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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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nach
dem Grund dafür.
    Sie strengte sich an, um ihre Gedanken zu
verstehen, dann drehte sie sich zu Franklin um und erklärte ihm, dass sie sich
daran erinnerten, wie sich in einem ganz ähnlichen Stamm wie diesem einmal eine
Schlange versteckt hatte.
    Er sah aus, als habe sie ihm ein Geschenk
überreicht. »Du bist der lebende Beweis dafür, dass es die Stille Sprache
zwischen den Menschen geben kann«, sagte er. »Ich wünschte, du würdest Somiss
kennen lernen. Ich versuche so sehr, ihn davon zu überzeugen, die Sprache zu
untersuchen.« Franklin beugte sich vor, um sie auf die Stirn zu küssen. »Ich
bin so froh, dass du den Stein nicht geworfen hast. Danke, Sadima.« Seine
Lippen und seine Stimme waren so warm, dass Sadima erneut errötete und über seine
scherzhafte Bemerkung lächelte.
    An der letzten Biegung
der Straße blieben sie stehen. »Wenn Somiss recht hat, und wenn die Magie wieder
erstarken kann«, sagte Franklin, »dann gibt es keinen Grund mehr, dass
irgendjemand arm sein oder hungern, jung sterben oder zu sehr unter seinem
Alter leiden muss. Und wenn ich mit der Stillen Sprache recht habe, werden
Krieg und Kampf, ja sogar Mord verschwinden, weil sich die Menschen gegenseitig
ins Herz blicken können.«
    Seine Augen leuchteten von innen heraus.
Sadima lächelte. »Wenn die Menschen den Tieren ins Herz blicken können«, sagte
sie, »dann wären sie freundlicher. Tiere sind so …« Sie brach ab und suchte
nach einem Wort. »Ehrlich«, brachte sie ihren Satz zu Ende.
    Franklin streichelte ihre Wange, und sie
hatte das Gefühl, er habe ihr Herz berührt. »Komm nach Limori, wenn es dir je
möglich ist«, sagte er. »Vielleicht kannst du uns helfen, die Magie wieder
aufleben zu lassen.«
    Sadima nickte, ohne
ein Wort zu sagen, und ihre Keh le
war eng vor Gefühlen, für die sie keinen Namen hatte. Franklin half ihr, einen
Weg zu finden, die drei kleinen Zicklein in
die Schlinge zu legen. Die größere, graubrau ne legte er ihr in die Arme.
Nun war sie sehr beladen und konnte sich schlecht bewegen, aber sie hatte ja
nur einen kurzen Weg vor sich. Einen
Augenblick lang hielt Frank lin ihre Hand fest, dann drehte er sich um
und ging davon. Sadima sah ihm nach.
    An diesem Abend kam ihr die Stube klein
und beengt vor, und das Schweigen ihres Vaters wurde von den Wänden
zurückgeworfen. Micah bemerkte ihre Unruhe, und sie musste ihn anlügen, indem
sie vorgab, Rebeccas Schwierigkeiten beim Gebären lasteten ihr auf der Seele.
    Aber in dieser Nacht konnte sie einfach
nicht schlafen, und so schlüpfte sie nach draußen. Dort stand sie in der Dunkelheit
und sah Richtung Westen. Sie stellte sich vor, dort in der glanzvollen Stadt zu
leben, wo niemand sie hänseln oder als Lügnerin bezeichnen würde, nur weil sie
verstand, was die Tiere fühlten. Sie wollte an einem Ort leben, wo die
Traurigkeit ihres Vaters nicht in jedem Moment an jedem einzelnen Tag auf ihr
Herz drücken würde. Sie wollte überall
hingehen können, wo sie woll te, und sie sehnte sich nach Freunden, die
die Wahrheit über sie wussten und sie dafür liebten. Vielleicht konnte sie die
Stille Sprache zwischen den Menschen erlernen. Auf jeden Fall hätte sie ihr
eigenes Leben, und vielleicht würde ihr Franklin eines Tages einen richtigen
Kuss geben.
    Bei diesem Gedanken ließ sie die Schultern
hängen und spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Papa würde vor
Sorgen vergehen, wenn sie ihn verließ, und Micah würde ihr niemals verzeihen.
    Dies war ihr Leben.

12
     
    FISCHJUNGE SAH DEM ZAUBERER NACH, DANN
WARF ER MIR EINEN BLICK ZU. NOCH EHE ICH ETWAS SAGEN konnte, legte er die Hand auf die silberne Türklinke. Sie war wie
ein Schwertfisch im Sprung geformt, jede einzelne Schuppe war in großer
Vollkommenheit herausgearbeitet, und selbst die winzigen Flossenbögen waren zu
erkennen. Hatte jede Tür eine solche Klinke? Es war mir nicht aufgefallen. Oder
war dies ein Witz und spielte auf den Geruch meines Zimmergenossen an?
    Fischjunge öffnete
die Tür, machte einen Schritt hin ein, hielt an und ließ sie hinter sich weit offen.
    »Ist das unser Raum?«, fragte ich leise –
und selbst das schien noch zu laut.
    Er antwortete nicht.
Ich beugte mich vor, um an sei nem
groß gewachsenen, knochigen Körper vorbeischauen zu können. Es gab keine
Fackeln im Zimmer, ja überhaupt kein Licht
außer dem schummrigen Rechteck vom Fa ckelschein, der durch die
Türöffnung fiel.
    »Kannst du eine Laterne oder einen
Anzünder sehen? Gibt es

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