Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
gesehen oder sich nur von den äußeren Effekten blenden lassen?"
"Erklären Sie es mir!" verlangte ich.
"Später", erwiderte er. "Ich habe jetzt zu tun. Gehen Sie jetzt!"
"Nein, damit werde ich mich nicht zufrieden geben!"
"Das ist mir gleichgültig. Ich werde Ihnen alles erklären, aber im Moment muß ich Vorbereitungen treffen!"
"Vorbereitungen wofür?" fragte ich.
"Für die endgültige Konfrontation mit den Mächten des Bösen... Den Quantanii!"
"Sie glauben, daß dieses Etwas, das im Baum lauerte..."
"Sie selbst haben diesen Begriff erwähnt, Miss Vanhelsing. Ich nehme daher an, daß Sie wissen, worum es sich dabei handelt..."
"Nur in Ansätzen. Ich habe in Ihren Schriften gelesen..." Meany lachte heiser.
"Mein Buch über Exorzismen, ich weiß. Aber es sind Jahre her, seit ich es schrieb. Und heute weiß ich ungleich mehr über die Natur dieser gespenstischen Schatten aus dem Reich der Toten... Das Übel kommt an die Oberfläche! Und das bedeutet, daß man es nun endlich auch wirklich bekämpfen kann..."
"Das, was wir gesehen haben war Ihrer Meinung nach - ein Quantanii?"
"Ja."
"Was ist gerade geschehen? Hat der Quantanii von einem Menschen Besitz ergriffen?"
"Vielleicht begreifen Sie doch mehr, als ich für möglich hielt, Miss Vanhelsing!"
Ich sah Meany an und stellte dann fest: "Sie glauben, daß
Malldoon besessen ist, nicht wahr?"
Er gab mir darauf keine Antwort.
"Gute Nacht", murmelte er. "Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf... Verschwinden Sie fürs erste aus der Gegend..."
"Aber..."
"...bis alles vorbei ist!"
Und damit drehte er sich herum und schritt zusammen mit Rupert über die Türschwelle seines Landhauses, das er unter so eigenartigen Umständen geerbt hatte.
Die schwere Holztür schloß sich hinter uns.
*
Tom und ich standen draußen in der Nacht. Die
Nebelschwaden hatten sich nach und nach immer mehr dem Haus genähert. Ein unwirtlicher Anblick.
"Was glaubst du, was er vor hat?" fragte Tom.
"Ich wage kaum, mir das vorzustellen", erwiderte ich. Er sah mich an.
"Du denkst, daß er versuchen wird, diesen Malldoon in die Hände zu bekommen..."
"... um mit ihm dasselbe Ritual zu vollführen, daß Edgar Blackwell und die letzte Besitzerin dieses Landhauses tötete!" vollendete ich düster.
Tom zuckte die Achseln. "Wer weiß, ob die beiden dieses Ritual wirklich so freiwillig über sich ergehen ließen, wie dieser selbsternannte Reverend uns das glauben machen will!
Wer weiß? Vielleicht hat dieser Rupert mit seiner Doppelläufigen etwas Überzeugungsarbeit geleistet..."
"Wie auch immer..."
"Es wird Zeit, daß wir mit der Polizei sprechen."
"Alles, was wir denen sagen könnten, würde uns selbst nur in die Gefahr bringen, einer langwierigen psychiatrischen Untersuchung ausgesetzt zu werden, Tom."
Vorsichtig stiegen wir die steinernen Stufen des Portals hinab. Die heraufwuchernden Wurzelarme hatten sich nicht mehr bewegt. Das Bild, das sich uns bot, wirkte jetzt so, als hätte eine riesenhafte, unsichtbare Hand diesen Wurzelstrang aus der Erde herausgerissen, ohne ihn dabei an irgendeiner Stelle zu beschädigen.
Ein bizarrer Anblick.
Tom nahm die Kamera und machte ein paar Fotos davon. Wir stiegen über die Wurzeln und die Furche hinweg. Ich warf einen angstvollen Blick hinüber zu dem knorrigen Baum, der dastand, als habe dieses unheimliche Wesen niemals in ihm gewohnt. Die Blätter raschelten nicht, kein Ast rührte sich.
Außer der Furche, die sich durch den gepflasterten Vorplatz zog, war keine Spur dessen, was geschehen war, noch zu sehen.
Ich griff nach Toms Hand und drückte sie.
Er legte zärtlich den Arm um meine Schulter.
"Ich habe so etwas noch nie zuvor gesehen!" murmelte er.
"Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere moderne Wissenschaft für wahr halten will!" erwiderte ich, noch immer unter dem Endruck dessen, was geschehen war.
"Daran habe ich nie gezweifelt..."
"Ich weiß, Tom."
"Und doch komme ich mir vor, als müßte ich jeden Augenblick aus diesem Alpraum erwachen."
"Komm", sagte ich. "Laß uns fahren."
"Okay."
In diesem Augenblick sah ich wieder den Wald vor mir... Jenen Wald aus meiner ersten Vision. Er war voll von knorrigen , verwachsenen Bäumen. Ich sah auch wieder einen Halbkreis dieser Schutzpfähle, die die Menschen dieser Gegend offenbar benutzten, um den Einfluß der Quantanii einzu-zudämmen.
Aber diese Pfähle lagen auf dem Boden...
Vor ihnen lag ein kleiner Stein auf dem Boden. Er schien auf
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