Die Gärten des Mondes
Vater hatte ihn dafür verflucht.
Er kam zu einem vertrauten Seiteneingang, einer einzelnen Tür in einer Seitenmauer, die auf eine schmale Gasse hinausführte, die in einem anderen Teil der Stadt als breite Straße gegolten hätte. Hier gab es keine Wache, nur einen dünnen Glockenzug für die Türglocke, die er zweimal läutete.
Paran wartete allein in der Gasse.
Ein Riegel wurde zur Seite geschoben, und eine Stimme murmelte einen Fluch, als die Tür in quietschenden Angeln aufschwang.
Überrascht starrte Paran auf ein ihm völlig unbekanntes Gesicht hinab. Der Mann war alt und voller Narben, und er trug ein häufig ausgebessertes Kettenhemd, das ihm bis zu den Knien reichte. Sein an einen Kochtopf erinnernder Helm trug die Spuren halbwegs beseitigter Dellen, glänzte jedoch frisch poliert.
Der Mann betrachtete Paran aus wässrigen grauen Augen von oben bis unten und knurrte: »Der Wandteppich lebt.«
»Wie bitte?«
Der Wächter drückte die Tür noch weiter auf. »Er ist natürlich älter, aber die Züge sind die gleichen. Ein guter Künstler; er hat die Art zu stehen, den Ausdruck und all das gut getroffen. Willkommen zu Hause, Ganoes.«
Paran führte sein Pferd durch den engen Eingang. Links und rechts erhoben sich die Mauern zweier Außengebäude des Herrensitzes, während über ihren Köpfen ein Stück Himmel zu sehen war.
»Ich kenne dich nicht, Soldat«, sagte Paran. »Aber es scheint, als hätten sich die Wachen mein Porträt genauestens eingeprägt. Dient es jetzt als Läufer in euren Unterkünften?«
»So in etwa.«
»Wie ist dein Name?«
»Gamet«, antwortete der Wächter; er hatte mittlerweile die Tür wieder geschlossen und verriegelt und kam jetzt hinter dem Pferd her. »Ich stehe seit drei Jahren in den Diensten Eures Vaters.«
»Und was hast du davor getan, Gamet?«
»Das ist eine Frage, die sich nicht stellt.«
Sie erreichten den Hof. Paran blieb stehen und musterte den Wächter sorgfältig. »Mein Vater ist normalerweise sehr gründlich darin, die Vergangenheit derjenigen zu erforschen, die in seine Dienste treten.«
Gamet grinste und entblößte dabei zwei Reihen strahlend weißer Zähne. »Oh, das hat er auch getan. Und hier bin ich. Ich nehme an, meine Vergangenheit war nicht allzu unehrenhaft.«
»Du bist ein Veteran.«
»Hier, Herr, ich nehme Euer Pferd.«
Paran gab ihm die Zügel und schaute sich auf dem Hof um. Er wirkte kleiner, als er ihn in Erinnerung hatte.
Der alte Brunnen, der noch von jenem namenlosen alten Volk stammte, das vor den Kanesen hier gelebt hatte, sah so aus, als könnte er jeden Augenblick in einer Staubwolke in sich zusammenfallen. Kein Handwerker würde die uralten, behauenen Steine neu vermauern, aus Angst vor dem Fluch in ihrem Schlaf gestörter Geister. Unter dem Herrenhaus selbst gab es ähnliche Steine, die ohne Mörtel aufeinander geschichtet waren, ganz unten, in den vielen Räumen und Tunneln, die zu verwinkelt, verschlungen und ungleichmäßig waren, um sie zu nutzen.
Diener und Gärtner liefen im Hof hin und her. Keiner von ihnen hatte Parans Ankunft bis jetzt bemerkt.
Gamet räusperte sich. »Euer Vater und Eure Mutter sind nicht hier.«
Paran nickte. Sie würden sich auf Emalau, dem Landsitz, um die Fohlen kümmern.
»Aber Eure Schwestern sind hier«, fuhr Gamet fort. »Ich werde die Hausdiener beauftragen, Euer Zimmer vorzubereiten.«
»Das ist also immer noch so wie früher?«
Gamet grinste schon wieder. »Nun, abgesehen von den zusätzlichen Möbeln und Fässern ... Jedes bisschen Stauraum ist wichtig, wie Ihr wisst...«
»Wie immer.« Paran seufzte und wandte sich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, dem Hauseingang zu.
Parans Schritte hallten laut durch die Festhalle, als er auf die lange Tafel zuschritt. Katzen huschten über den Fußboden, stoben bei seinem Näherkommen davon. Er öffnete die Schließe seines Umhangs und warf ihn über eine Stuhllehne; dann ließ er sich auf eine Bank fallen und lehnte den Rücken an die holzgetäfelte Wand. Er schloss die Augen.
Nur wenige Minuten waren vergangen, da erklang die Stimme einer Frau. »Ich habe gedacht, du bist in Itko Kan.«
Er öffnete die Augen. Seine Schwester Tavore - sie war ein Jahr jünger als er - stand am Kopfende der Tafel; eine Hand ruhte auf der Rückenlehne des Stuhls, auf dem ihr Vater immer saß. Sie war so unscheinbar wie immer, mit ihren blutleeren Gesichtszügen und ihrem rötlichen Haar, das sie kürzer trug, als es der Mode entsprach. Sie war
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