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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Leamington Priors zu gehen. Sie mußte doch zweifellos wissen, daß jener Kurort für sein gutes Wetter bekannt war und den Besuchern, abgesehen von seinen nützlichen Quellen, alle Annehmlichkeiten bot, von Lustgärten bis zu Gesellschaftsräumen, die so elegant wie nur irgendwelche im Lande waren. Nein, Mrs. Clapham war seltsamerweise wirklich nie dort gewesen, obwohl es so nahe bei Birmingham lag. Sie beschuldigte ihn listig, daß er sie loszuwerden wünschte. »Das, Ma’am, ist eine Albernheit, die weder Beachtung verdient noch sie erhalten wird!« antwortete er. »Um die Wahrheit zu gestehen, ich verspüre die Neigung, selbst hinzufahren.«
    »Ich frage mich«, sagte Mrs. Clapham geziert, »ob mir eine Trinkkur dort guttäte?«
    Es war von Vorteil, daß diese Frage bloß rhetorisch war, denn da Stacy noch nie in Leamington gewesen war, hatte er keine Ahnung, wofür die dortigen Quellen als nützlich galten, und hätte die Frage daher kaum beantworten können. Selbst als er am nächsten Tag einen »Führer der wichtigsten Wasserkurorte und Seebäder« besorgte, war er dazu nicht besser imstande. Der Führer schwieg sich über das Thema durchaus nicht aus, sondern bot Stacy eine Liste der Krankheiten, für welche die Wasser bekannt wirksam waren. Da sie aber aus so jämmerlichen Übeln wie hartnäckiger Verstopfung, skrofulösen Tumoren, geschwollenen Knien und Bandwürmern bestand, konnte Mr. Calverleigh nur hoffen, daß Mrs. Clapham die Sache nicht näher zu erforschen gedachte.
    Er erzählte Mrs. Winkworth, daß Bath ein wahres Treibhaus der Skandale sei, und sagte ihr warnend mit seinem allzeit bereiten Lachen, es genüge, daß ein alleinstehender Herr einer alleinstehenden Dame seinen Arm auch nur für eine Straßenlänge lieh, um alle Zungen mit der Vermutung in Bewegung zu setzen, daß er hinter ihr herlaufe. Das, hoffte Stacy, würde jedem Unfugstifter Sand ins Getriebe schütten, der vielleicht versuchen würde, sie zu überzeugen, daß er ein wankelmütiger und toller Tändler sei.
    Mrs. Winkworth war ihm gegenüber weicher geworden und richtete keine mißtrauischen Blicke mehr auf ihn. Sie entschuldigte sich sogar, daß sie, wie sie es ausdrückte, etwas steif gewesen war, als sie ihn kennenlernte. »Sie würden sich nicht darüber wundern, wenn Sie wüßten, wieviele hartnäckige Courmacher und richtiggehende Mitgiftjäger ich schon abwehren mußte, Mr. Calverleigh«, sagte sie. »Manchmal wünschte ich zu Gott, ich hätte nicht zugestimmt, bei Nancy zu leben, als Clapham starb, aber ich kenne sie seit ihrer Kindheit und hatte nicht das Herz, ihr nein zu sagen. Nicht mehr, als jeder sonst je gehabt hatte, leider! Nicht daß sie nicht ein süßes kleines Ding wäre, aber sie würde jeden Taugenichts über sich herfallen lassen, weil sie kein Fünkchen Verstand hat. Und was das betrifft, ihre Angelegenheiten lenken – na!«
    »Ich vermute, ihre Treuhänder sehen zu, daß sie ihr Vermögen nicht vergeudet«, sagte Stacy.
    Mrs. Winkworth erwiderte jedoch mit einem Schnauben: »Ja, ich bin überzeugt, das täten sie, wenn sie welche hätte!«
    Es kam zutage, daß Mr. Clapham, als er starb, alles, was er besaß, seiner geliebten Frau hinterließ, in einem Testament, das auf irgendein Stück Papier geschrieben war – eine Verirrung, die Mrs. Winkworth teils dem Umstand, daß er sehr plötzlich verschieden war, und teils seiner Vernarrtheit zuschrieb. »Und dabei hätte man einen härteren Geschäftsmann schwer finden können!« erzählte sie Stacy. »Nun, man sagt, es gibt keinen schlimmeren Narren als einen alten Narren, nicht?«
    Naturgemäß war es Miss Butterbank, welche die Neuigkeit von Mrs. Claphams Ankunft in Bath zum Sydney Place trug. Sie konnte Miss Wendover erzählen, wie oft Mr. Stacy Calverleigh in ihrer Gesellschaft gesehen worden war, wieviele Koffer die Dame nach Bath mitgebracht hatte, und war sogar imstande, in einem schockierenden Flüstern zu enthüllen, daß sie zweimal mit ihm an der Table-d’hôte gespeist hätte und es sehr traurig sei, daß er mit ihr allabendlich in ihrem Privatsalon Tee trinke.
    »Was ich einfach nicht glauben kann«, sagte Selina zu Abby. »Nicht daß ich damit sagen will, daß die arme Laura Butterbank keine sehr wahrheitsliebende Frau ist, aber verlaß dich darauf, sie wurde schlecht unterrichtet.«
    Abby hatte wenig Muße für Besucher, aber sie hatte zufällig einige Tage vorher Mrs. Grayshott beim Apotheker getroffen und von ihr einen weniger farbigen

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