Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
es.
"Tom...", begann ich irgendwann.
"Ja?"
"Die Tatsache, daß du dich in Darrenby und Umgebung so auskennst... Hat sie etwas mit deiner Fähigkeit zu tun, dich an frühere Leben zu erinnern?"
Längst hatte ich es geahnt. Im Grunde war ich mir bereits so gut wie sicher.
"Du weißt, daß ich über diesen Punkt nicht gerne rede..."
"Ich möchte es wissen."
"Die Erinnerung ist schmerzhaft, Patti. Ich versuche die Bilder zu verdrängen, die aus den Tiefen der Vergangenheit aufsteigen. Die Konzentrationstechniken der Mönche von Pa Tam Ran helfen mir dabei, alles unter Kontrolle zu halten..." Er atmete tief durch und nickte dann. "Ich habe hier schon einmal gelebt", gab er dann zu.
"Wann?" fragte ich.
"Vor sehr langer Zeit... Vor fast 400 Jahren! Aber sowohl den Darrenby Inn als auch das Gebäude, zu dem wir jetzt fahren, gab es damals schon. Das Haus mit den drei Giebeln gehörte dem damaligen Grundherrn dieser Gegend, Lord Barnstoke..".
"Wer warst du?" fragte ich.
"Niemand besonderes", erwiderte Tom. "Ein Stallbursche bei seiner Lordschaft!" Er schluckte. "Ich wurde nicht besonders alt..." Toms Stimme wurde etwas belegt. "Die Pest raffte mich 1621 dahin, wie so viele andere auch..." Er schwieg und schien auch nicht weiter darüber sprechen zu wollen.
"Ist es noch weit?" fragte ich irgendwann in die Stille hinein.
"Nein, Patti..."
*
Die Männer standen unweit des Ortsschildes von Darrenby auf der Straße. Die Wagen hatten sie an der Seite abgestellt. Manche von ihnen waren auch zu Fuß. Nebelschwaden krochen von den Wiesen heran.
Wie kriechende graue Ungetüme.
Raben krächzten aus der farblosen Einöde heraus. Ihre durchdringenden Schreie klangen gespenstisch.
Die Männer machten ziemlich ernste Gesichter.
Sie waren etwa ein Dutzend.
"Wir haben uns in der Umgebung umgesehen, George...", sagte einer von ihnen.
George sah den etwas untersetzt wirkenden Sprecher an.
"Und?"
"Komm..."
"Red schon, Barry!" fauchte George. In seinen Augen glomm die blanke Verzweiflung. Seine Stimme vibrierte vor bloßer Furcht.
Barry schüttelte den Kopf. Er schluckte und seine Augen waren vor Schreck geweitet.
"Das mußt du dir schon selbst ansehen, George!" George sah sein Gegenüber durchdringend an, dann nickte er. Stumm folgten sie Barry. Sie verließen die Straße, stapften eine Böschung hinab und übersprangen einer nach dem anderen einen tiefen Graben, auf dessen
Wasseroberfläche sich eine Schicht aus grünen Algen abgesetzt hatte.
Dann gingen sie durch das knietiefe Gras.
Bis sie wenig später eine tiefe Furche erblickten. Sie zog sich mitten durch den Boden und legte den meterlangen Wurzelstrang eines Baumes frei, der sich ganz in der Nähe befand. Es war ein etwas verwachsener, gedrungener Baum. Ein Blitzeinschlag vor zwanzig Jahren hatte ihn ziemlich deformiert.
Barry deutete auf eine andere Stelle auf der Wiese und meinte: "Wegen des hohen Grases kann man das im Moment nicht sehen, aber dahinten zieht sich eine weitere Furche durch den Boden..."
George ballte die Hände zu Fäusten.
Sein Gesicht war völlig bleich.
"Wir sind zu spät gekommen", erklärte er. Barrys war beinahe sprachlos. "Du meinst..."
"Es kann keinen Zweifel daran geben, Barry!" murmelte George düster. "Das Böse war bereits hier... Und es befindet sich jetzt im Dorf..."
Einer der anderen Männer deutete auf den verkrüppelten Baumstamm.
"Glaubst du, es ist noch dort?"
George trat einen Schritt auf den Baumstamm zu. Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, seine Augenbrauen bildeten eine angestrengt wirkende Schlangenlinie. Dann schüttelte er den Kopf.
"Nein, das wäre zu schön, um wahr zu sein... In dem Fall könnten wir eventuell noch etwas tun. Aber es sieht so aus, als wäre es bereits aus diesem Baum herausgefahren..." Einige Momente lang herrschte betretenes Schweigen.
"Was geschieht jetzt?" fragte Barry.
"Ich weiß es nicht..", murmelte George.
"Das muß dieser verdammte Meany gewesen sein!" rief ein anderer Sprecher. "Wir sollten dafür sorgen, daß er keinen Schaden mehr anzurichten in der Lage ist..."
"Vielleicht ist es schon zu spät...", murmelte George. Schaudern klang aus seiner Stimme heraus. Er wandte sich mit einer weit ausholenden Geste an die anderen. "Holt die Pfähle!" rief er. "Wir müssen die Lücke in dem magischen Schutzwall um Darrenby schließen!"
Keiner der Männer hatte bemerkt, daß sich in der Furchen etwas bewegt hatte...
Ganz langsam war ein wurmartiges Gebilde aus der Erde
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