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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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Richtung der Küche. »Somiss hat mir aufgetragen, acht
Tage lang zu fasten, um zu sehen, ob es sich bei mir ebenso auswirkt wie bei
ihm.«
    Sadima erhob sich und ging ihm wütend
hinterher. »Und hat es etwas verändert? Oder ist dir einfach nur schwindelig,
weil du nichts mehr gegessen hast?«
    »Interessant ist«, sagte er, während er
die Zwiebeln in die Brühe rührte, »dass man nach einer Weile einfach vergisst,
dass man hungrig ist.«
    »Wie lange ist es her, dass du zuletzt
etwas gegessen hast?«, fragte Sadima mit gedämpfter Stimme.
    Franklin lächelte. »Nur vier Tage. Und ich
bin versucht, jetzt eine Schale Suppe zu essen«, fügte er hinzu und machte eine
Geste in Richtung des dampfenden Kessels auf dem Herd. »Aber es ist, wie Somiss
es beschrieben hat. Meine Gedanken fliegen.«
    Sadima drängte ihn, sich hinzusetzen. Dann
schöpfte sie Suppe in zwei Schüsseln und bestrich das Brot mit Butter. »Bitte«,
sagte sie, als Franklin zu ihr aufsah. »Er wird erst wieder aus seinem Zimmer
kommen, wenn wir beide im Bett sind. Vorher kommt er nie.«
    Franklin starrte auf das Brot, dann nahm
er den Löffel und hob ihn an die Lippen, um einen winzigen Schluck Brühe zu
trinken.
    Sadima beugte sich über ihre eigene
Schüssel, denn sie hoffte, Franklin würde mehr zu sich nehmen, wenn sie ihn
nicht anstarrte. Es war ganz ruhig im Raum, und die leisen Essgeräusche in der
Stille erinnerten sie an ihren schweigenden Vater und ihr viel zu lautloses
Zuhause. Sie seufzte, denn sie vermisste Micah.
    »Erzähl mir von deinem Bruder«, sagte
Franklin.
    Sadima blickte erstaunt auf.
    Er zog den Kopf ein und flüsterte: »Als
ich noch jünger war, stand alles auf ziemlich wackeligen Beinen. Aber durch das
Wahrsagen bin ich inzwischen in Übung. Es ist ein Wort hier und dort, ein
Gefühl. Nicht mehr.«
    Sadima schüttelte den Kopf. »Aber ich
fühle mich …« Sie suchte nach Worten, die ihre Empfindungen beschreiben konnten.
»Es ist, als wenn du mich durch ein Fenster hindurch beobachten würdest, und
ich wüsste nicht, dass du dort draußen bist.«
    Diese Beschreibung traf ihn, das war zu
sehen. »Es tut mir leid. Wahrscheinlich unterscheidet es sich gar nicht sehr
von dem, was du mit den Tieren machst. Gerade eben konnte ich spüren, dass dir
das Gefühl der Stille vertraut ist, und ich habe seinen Namen erfahren. Das war
alles.«
    Sadima nickte langsam und wünschte sich,
er würde sich über den Tisch beugen und sie als Entschuldigung küssen. Aber das
tat er nicht, und sie begann sich zu fragen, ob es je wieder geschehen würde.
Und so berührte sie stattdessen seine Hand.
    »Versuche bitte, es nicht zu tun.«
    Er nickte und stierte wieder in seine
Suppe.
    »Ich vermisse Micah«, sagte sie, »aber er
würde mir dies hier nicht verzeihen.« Sie hob die Hände und machte eine Geste
in Richtung der Papierstapel am anderen Ende des Tisches und zu Somiss’ Zimmer,
in dem er saß und arbeitete, auf einfach alles. »Du kannst dir nicht vorstellen,
wie sehr er Magier hasste.«
    Franklin schlürfte die Brühe von seinem
Löffel. Sadima schob den Teller mit dem Brot näher zu seiner Hand, und
gedankenverloren griff er nach einem Stück.
    »Franklin.«
    Beim Klang von
Somiss’ Stimme drehten beide sich um. Sadima legte ihren Löffel
auf den Tisch und ließ den Blick zu Franklin wandern. Sein Gesicht war
fahl geworden.
    »Was machst du denn da?«, herrschte ihn
Somiss an. »Ich sagte doch acht Tage , oder etwa nicht?«
    Franklin starrte auf das Brot in seiner
Hand, ließ es fallen, als hätte er aus Versehen Hundedreck angefasst, und schob
die Schale fort. »Ich habe nur ein kleines bisschen davon gegessen, und …«,
setzte er an.
    Somiss trat näher, und seine Augen waren
unverwandt auf den krümelübersäten Tisch geheftet.
    »Ein bisschen!« Er griff nach der Schale und warf sie
gegen die Wand.
    »Warum sollte er hungern, nur weil du …«,
begann Sadima, brach aber rasch wieder ab. Es war nicht der Zorn auf Somiss’
Gesicht, der sie zum Innehalten zwang. Es war der gequälte Ausdruck in
Franklins Zügen. Sie stand aufund ging in die Küche. In der
Dunkelheit saß sie allein auf ihrem Deckenlager, die Arme um die Knie geschlungen,
und sie konnte Franklin sprechen hören. Seine Stimme war leise und ernst,
während die von Somiss kalt wie Wintereis war. Sie redeten noch immer, als sie
sich hinlegte und die Augen schloss. Es dauerte lange, bis sich in dieser Nacht
der Schlaf einstellte.

34
     
    MIT GESCHLOSSENEN AUGEN SASS

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