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Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)

Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)

Titel: Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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würde...
    Es wurde langsam hell. Die Sonne kroch über den Horizont und die Orientierung wurde etwas leichter.
    Und dann trafen wir wieder auf die Spuren.
    Tigerspuren.
    Wie aus dem Nichts.
    Wir folgten ihnen mehrere Stunden lang, und sie schienen immer zahlreicher zu werden. Erst waren es nur die Spuren von einer Handvoll Tieren, dann war der Schnee unter ihren Pranken regelrecht festgetreten.
    In der Ferne tauchten irgendwann die Umrisse von Gebäuden auf. Sie mußten zur Kolchose gehören.
    Die Tigerspuren führten genau darauf zu.
    Ich spürte meine Beine kaum noch. Tom nahm mich bei der Hand und zog mich mit sich. Ich hörte unseren Atem und das Knirschen des Schnees unter unseren Füßen. Sonst war da nur Stille. Eine unheilvolle Stille.
    Die Anspannung in mir wuchs.
    Der Schrecken von unserer ersten Begegnung mit den Uksaki saß mir noch in den Knochen. Und immer wieder sah ich die Szene in der Höhle vor mir. Ein Tiger, der mit aufgerissenem Maul auf Tom zusprang...
    Ich versuchte, nicht daran zu denken, und all meine Kraft dafür zu verwenden, den Gebäuden in der Ferne endlich näher zu kommen.
    Wir machten lediglich eine sehr kurze Pause
    zwischendurch. Dann ging es weiter.
    Wir erreichten die ersten Käfige, in denen früher Tausende Hermelinen gehalten worden waren, um im Anschluß an ihr kurzes Leben zu Pelzen verarbeitet zu werden. Jetzt waren sie leer. Der schneidende Nordwind, ließ die Gittertore auf-und zuschlagen. Ein metallisches, hartes Geräusch in einem unregelmäßigen Rhythmus, das uns schon aus weiter Entfernung begrüßte.
    Wir gingen an den Käfigen vorbei. Ein völlig verrosteter und von Schneemassen überhäufter Traktor aus volkseigener Produktion stand da, dessen Reifen keine Luft mehr hatten. Er wirkte wie ein Museumsstück aus einer anderen Zeit. Die Kolchose wirkte wie eine kleine Geisterstadt. Die Gebäude machten einen unbewohnten Eindruck. Hier und da waren Fensterscheiben nicht mehr intakt. Sowohl Lagerhäuser, als auch die Wohnhäuser der ehedem auf der Kolchose Beschäftigten wirkten schnell und lieblos dahingebaut. Zumeist waren sie aus Fertigteilen errichtet worden, durch die sich jetzt verzweigte Risse zogen.
    Wir folgten den Tigerspuren weiter.
    Zwischen zwei Lagerhäusern führte unser Weg hindurch und dann sahen wir Fahrzeuge. Lastwagen aus Armeebeständen zumeist.
    Und dann sahen wir, welches Drama sich hier abgespielt haben mußte.
    Ich blieb wie angewurzelt stehen.
    Das Grauen erfaßte mich.
    Ich fühlte, wie mir der Puls bis zum Hals schlug. Mindestens ein Dutzend regloser Gestalten lag im Schnee. Die Augen der Toten waren weit aufgerissen. Ein Blick, der das Entsetzen verriet, daß sie im Angesicht des Todes empfunden hatten. Manche von ihnen hielten noch mit beiden Händen eine Maschinenpistole umklammert. Es war offenbar auch geschossen worden, denn überall lagen Patronenhülsen im Schnee.
    Und zwischen den Toten waren unzählige Uksaki-Spuren...
    "Grauenhaft!" flüsterte ich. Tom legte mir den Arm um die Schulter.
    "Ich nehme an, bei diesen Männern handelt es sich um Wilderer", sagte er. "Aber warum haben die Uksaki sie getötet?"
    "Vielleicht aus Rache", meinte ich.
    "Für die getöteten Amur-Tiger?"
    "Ja, das wäre doch möglich!"
    Tom schüttelte den Kopf.
    "Nein, das glaube ich nicht. Seit langer Zeit gibt es hier Wilderer... Außerdem haben die Uksaki Jäger immer geachtet. Maguan hatte auch Tiger erlegt. Aber deswegen waren sie keineswegs zornig auf ihn. Die Jagd ist in ihren Augen etwas natürliches - wie hätten sie sie bei jemand anderem verurteilen können?"
    "Ich sehe da einen Unterschied", erwiderte ich.
    "In wie fern?"
    "Maguan war ein Jäger, der sich mit primitiven Waffen einem übermächtigen Gegner stellte. Aber diese Männer hier...", ich deutete auf die Toten, "...haben mit ihren modernen Schnellfeuerwaffen den Amur-Tiger derartig dezimiert, das er so gut wie ausgestorben ist. Mit einer Kalaschnikow auf eine Raubkatze zu schießen ist nun wirklich kein Heldenstück, sondern nur eine Schlächterei. Von diesen gräßlichen Fallen, die benutzt werden, um die Felle zu schonen, mal ganz abgesehen..."
    "Dennoch...", meinte Tom kopfschüttelnd. "Es muß noch einen anderen Grund dafür geben, daß diese Geister-Tiger offenbar Amok laufen..."
    *
    Für einen Moment hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Aber als ich mich herumdrehte, konnte ich nirgends jemanden sehen. "Was ist los?" fragte Tom.
    "Nichts..."
    Wir sahen uns noch etwas um. Von

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