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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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wollen, dass ich irgendetwas lese.«
    »Aber was du mir gestern gesagt hast,
stimmte«, sagte Franklin, ohne aufzusehen. »Der alte Mann mit dem Bruch in
seiner Lebenslinie hatte als Junge einen Unfall, der ihn beinahe tötete.«
    Maude flüsterte etwas, und Sadima sah über
ihre Schulter. Ein Mädchen von vielleicht zehn oder elf Jahren in einem Kostüm
war stehen geblieben, um mit ihr zu sprechen. Die ersten Kunden kamen. Sadima
fragte sich einen Augenblick lang, was die Wahrsager in Ferne ihr mitgeteilt
hätten, als sie noch ein Mädchen war. Dass sie Freunde brauche? Es hätte nichts
verändert. Ihr Vater hätte sie trotzdem niemanden besuchen lassen.
    »Sadima?« In Franklins Stimme lag Mitleid.
Sie wandte ihm den Blick zu und bemerkte, dass er sie anstarrte. »Ich habe
nicht gemerkt, wie einsam du warst, als wir uns zum ersten Mal trafen.«
    Sadima riss ihre Hand los.
    Franklin lächelte zaghaft. Dann beugte er
sich zu ihr und flüsterte: »Ich kann
manchmal deine Gedanken hö ren. Niemals vollständig, und auch nicht sehr
oft, aber ich kann sie ahnen.«
    Sadima starrte ihn an. Was hatte Franklin
sie sonst noch denken hören? Sie hatte auch Gedanken, die ihn betrafen …
    »Ich sollte jetzt zurückgehen«, sagte sie.
»Ich muss heute früh zur Arbeit gehen.«
    Franklin blinzelte.
»Ich dachte, du wolltest eines Ta ges die Stille Sprache erlernen, um zu sehen, ob wir …«
    »Ich will es doch
nicht mehr«, sagte sie, und sie wuss te, wie kindisch das klang.
    »Lass mich doch zu Ende sprechen.«
    Er griff nach ihrer Hand, aber sie stand
auf und wich einen Schritt zurück. Er entschuldigte sich und versuchte sie zu
überreden, doch noch zu bleiben. Aber sie verabschiedete sich rasch und ging
davon. Auf halbem Weg zu Rinkas Laden fragte sie sich, ob auch Somiss Gedanken
verbarg und ob das der wahre Grund dafür war, dass er die Stille Sprache
ablehnte.

30
     
    DREI UNTERRICHTSSTUNDEN MIT FRANKLIN KAMEN
UND GINGEN, UND ICH WAR DER EINZIGE, DER
ÜBERHAUPT etwas
zu essen hat te; da war ich
mir recht sicher. Dann vergingen drei weitere Stunden,
und schließlich hörte ich auf zu zählen. Ich hat te keine Ahnung, ob
jeder Unterricht auch bedeutete, dass ein Tag vergangen war. Tatsächlich war
ich beinahe überzeugt, dass die Zeitabstände dazwischen niemals gleich waren.
Aber Tage vergingen, ich konnte nur nicht mit Gewissheit sagen, wie
viele. Alle Jungen wurden immer dünner.
    Ich konnte es spüren, dass die anderen
mich anstarrten und sich fragten, ob ich Mahlzeiten aus gebratener Ente und
Orangensoße entstehen ließ, wenn niemand zusah. Das tat ich keineswegs. Ich
lebte von Äpfeln. Sicherlich versuchte ich mich an richtigen Speisen, an
Pfannkuchen, Brot und Käse, doch es gelang mir nicht, obschon ich eine
Vorstellung davon hatte, was nötig war, um erfolgreich zu sein. Es ging um die
winzigen Details. Konzentrierte ich mich nicht mit aller Macht auf sie, geschah
überhaupt nichts, wenn ich den Stein berührte.
     
    WIR ALLE SAHEN EINANDER ZUM SAAL MIT DEM
EDELSTEIN GEHEN UND WIEDER ZURÜCKKOMMEN. LEVIN, Jordan,
Tally und Luke gingen fast immer zusammen. Ebenso Will und seine
Zimmergenossen. Vielleicht hatten einige von ihnen das gleiche Problem wie ich:
Ich war mir immer noch nicht sicher, ob ich ohne Gerrard den Weg finden würde.
Ich konnte mir nur eine bestimmte Anzahl von Abbiegungen merken, dann geriet
ich durcheinander.
    Wenn ich zum Speisesaal kam, während
irgendjemand sonst da war, dann wartete ich ab, bis der andere sein Glück
versucht hatte und wieder gegangen war, ehe ich mich dem Stein näherte. Sie
warfen mir Blicke zu, wenn sie mit schlurfenden Schritten wieder gingen.
Niemand sprach jetzt mehr, nicht einmal ein paar Worte. Ich versuchte jedoch
stets, Gerrard zuvorzukommen, denn ich hatte Angst, er würde wieder gehen, wenn
ich nach ihm käme, und mich allein zurücklassen, sodass ich mich in den Tunneln
verliefe.
    Einmal, als ich mein halbes Dutzend Äpfel
verzehrt hatte, stand ich in der Nähe des Eingangs und wartete, während Gerrard
sich an dem Stein versuchte, jedoch fünf- oder sechsmal versagte. Das machte keinen
Sinn. Er übte ohne Unterlass. Die meiste Zeit saß er mit geschlossenen Augen
auf seinem Bett und wiederholte die Atemmuster. Aber wenn er vor dem
geschliffenen Stein stand und seine Hände darauf presste, geschah nichts.
     
    NATÜRLICH LIESS ICH NIE WIEDER EINE GANZE KISTE ÄPFEL ENTSTEHEN. GEWÖHNLICH WAREN ES NUR fünf oder sechs der Früchte auf einmal.
Genug, um sie in den

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