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Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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aus unvergänglichem Stein begonnen werden.«
    Er schlug Iosefos vor, sich zumindest als Unterbaumeister zu bewerben. Von irgendetwas müsste er schließlich seine Tochter und sich selbst ernähren.
    Ernähren, dachte Iosefos, worauf habe ich mich nur eingelassen? Ich hätte in Bagdad bleiben sollen, sorgenfrei in meinem schönen Haus mit dem kleinen Säulengang und dem beruhigenden Wassergeplätscher im Becken des schattigen Atriums. Was nur hat mich aus der Welt des Wohlbehagens, der schönen klaren Formen, der betörenden Düfte und farbenfreudigen Helligkeit gerissen? Warum musste ich in meinem Alter mit meinem schwierigen Kind ausgerechnet in diesem abscheulich stinkenden, düsteren und unwirtlichen Aachen stranden? Würde der Kalif bestrebt sein, auf den König dieses Landes Eindruck zu machen, wenn er wüsste, wie karg, derb, dürftig und übelriechend es sich darstellte? Nicht einmal Ezra könnte die unbeschreibliche Trostlosigkeit dieser formenlosen Barbarenwelt in Bildern einfangen.
    Im Vergleich dazu erschien Iosefos selbst das heutige Konstantinopel wie ein Paradies der Zivilisation. Immerhin legten dort noch prächtige Bauwerke Zeugnis von einer ruhmreichen Vergangenheit ab. Von der einstigen Römersiedlung Aachen war hingegen nur noch das Geviert ordentlich angelegter, aber schlecht instand gehaltener Straßen zu erkennen. Sie wurden von Ansammlungen armseliger Holzhütten, mangelhaft geflickter römischer Steinruinen und langer Grubenhäuser gesäumt, zwischen die sich stabiler aussehende Fachwerkhäuser geschmuggelt hatten. Zudem hatte man die neue Pfalzanlage unverständlicherweise quer und schräg mitten hineingesetzt. Ihre Anordnung widersprach allem, was Verstand und Auge des Städtebauers sinnvoll erschien. Warum hatte man sich nicht an die Vorgaben des Geländes und des römischen Gefüges gehalten? Fürchterliche Architekten sind hier am Werk gewesen, dachte Iosefos, der Isaak kaum zuhörte.
    »Wer weiß«, sagte der Fernhändler, »wenn der König dein Genie erkennt, schickt er vielleicht seinen Baumeister Odo in die Wüste.«
    In die Iosefos selbst jetzt liebend gern zurückgekehrt wäre. Er stutzte.
    »Etwa Odo von Metz?«, fragte er heiser.
    »Du kennst ihn? Umso besser!«, rief der Jude. »Dann weiß er, was du kannst, und ihr werdet hier ein gutes Auskommen finden.«
    Iosefos war sehr bleich geworden.
    Isaak zog die Mundwinkel herunter und sagte leise: »Aha. Dieser Odo weiß wohl auch, wie dein Lehrer, der so hoch gepriesene Markarios, in Konstantinopel zu Tode gekommen ist?«
    »Das weiß nur ich«, gab Iosefos leise eine spärliche Information preis. »Wir reisen augenblicklich ab.«
    »Lauf nur immer weiter vor deiner Vergangenheit davon«, bemerkte Isaak, »vielleicht hast du ja Lust, mit mir nach China zu ziehen? Da braucht man bestimmt auch Baumeister. Du bist ein alter egoistischer Mann, Yussuf, lass deine Tochter doch mal irgendwo zur Ruhe kommen. Bei all der Reiserei fällt das arme Mädchen ja vom Fleische.«
    Er nickte zu Ezra hin, die nahe ihnen am Rande der Absperrung stand und in sich versunken auf die unbebaute, glatt gewalzte Fläche neben der Kapelle starrte. Wie so oft schien sie die Welt um sich herum nicht wahrzunehmen, sondern in ihrer ganz eigenen zu leben.
    »Hüte deine Zunge«, sagte Iosefos zu Isaak. »Ich habe keine Tochter, merk dir das!«
    Isaak führte sie zu einer Unterkunft.
    »Ich konnte für euch so schnell nichts Besseres finden«, entschuldigte er sich, als er im Handwerkerdorf nahe der riesigen Baustelle mit ihnen ein fensterloses Holzhaus betrat. »Ins Haus meines Glaubensbruders kann ich euch leider nicht mitnehmen.«
    Stickige Luft schlug ihnen entgegen, Ausdünstungen von Menschen und Tieren, die hier auf kleiner Fläche zusammengepfercht waren und deren Lärmen an das dumpfe Muhen von Kühen in einem viel zu engen Stall gemahnte.
    Fest Dunjas Hand drückend, wich Ezra zurück. Sie weigerte sich, eine Unterwelt zu betreten, die so stank und aussah, wie arabische Märchen die Hölle schilderten. Ein paar wenige Kienspäne warfen ein gespenstisches Licht auf Menschen, die sich an einem langen Tisch in der Mitte des Raumes drängten. Um sie herum wogten Leiber. Schatten taumelten an den Wänden, als wollten sie aus ihnen hervortreten und über die auf der Erde lagernden Männer, Frauen und Kinder herfallen, die sich kaum rührten, wenn sie in dieser infernalischen Enge gestoßen oder getreten wurden. Ein paar magere Hunde schlichen auf der Suche nach

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