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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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war wahrscheinlich das Beste, Hauptmann.«
     
    Die schwarz lackierte, von zwei braunen Hengsten gezogene Kutsche bewegte sich langsam durch das Gedränge. Ein Dutzend Fuß voraus marschierten zwei Mitglieder von Baruks Hausgarde und schufen in der Mitte der Straße eine Gasse - wenn notwendig auch mit ihren dick umwickelten Waffen, sofern Rufe und Flüche allein nicht ausreichten.
    Im Innern der Kutsche kam der Lärm von draußen dank der schalldämmenden Zaubersprüche des Alchemisten nur gedämpft an, erinnerte fast an das Anschwellen und Abebben entfernter Gezeiten. Baruk saß stumm da; das Kinn war ihm auf die Brust herabgesunken, und seine halb geschlossenen Augen, die versteckt im Schatten lagen, musterten den Tiste Andii, der ihm gegenübersaß. Rake hatte kein Wort gesprochen, seit er kurz vor dem geplanten Aufbruch zu Baruks Herrenhaus zurückgekehrt war.
    Baruks Kopf hämmerte. Zauberei ließ die Hügel im Osten erzittern, sandte wellenförmige Erschütterungen aus, die jeden Magier in Reichweite wie eine gepanzerte Faust trafen. Er kannte ihre Quelle nur zu gut. Das Wesen aus dem Hügelgrab kam näher, und es musste sich jeden Schritt gegen Anomander Rakes Tiste Andii erkämpfen. Es schien, als wäre Mammots Vorhersage zu optimistisch gewesen. Ihnen blieben nicht Tage, ihnen blieben nur noch Stunden.
    Und doch, trotz der miteinander ringenden Gewirre, trotz der Tatsache, dass die Kräfte des Jaghut-Tyrannen denen von Rakes Magiern überlegen waren, dass der Bewohner des Hügelgrabs immer näher kam - unbarmherzig, unaufhaltsam, ein anschwellender Sturm von Omtose-Phellack-Zauberei -, saß der Lord von Mondbrut entspannt in den Polstern, die Beine weit von sich gestreckt und die behandschuhten Hände in den Schoß gelegt. Die Maske, die neben ihm auf dem Samtpolster lag, war hervorragend gearbeitet, wenn auch grässlich anzusehen. Zu einem besseren Zeitpunkt wäre Baruk erheitert gewesen, hätte die Handwerkskunst bewundert, doch wenn er sie jetzt ansah, war seine einzige Reaktion Argwohn. Die Maske barg ein Geheimnis, etwas, das von jenem Mann zeugte, der sie tragen würde. Doch dieses Geheimnis entzog sich Baruk.
     
    Turban Orr rückte seine Falkenmaske zurecht und blieb kurz am Fuß der breiten Stufen stehen, die zum Haupteingang des Herrenhauses führten. Er hörte eine weitere Kutsche am Tor ankommen und drehte sich um. Vom Eingang in seinem Rücken her erklang das Geräusch von Schritten.
    Und dann hörte er Lady Simtals Stimme. »Es wäre mir lieber gewesen, Ihr hättet einem meiner Diener erlaubt, mich von Eurer Ankunft in Kenntnis zu setzen, Ratsherr Orr. So gestattet mir zumindest das Privileg, Euch in die große Halle zu geleiten.« Sie hakte sich bei ihm unter.
    »Einen Augenblick«, murmelte er, den Blick auf die Gestalt gerichtet, die gerade aus der Kutsche stieg. »Das ist die Kutsche des Alchemisten, aber das da ist doch wohl kaum Baruk, oder etwa doch?«
    Lady Simtal schaute hinüber. »Beim entfesselten Trake!«, keuchte sie. »Wer könnte das sein?«
    »Baruks Gast«, erwiderte Orr trocken.
    Simtal umklammerte seinen Arm so fest, dass es schmerzte. »Ich weiß von seinem Vorrecht, Ratsherr. Sagt mir, habt Ihr den da schon einmal zuvor gesehen?«
    Orr zuckte die Schultern. »Er ist maskiert. Woher soll ich das wissen?«
    »Wie viele Männer kennt Ihr, Turban, die sieben Fuß groß sind und ein Zweihand-Schwert auf dem Rücken tragen?« Sie blinzelte. »Glaubt Ihr, dass die weißen Haare zur Maske gehören?«
    Ratsherr Orr antwortete nicht. Er sah zu, wie Baruk nach dem Fremden ausstieg. Die Maske des Alchemisten war eine konservative, mit silbernen Einlegearbeiten verzierte Halbmaske, die nur den oberen Teil seines Gesichts bedeckte. Eine offensichtliche Aussage, die jede Art von Doppelzüngigkeit zurückwies. Turban Orr grunzte. Er wusste genau, dass seine Vermutung, was den Einfluss und die Macht des Alchemisten anging, richtig war. Seine Blicke kehrten zu dem Fremden zurück. Er trug die Maske eines schwarzen Drachen, die Konturen von feinen Silberlinien betont; irgendwie wirkte der Gesichtausdruck des Drachen ... gerissen.
    »Nun?«, sagte Lady Simtal. »Wollen wir die ganze Nacht hier draußen herumstehen? Wo ist übrigens Eure liebe Frau?«
    »Sie ist krank«, erwiderte er beunruhigt. Er lächelte sie an. »Wollen wir uns mit dem Gast des Alchemisten bekannt machen? Und habe ich Euch schon ein Kompliment über Euer Kostüm gemacht?«
    »Nein, das habt Ihr bisher noch nicht

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