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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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in einer völlig unmenschlichen Weise ausgeschlossen wurde – denn mir erscheint das so, und es ist mir gleichgültig, was irgend jemand sagt – , also, von einem Mann zu erwarten, daß er heimkommt, um – um Guineen auf seine höchst unnatürlichen Verwandten herabrieseln zu lassen – ist – ist monströs! Oder jedenfalls«, sagte sie aus dem Stegreif, »albern!«
    »Bravo, Selina!« rief Abby aus.
    Selina errötete leicht unter diesem Lob und sagte: »Nun, so erscheint das mir, obwohl es nichts mit Ihnen zu tun hat, Mr. Calverleigh. Sie dürfen daher nicht glauben, daß ich Sie kritisieren will. Und auf jeden Fall hat der arme Mr. Miles Calverleigh kein Vermögen gemacht – zumindest sieht es nicht so aus, als hätte er das, denn er trägt denkbar schäbige Kleider! Andererseits ist er im York House abgestiegen, und das ist, wie Sie wissen, keinesfalls spottbillig, wie mir liebe Freunde von uns, die dort wohnen, erzählten.«
    »Genau das Gegenteil!« sagte er. »Sie erschrecken mich, Ma’am! Er stand immer im Ruf, äußerst kostspielige Allüren zu haben, und dabei nie einen Heller in der Tasche! Ich hoffe nur, er brennt im York House nicht durch, so daß ich die Rechnung begleichen muß.« Er bemerkte, daß Selina von dieser Rede entsetzt war und Fanny ihn ernst ansah. Daher eroberte er seine Stellung zurück, indem er schnell und glatt sagte: »Wissen Sie, in Wahrheit ist es so, daß er meinem Großvater und auch meinem Vater große Verlegenheiten bereitete, so daß ich nie etwas Gutes über ihn hörte. Ich gestehe jedoch, daß ich mich oft gefragt habe, ob er gar so schwarz sein konnte, wie man ihn mir malte. Ja, wenn Sie keine Abneigung gegen ihn hegen, Miss Wendover, dann kann es nicht so schlimm sein. Ich werde unverzüglich trachten, ihn kennenzulernen.« Er wandte sich an Fanny, und sein Lächeln war eine Liebkosung. »Erzählen Sie mir die jüngsten Neuigkeiten von Bath!« bat er. »Hat mir Lady Weaversham verziehen, daß ich meine Verabredung, bei ihr zu speisen, absagen mußte? Hat Miss Ancrum den Mut aufgebracht, sich den Zahn ziehen zu lassen, oder hat sie noch immer eine geschwollene Backe? Hat – oh, erzählen Sie mir alles. Ich habe das Gefühl, als sei ich ein Jahr fortgewesen!«
    Da das interessanteste Ereignis von Bath die Heimkehr Oliver Grayshotts in die liebevolle Obhut seiner Mutter war, dauerte es nicht lange, bis Fanny ihm alles darüber erzählte. Sie heischte seine Hilfe bei der Abfassung des Akrostichons, das sie soeben zu Olivers Unterhaltung entwarf. »Wissen Sie, ich tue, was ich nur kann, um ihn aufzumuntern«, erklärte sie. »Der arme Junge, er ist in so schrecklich schlechter Verfassung, daß er an keinem unserer Ausflüge oder an Gesellschaften teilnehmen oder überhaupt etwas unternehmen kann. Als mich daher Lavinia bat, ihr zu helfen, seine Stimmung zu heben, habe ich natürlich zugesagt!« Zur unterdrückten Empörung ihrer jüngeren Tante fügte sie hinzu: »Ich dachte, Sie hätten doch nichts dagegen?«
    Er antwortete entsprechend, aber Abby, die sehr rasch eine heftige Abneigung gegen ihn gefaßt hatte, erhielt – und begrüßte – den Eindruck, daß er das Eindringen des Mr. Oliver Grayshott auf dem Schauplatz von Bath nicht erfreut aufnahm.

7
    Nachdem Mr. Stacy Calverleigh an einem leichten Mittagsimbiß am Sydney Place teilgenommen hatte, schlenderte er zur Stadtmitte zurück. Statt jedoch am Ende der Bridge Street nach links in die High Street einzubiegen, zögerte er an der Straßenkreuzung, um dann mit einem Achselzucken weiterzugehen, die Borough Wall entlang zur Burton Street. Sich nordwärts wendend, erreichte er bald die Milsom Street, an deren Ende, in der George Street, das York House stand.
    Dieses Hotel war das exklusivste und teuerste von Bath, und es irritierte Stacy einigermaßen, daß sein Taugenichts von Onkel dort wohnen sollte. Nicht daß er selbst gern hier gewohnt hätte, denn soviel Geld er auch seinem Schneider und sehr vielen anderen Londoner Gewerbetreibenden schulden mochte, hatte er doch nicht die Absicht, seinen Ruf in Bath zu ruinieren, indem er dort auf Pump lebte. Der Weiße Hirsch paßte ihm sehr gut, mit seiner Lage in der Stall Street und Zimmern, die auf die Kurhalle hinausgingen. Die Stille des York House war gar nicht nach seinem Geschmack. Er war gern im Mittelpunkt der Dinge und hatte nichts gegen den Lärm und das Getriebe eines geschäftigen Hauses, an dem die Postkutschen Endstation hatten.
    Das Wetter war den ganzen

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