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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Mann, der – Abby, denk doch bloß! Nein, nein, versprich mir, daß du es nicht tun wirst!« Die Tränen begannen ihr über die Wangen zu rollen. »O Abby, verlaß mich nicht! Wie könnte ich ohne dich leben?«
    »Pst, Selina! Noch ist nichts entschieden. Ich bitte dich, verfalle nur ja nicht in einen deiner Zu– in Aufregung! Komm, laß dich ins Bett bringen! Du bist völlig erschöpft. Fardle soll dir das Abendessen heraufbringen und – «
    »Kaninchen mit Zwiebeln!« stöhnte Selina und brach in verzweifeltes Schluchzen aus. »Ich könnte nicht, ich könnte nicht!«
    »Oh!« Ein schiefes Lächeln verzog Abbys Lippen. »Nein, ich glaube, ich auch nicht.«
    Das war vielleicht ein Glück, denn es bot sich ihr keine Gelegenheit, an diesem oder einem anderen Gericht teilzunehmen. Selinas Schluchzen war das Vorspiel einer ihrer gefürchteten hysterischen Weinkrämpfe, und da er von Krämpfen und Herzklopfen begleitet war, dauerte es lange, bis Abby sie alleinlassen konnte. Als Selina endlich in erschöpften Schlaf fiel, war das einzige, was sich ihre ebenso erschöpfte Schwester wünschte, das Bett. Der Morgen brachte die Bestätigung ihres Verdachts, daß Lavinia tatsächlich geklatscht hatte. Mrs. Grayshott besuchte Abby.
    »Denn ich mußte es dir sagen, Abby, und ich bitte um Entschuldigung! Ich war noch nie so bös auf Lavinia! Und das Schlimmste daran ist, daß es bewußt war und ihr nicht leid tut. Sie erzählte mir sofort, als sie gestern heimkam, was sie getan hatte, da sie natürlich wußte, daß ich äußerst verärgert sein würde. Sie fügte aber hinzu, sie sei Fannys Freundin und wüßte, daß sie recht gehabt hatte, sie zu warnen.«
    »Vielleicht ist es wirklich so«, sagte Abby. »Ich weiß nicht. Fanny glaubt es anscheinend nicht ganz.«
    »Nein, das hat mir auch Lavinia gesagt. Oliver ist aber der Meinung, daß auf jeden Fall der Schock für das arme Kind geringer sein wird, wenn es die Wahrheit entdeckt. Es war jedoch nicht Lavinias Angeler genheit, sich einzumischen. Meine Liebe, wie müde du aussiehst!«
    »Ich bin wirklich ein bißchen müde«, gestand Abby. »Meiner Schwester geht es heute nicht sehr gut, daher – «
    Sie beendete den Satz nicht, hatte jedoch genug gesagt, um Mrs. Grayshott in einem Zustand derart kochender und ohnmächtiger Empörung zu den Edgar Buildings zurückzusenden, daß sie ihren Sohn mit ungewöhnlicher Gehässigkeit informierte, je früher Miss Wendovers zahlreiche Kränkeleien sie hinscheiden ließen, um so besser wäre es für Abby.
    Kaum hatte sie Sydney Place verlassen, als ein versiegelter Brief im Haus abgeliefert wurde. Er war an Fanny gerichtet und wurde ihr von Mitton in den Salon gebracht. Sie nahm ihn mit zitternder Hand entgegen, tat, als wollte sie ihn öffnen und ging dann mit einer undeutlich gemurmelten Entschuldigung hinaus.
    Sie kehrte nicht zurück. Abby, die erraten hatte, daß der Brief von Stacy Calverleigh kam, wartete in wachsender Unruhe eine volle Stunde und ging dann in Fannys Zimmer hinauf.
    Fanny saß am Fenster. Sie sah Abby an, sagte aber nichts, und ihr Gesicht war so steinern, daß Abby zögerte. Dann sah sie das hilflose Leiden in Fannys Augen, ging stumm zu ihr, nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. Fanny widerstrebte nicht, war aber eine Weile starr wie eine Statue. Abby streichelte ihr die hellen Locken und murmelte leise, so wie früher zu einer viel jüngeren Fanny, wenn sie gestürzt war und sich die Knie aufgeschürft hatte: »Ist schon gut, mein Liebling, ist ja schon wieder gut!«
    Sie hätte sich verfluchen können, weil diese dummen Worte der Situation so gar nicht entsprachen; aber ein Zittern durchlief Fanny, ein herzzerreißendes Schluchzen entrang sich ihr, sie wandte sich in Abbys Armen um und klammerte sich an sie, zerrissen und geschüttelt von den aufgespeicherten Gefühlen der letzten vierzehn Tage.
    Es dauerte lange, bis sie sich beruhigte. Allmählich wurde das Schluchzen zu einem kläglichen Schluckauf, und sie lag schlaff in Abbys Umarmung, den Kopf an Abbys Schulter gelehnt, die nassen Wimpern gesenkt. Als Abby ihr ein Glas Wasser holen wollte, sagte sie gebrochen: »O nein! Das ist so tröstlich!« Gleich darauf fügte sie hinzu: »Du hast es gewußt, nicht wahr?«
    »Ja, aber ich wußte nicht, wie ich es dir sagen sollte.«
    »Lavinia hat es mir erzählt. Ich wollte es ihr nicht glauben. Aber es stimmte. Es war nur mein Vermögen, nicht wahr?«
    »Ich fürchte ja, Liebling.«
    Wieder schwiegen sie,

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