einer Gelegenheit stolperte er über seine eigenen Füße. Er stank
wirklich, und zweimal, während wir um eine Ecke bogen, versuchte ich, mich
vorbeizuschieben, um

Weitere Kostenlose Bücher