Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
mit sich.
"Ich kann nicht mehr!" keuchte sie, als sie beinahe das Ende des Jahrmarktes erreicht hatten.
Der Skelettkrieger hatte sie fast eingeholt.
Linda stolperte.
Eric versuchte, sie hochzuziehen. Linda schluchzte auf. Und dann stand er ihnen in einer Entfernung von kaum mehr als zwei oder drei Metern gegenüber. Der Skelettkrieger hielt die Axt mit beiden Händen. Die Knochenhände klammerten sich um den dicken Stil, den er mit gespenstischer Leichtigkeit zu schwingen vermochte. Eine dämonische Kraft mußte es sein, die diese toten Knochen auf unheimliche Weise beseelten. Knochen, die niemals ihren Platz in einem menschlichen Körper gehabt hatten, sondern nichts als künstliche Nachbildungen waren... Der Skelettkrieger musterte Eric und Linda.
Er wartete.
Dann holte er mit seiner Axt zu einem furchtbaren Schlag aus. Die blutrote Waffe sauste durch die Luft. Das sirrende Geräusch war geeignet, einem die letzten Nerven zu zerfetzen. Der Skelettkrieger schnellte vor und griff an, während Lindas verzweifelter Schrei die Nacht erfüllte.
*
Ich erwachte schweißgebadet mitten in der Nacht. Der Mond schien hell durch das offene Fenster. Ich atmete tief durch und erinnerte mich nur noch undeutlich an die wirren Träume, die ich in den Stunden zuvor gehabt hatte.
Ich schlug die Bettdecke zur Seite und ging barfuß und im Nachthemd zum Fenster. Es war eine warme Sommernacht - und wenn das auch in den meisten Reiseführern verschwiegen wird, so etwas gibt es in London auch. Hin und wieder jedenfalls. Das typische Londoner Regenwetter hatte einem Hochdruckgebiet weichen müssen, das nun schon seit einer guten Woche einen Großteil der britischen Inseln fest in seinem Griff hielt. Ich atmete tief durch und blickte hinaus in den Garten. Und dabei dachte ich mit Schrecken daran, daß ich am nächsten Morgen früh aufstehen mußte. Ich war Reporterin bei den LONDON EXPRESS NEWS, und mein Chefredakteur würde wenig Verständnis dafür haben, wenn ich in der Redaktion vor dem eingeschalteten Computer einfach einschlief...
Geräusche ließen mich aufhorchen.
Schritte. Und dann...
Ein Knall!
So, als wäre irgendein Möbelstück umgestürzt. Es hörte sich furchtbar an. Die Geräusche waren aus dem Erdgeschoß dieser verwinkelten, im viktorianischen Stil errichteten Villa gekommen, die meiner Großtante Elizabeth Vanhelsing gehörte. Elizabeth - ich nannte sie Tante Lizzy - hatte mich nach dem frühen Tod meiner Eltern bei sich aufgenommen. Sie war für mich in all den Jahren wie eine Mutter gewesen. Und selbst jetzt, als berufstätige junge Frau von 26 Jahren wohnte ich ich noch immer in diesem alten Gemäuer. Das Verhältnis zu Tante Lizzy hatte sich natürlich in all den Jahren erheblich gewandelt. Inzwischen war sie weniger Mutterersatz als vielmehr eine verständnisvolle Freundin und Helferin. Als Reporterin war mein Spezialgebiet das Übersinnliche und alles, was mit außergewöhnlichen, unerklärlichen Phänomenen zu tun hatte. Und da Tante Lizzy eine ausgewiesene Okkultismus-Spezialistin war, deren Privatsammlung von Schriften und Presseartikeln auf diesem Gebiet ihresgleichen suchte, hatte sie mir des öfteren bei Recherchen helfen können.
Mein Name ist Patricia Vanhelsing und – ja, ich bin tatsächlich mit dem berühmten Vampirjäger gleichen Namens verwandt. Weshalb unser Zweig der Familie seine Schreibweise von „van Helsing“ in „Vanhelsing“ änderte, kann ich Ihnen allerdings auch nicht genau sagen. Es existieren da innerhalb meiner Verwandtschaft die unterschiedlichsten Theorien. Um ehrlich zu sein, besonders einleuchtend erscheint mir keine davon. Aber muß es nicht auch Geheimnisse geben, die sich letztlich nicht erklären lassen?
Eins können Sie mir jedenfalls glauben: Das Übernatürliche spielte bei uns schon immer eine besondere Rolle. In meinem Fall war es Fluch und Gabe zugleich.
Offenbar ist Tante Lizzy noch auf! ging es mir durch den Kopf. Ich hoffte nur, daß ihr nichts passiert war. Immer noch barfuß ging ich die Treppe ins Erdgeschoß
hinunter.
Meine, in der oberen Etage gelegenen, Räume waren in diesem Haus gewissermaßen eine okkultfreie Zone. Der Rest der Vanhelsing-Villa wurde von Unmengen von staubigen, ledergebundenen Folianten eingenommen, die dicht gedrängt in den Regalen standen. Uralte, geheimnisvolle Schriften waren darunter, Bücher mit magischen Beschwörungsformeln und okkultem Geheimwissen, das Jahrhunderte lang nur innerhalb kleiner Zirkel weitergegeben
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