Die Gärten des Mondes
Die Imperatrix erwartet Gehorsam von ihren Dienern, und sie fordert Loyalität.«
»Jeder vernünftige Herrscher würde es genau andersrum machen -das Erste fordern und das Zweite erwarten.«
Toppers Mund war jetzt nur noch ein dünner Strich. »Übernehmt das Kommando über den Trupp, bleibt in der Nähe der Rekrutin, aber tut nichts, was ihren Verdacht erregen könnte. Wenn Ihr dort seid, werdet Ihr erst einmal warten müssen. Habt Ihr das verstanden?«
Paran ließ den Blick schweifen, bis er am Bullauge hängen blieb. Dahinter war blauer Himmel zu sehen. Es gab einfach zu viele Lücken, zu viele Halbwahrheiten und zu viele ganz offensichtliche Lügen in diesem ... diesem chaotischen Durcheinander. Was werde ich tun, wenn es so weit ist? Die Rekrutin muss sterben, das zumindest
ist sicher. Aber die anderen? Ich erinnere mich an dich, Elster, ich erinnere mich daran, wie groß und beeindruckend du ausgesehen hast, und in meinen Traumen habe ich diesen Albtraum niemals vorhergesehen. Werde ich meine Hände mit deinem Blut besudelt haben, wenn das alles vorbei ist? Mittendrin im Geschehen, das wurde ihm plötzlich klar, wusste er nicht mehr, wer hier wirklich die Fäden in der Hand hatte und die anderen verriet oder verraten wollte - falls es so jemanden überhaupt gab. War die Imperatrix das Imperium? Oder war das Imperium etwas anderes, ein Vermächtnis, ein Ziel, eine Vision von Frieden und Wohlstand für alle? Oder war es eine Bestie, die einfach den Hals nicht voll bekommen konnte? Darujhistan - die größte Stadt der Welt. Würde sie in Flammen stehend dem Imperium einverleibt werden? War es weise, die Stadttore zu öffnen? Innerhalb der unruhigen Grenzen des Imperiums von Malaz lebten die Menschen in einem Frieden, wie ihn sich ihre Vorfahren niemals hätten vorstellen können; wenn die Klaue und die endlosen Kriege in den fernen Ländern nicht wären, gäbe es auch Freiheit. War das der Traum, den der Imperator anfangs geträumt hatte? Spielte das überhaupt noch irgendeine Rolle?
»Habt Ihr meine Anordnungen verstanden, Hauptmann?«
Er sah den Meister der Klaue an und wedelte mit der Hand. »Voll und ganz.«
Mit ein paar unverständlichen Worten auf den Lippen breitete Topper die Arme aus. Hinter ihm gähnte das Imperiale Gewirr. Er trat ein paar Schritte zurück und war verschwunden.
Paran beugte sich vor und vergrub den Kopf in den Händen.
Es war die Jahreszeit der Strömungen, und in der Hafenstadt Genabaris schaukelten und tänzelten die schweren malazanischen Handelsschiffe auf dem Wasser, rissen an ihren Haltetauen wie gewaltige Ungeheuer. Die Piers, an denen nicht oft so riesige Schiffe festmachten, quietschten bei jedem wilden Ruck an den Pollern bedrohlich.
Kisten und Bündel füllten die Höfe - Vorräte, die frisch aus dem Reich der Sieben Städte kamen und für die Front bestimmt waren. Für den Nachschub zuständige Beamte kletterten wie Affen auf ihnen herum, suchten nach den Siegeln, um sie zu identifizieren, und plauderten über die Köpfe von Dockarbeitern und Soldaten hinweg miteinander.
Der Agent lehnte am Anfang des Piers an einer Kiste, die stämmigen Arme vor der Brust verschränkt und die kleinen, eng beieinander stehenden Augen unverwandt auf den Offizier gerichtet, der in vielleicht dreißig Schritt Entfernung auf einem Bündel saß. Keiner der beiden Männer hatte sich in der letzten Stunde bewegt.
Der Agent hatte Mühe, sich davon zu überzeugen, dass dies der Mann war, den er abholen sollte. Er wirkte furchtbar jung, so grün wie das widerliche Wasser der Bucht. Auf seiner Uniform waren noch die Kreidestriche des Schneiders zu sehen, und der lederumwickelte Griff seines Langschwerts wies keinen einzigen Schweißfleck auf. Er trug den Geruch des Adels wie eine Parfümwolke mit sich herum. Und die ganze letzte Stunde hatte er einfach nur dagesessen, die Hände im Schoß gefaltet, die Schultern hochgezogen und den Blick wie ein blöder Ochse auf das aufgeregte Durcheinander um ihn herum gerichtet. Obwohl er den Rang eines Hauptmanns bekleidete, hatte kein einziger Soldat vor ihm salutiert - der Adelsgeruch umgab ihn zu deutlich.
Die Mandata musste beim jüngsten Attentat auf die Imperatrix einen schweren Schlag auf den Kopf bekommen haben. Das war die einzig plausible Erklärung dafür, dass eine solche Witzfigur wie dieser Mann die Dienste eines Agenten in Anspruch nehmen sollte. Die persönlichen Dienste, klar doch. Heutzutage hatten eindeutig die Idioten die
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