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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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stellen müssen. Doch das ging nur auf den Dächern. Talo drehte sich zu der Einmündung um, durch die er gerade eben erst hier hereingelaufen war, und musterte die am nächsten stehenden Gebäude. Zwei Straßen entfernt zu seiner Rechten wuchs der K'rul-Tempel in die Höhe. Sein Blick blieb an der dunklen Silhouette des Glockenturms hängen. Dort.
    Der Aufstieg hatte ihn so angestrengt, dass er fast das Bewusstsein verloren hätte, doch nun kauerte er ein Gebäude vom Tempel entfernt im Schatten des Glockenturms. Die Anstrengung hatte erschreckend viel Blut aus dem Loch in seiner Schulter strömen lassen. Natürlich hatte er schon früher Blut gesehen, jedoch noch nie so viel seines eigenen. Zum ersten Mal fragte er sich ernsthaft, ob er womöglich sterben würde. In seinen Armen und Beinen begann sich ein Taubheitsgefühl auszubreiten, und er wusste, wenn er noch länger an diesem Ort bliebe, würde er niemals wieder weggehen. Mit einem leisen Grunzen kämpfte er sich auf die Beine. Der Höhenunterschied zwischen seinem Standort und dem Tempeldach betrug nur wenige Schritt, doch als er jetzt hinuntersprang, ließ ihn der Aufprall in die Knie gehen.
    Keuchend schob Talo alle Gedanken an einen möglichen Fehlschlag beiseite. Er musste jetzt nur noch innen an der Tempelmauer in den Hof hinunterklettern und dann die Wendeltreppe zum Glockenturm hinaufsteigen. Zwei Aufgaben. Zwei einfache Aufgaben. War er erst einmal dort oben, auf der Plattform des Glockenturms, würde er alle umliegenden Dächer überblicken können. Und sein Verfolger würde zu ihm kommen. Talo blieb stehen, um seine eigene Armbrust zu überprüfen, die er auf dem Rücken trug, sowie die drei Bolzen in dem Futteral an seinem linken Oberschenkel.
    Er starrte in die Dunkelheit, die sich um ihn herum ausbreitete. »Wer du auch immer bist, du verdammter Bastard, ich werde dich kriegen!«, flüsterte er und begann, über das Tempeldach zu kriechen.
     
    Das Schloss des Schmuckkästchens hatte sich als nicht besonders schwierig erwiesen. Zehn Minuten nachdem er den Raum betreten hatte, hatte Crokus das Kästchen ausgeräumt. Ein kleines Vermögen in Gold, Edelsteinen und perlenbesetztem Schmuck befand sich jetzt in einem Lederbeutel an seinem Gürtel.
    Er hockte neben der Frisierkommode und hielt sein letztes Beutestück in Händen. Das hier werde ich behalten. »Das hier« war ein himmelblauer Seidenturban mit vergoldeten Troddeln, der ohne Zweifel für das anstehende Fest gedacht war. Nachdem Crokus ihn eine ganze Minute lang bewundert hatte, klemmte er sich den Turban unter den Arm und erhob sich. Sein Blick wanderte durch den Raum und verweilte auf dem Bett. Er trat näher.
    Durch das Moskitonetz war die Gestalt, die halb unter weichen Decken verborgen war, nur undeutlich zu erkennen. Ein weiterer Schritt brachte ihn zu einem der Bettpfosten. Von der Hüfte aufwärts war das Mädchen nackt. Verlegenheit färbte die Wangen des Diebes rot, doch er sah nicht weg. Königin der Träume, sie ist wunderschön!
    Mit mittlerweile siebzehn Jahren hatte Crokus genug Huren und Tänzerinnen gesehen, um angesichts entblößter weiblicher Reize nicht mit offenem Mund dazustehen; dennoch ruhte sein Blick einige Zeit auf ihr. Schließlich schnitt er eine Grimasse und zog sich zur Balkontür zurück. Einen Augenblick später war er draußen. Tief sog er die kühle Nachtluft ein, um wieder einen klaren Kopf zu kriegen. Die Decke aus Dunkelheit hoch über seinem Kopf schien nicht mehr ganz so dicht; eine Hand voll Sterne blinkte durch den Wolkenschleier. Doch es waren keine Wolken, es war Rauch - Rauch, der von Norden her über den See gezogen kam. Die Nachricht, dass nun auch Fahl dem malazanischen Imperium zum Opfer gefallen war, war in den letzten beiden Tagen in aller Munde gewesen. Und wir sind die Nächsten.
    Sein Onkel hatte ihm erzählt, dass der Stadtrat noch immer hektisch seine Neutralität proklamierte, dass er noch immer verzweifelt versuchte, Darujhistan aus der nun vernichteten Allianz der Freien Städte herauszulösen. Doch die Malazaner schienen nicht zuzuhören. Warum sollten sie auch, hatte Onkel Mammot gefragt. Die Armee von Darujhistan besteht aus einer Hand voll verachtenswerter adliger Söhne, die nichts anderes tun als die Hurenstraße auf und ab zu stolzieren und dabei ihre juwelenbesetzten Schwerter zu umklammern ...
    Crokus kletterte zum Dach des Gebäudes hinauf und schlich leise über die Ziegel. Geradeaus lag ein anderes Haus von gleicher

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