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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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dicht folgen dürfen, Leutnant, aber wir werden ihr folgen, und Ihr werdet im Mittelpunkt dieser Entwicklung stehen. Ich habe angenommen - aber vielleicht habe ich mich ja auch geirrt -, dass Ihr wünschen würdet, dabei zu sein, Zeuge zu sein, wenn die Zeit der Rache endlich gekommen ist. Habe ich mich geirrt? Vielleicht habt Ihr genug gesehen und wünscht Euch nur, endlich zur Normalität zurückzukehren.«
    Er schloss die Augen. »Ich würde gerne dabei sein, wenn es so weit ist, Mandata.«
    Sie schwieg, und er musste nicht die Augen öffnen, um zu wissen, dass sie ihn musterte, seinen Wert abschätzte. Er war längst darüber hinaus, Unbehagen zu empfinden oder sich Sorgen zu machen. Er hatte seinen Wunsch geäußert; nun lag die Entscheidung bei ihr.
    »Wir werden langsam vorgehen. In wenigen Tagen werdet Ihr Euren neuen Posten antreten. Kehrt in der Zwischenzeit ins Haus Eures Vaters zurück. Ruht Euch etwas aus.«
    Er öffnete die Augen und stand auf. Als er bereits bei der Tür war, fügte sie noch etwas hinzu. »Ich vertraue darauf, dass Ihr Euren Auftritt in der Thronhalle nicht wiederholen werdet, Leutnant.«
    »Ich glaube kaum, dass ich beim zweiten Mal wieder so viele Lacher bekommen würde, Mandata.«
    Als er die Treppe erreichte, hörte er aus dem Raum hinter sich ein Geräusch - eine Art Husten. Es war nur schwer vorstellbar, dass es etwas anderes gewesen sein könnte.
    Während er sein Pferd durch die Straßen von Unta lenkte, fühlte er sich innerlich wie betäubt. Die vertraute Umgebung, die wimmelnde, endlose Menschenmenge, der Zusammenprall der verschiedensten Stimmen und Sprachen, all das erschien Paran merkwürdig, irgendwie verändert... Es lag nicht an dem, was er sah, es lag in ihm, in ihm, an einem Punkt irgendwo zwischen seinen Augen und seinem Denken. Nicht die Dinge hatten sich verändert - er hatte sich verändert, er ganz allein. Er fühlte sich wie ein Ausgestoßener.
    Der Ort war immer noch derselbe; das Treiben um ihn herum war genauso, wie es immer gewesen war, und selbst daran, dass alles an ihm vorbeiglitt, hatte sich nichts geändert. Es war das Geschenk seines adligen Blutes, das die Welt auf Distanz hielt, damit er sie aus einer nicht von den Gewöhnlichen befleckten oder bedrängten Position heraus betrachten konnte. Ein Geschenk... und ein Fluch.
    Jetzt allerdings bewegte er sich ohne die Wachen seiner Familie unter ihnen. Die Macht des Blutes war dahin, und die einzige Rüstung, die er jetzt noch besaß, war die Uniform, die er trug. Kein Handwerker, kein Straßenhändler, kein Kaufmann, sondern ein Soldat. Eine Waffe des Imperiums, von denen das Imperium zehntausende besaß.
    Er ging durch das Zollrampentor und weiter die Marmorhangstraße entlang, in der die ersten Herrenhäuser der Händler standen, ein Stück zurückgesetzt von der gepflasterten Straße und halb hinter Grundstücksmauern verborgen. Das farbenfrohe Laub der Gärten vermischte sich mit den ebenfalls in leuchtenden Farben gestrichenen Mauern; das Gedränge auf der Straße nahm ab, und private Wachen standen vor den Torbögen. Die Luft war immer noch schwül, aber sie roch nicht mehr nach Abwasser und verfaulendem Gemüse; sie trug manchmal den Duft von Blumen und den kühlen Hauch eines den Blicken verborgenen Springbrunnens auf die Straße.
    Die Gerüche seiner Kindheit.
    Die Güter wurden größer, je tiefer er sein Pferd in das Adelsviertel lenkte. Man hatte sich den Platz zum Atmen durch die Geschichte und klingende Münze erworben. Das Imperium schien hinwegzuschmelzen, eine Sache von entferntem, weltlichem Belang zu werden. Die Familien hier konnten ihre Ahnenreihe über sieben Jahrhunderte zurückverfolgen, bis zu jenen berittenen Stammeskriegern, die als Erste aus dem Osten in dieses Land gekommen waren. Mit Feuer und Schwert - wie immer - hatten sie die Vettern der Kanesen unterworfen, die ihre Städte entlang der Küste errichtet hatten. Erst Reiterkrieger, dann Pferdezüchter und schließlich Händler, die mit Wein, Bier und Stoffen handelten. Einst alter Schwertadel, jetzt ein Adel des gehorteten Goldes, ein Adel der Handelsabkommen, der subtilen Machenschaften und heimlichen Korruption in vergoldeten Zimmern und von Öllampen beleuchteten Korridoren.
    Paran hatte gedacht, der Weg, den er einschlagen wollte, würde einen Kreis schließen, würde die Rückkehr zur Klinge bedeuten, mit der seine Familie ihren Aufstieg einst, vor all jenen Jahrhunderten, stark und stürmisch begonnen hatte. Sein

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