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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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gerade ein gutes Jahr alt gewesen.
Und er beharrte darauf, dass die Ratte krank gewesen sei«, sagte sie. »Mein
Vater erzählte mir, dass er einmal einen Hahn auf meinem Schoß gesehen habe,
der zu mir emporstarrte, und ich hätte ihn so fest umarmt, dass ich ihn beinahe
erwürgt hätte. Aber ich erinnere mich ebenfalls ein bisschen an diese Geschichte,
und ich habe ihn gar nicht festgehalten … Der Hahn und ich unterhielten uns.
Auf eine seltsame Art und Weise.« Sie sah auf. »Es sind wirklich Gedanken, die
wir austauschen, keine Worte, aber ich verstehe sie. Ich habe mich noch nie vor
einem Tier gefürchtet.«
    »Nicht einmal vor Schlangen oder Wölfen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Einmal bin ich
auf eine Wolfshöhle gestoßen, in der sich ein Jungtier befand. Die Mutter war
fort. Ich habe mit dem Kleinen gespielt, und als die Mutter zurückkam, verstand
sie, dass ich ihm nichts tun wollte. Sie war müde und länger unterwegs gewesen,
als sie es vorgehabt hatte.« Franklin beugte sich zu ihr und lauschte auf jedes
einzelne Wort. Sadima stieß die Luft aus und glättete ihr zerdrücktes, schmutziges
Kleid. »Warum bist du hierhergekommen? Ich meine, warum ausgerechnet zu mir?«
    Franklin lächelte wieder. »Wir haben die
Geschichte gehört, wie du ein bösartiges Pferd gezähmt hast.«
    Sadima erklärte, was geschehen war, und
fügte hinzu, was Micah dazu sagte. Er beharrte darauf, dass seine Version des
Vorfalls der Wahrheit entsprach.
    »Somiss sagt, dass es keinen Sinn macht,
mit einem tauben Mann über Musik zu streiten«, sagte Franklin. »Hörst du Worte
in deinem Geist?«
    Sadima blinzelte. »Von den Tieren?
Niemals.«
    »Ich meine von Menschen«, entgegnete
Franklin.
    Sadima schüttelte den Kopf »Hörst du sie
denn?«
    Sein Gesicht erstrahlte wie eine Kerze in
einem dunklen Raum. »Vielleicht. Fast. Und ich glaube, dass es mit etwas Übung
möglich sein müsste. Wir haben mit einem Mann gesprochen, welcher sich an eine
Geschichte erinnerte, die ihm am Lagerfeuer berichtet wurde. Sie handelte von
etwas, das er die Stille Sprache nannte. In dieser Geschichte unterhielten sich
die Zauberer, ohne miteinander zu sprechen. Stell dir das mal vor. Wenn die
Menschen einander wirklich verstehen könnten, dann wäre das das Ende der
Grausamkeit, und es würde keinen Krieg mehr geben …«
    »Das habe ich auch gedacht«, sagte Sadima,
»aber über die Tiere.«
    Mit einem Ruck mühte sich Rebecca auf die
Beine und stand unsicher auf, dann senkte sie den Kopf, um aus dem Beereneimer
zu trinken.
    Sadima lächelte Franklin an. »Ich danke
dir so sehr«, setzte sie an und hätte ihn beinahe gefragt, ob er noch länger in
Ferne bleiben würde. Doch dann nahm sie sich zusammen. »Ich sollte jetzt nach
Hause gehen«, sagte sie und warf einen Blick auf die neugeborenen Zicklein.
    »Und ich wäre froh, wenn ich dir helfen
dürfte, sie nach Hause zu tragen. Wenn es deinen Eltern nichts ausmacht, dann wäre ich sehr froh über ein Lager
in eu rer Scheune für diese Nacht. Es ist eine lange Reise zurück nach
Limori. Und vielleicht könnten wir uns noch ein bisschen unterhalten?«
    Sadima schüttelte den Kopf. Franklin
wartete höflich, bis sie zu sprechen begann.
»Meine Mutter starb bei mei ner Geburt«, sagte sie, und sie war sich
nicht sicher, warum sie ihm davon erzählte. »Die Magierin, die kam, um uns zu helfen, raubte uns jedoch aus und ließ meine Mutter sterben. Mein
Vater und mein Bruder hassen …«
    »Natürlich tun sie das«, sagte Franklin.
Er sah betroffen aus. »Genau das ist es, dem Somiss für alle Zeiten ein Ende
bereiten will. Er will die Lügner und die Täuscher ausrotten. Er hasst sie
ebenfalls.« Er spähte hinauf in die Sonne, dann wieder zu ihr. »Der Tag ist
beinahe um. Lass mich dir wenigstens ein Stück des Weges helfen, die Kleinen zu
tragen.«
    Dankbar machte Sadima aus dem Flachsstoff
eine Schlinge für ihren Rücken und legte eine der Zicklein hinein. Dann nahm
sie das grobknochige Graubraune auf die Arme. Franklin trug die anderen beiden,
je eines unter dem Arm. Langsam stiegen sie so den Hügel hinunter und folgten
der schmalen, zerfurchten Straße zum Hof hin. Rebecca war unsicher auf den
Beinen, aber sie hielt den Kopf hoch erhoben und stieß Franklin immer wieder
mit der Schnauze an, um ihn daran zu erinnern, dass er vorsichtig mit ihrem Nachwuchs sein solle. Der Rest der Herde folgte ihnen. Als die Ziegen
vor einem umgestürzten Baumstumpf zurückscheuten, fragte Franklin Sadima

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