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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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erwartet, wenn auch nicht mit Freude, so zumindest mit Genugtuung empfangen zu werden. Schließlich war es seitens des Chefs der Familie eine Herablassung gewesen, den Verworfenen zu besuchen, aber der Verworfene war sich dessen anscheinend nicht bewußt. Er war weder erfreut noch auch nicht erfreut gewesen, er hatte auch keine Genugtuung empfunden, sondern das einzige Interesse, das er an seinem Neffen gezeigt hatte, war ein höchst beiläufiges gewesen.
    Stacy fand dies derart ärgerlich, daß er sich fast ins York House zurückwünschte, um dem unverschämten Kerl einen wohlverdienten Dämpfer aufzusetzen.
    Bald jedoch fiel ihm ein, daß es ihm ziemte, vorsichtig zu handeln, ja sogar, falls ihm das gelang, sich Miles zum Freund zu machen. Miles wußte von seiner Werbung um Fanny Wendover, und es konnte nur wenig Zweifel bestehen, daß er es von ihren Tanten erfahren hatte. Er hatte kein Anzeichen der Mißbilligung erkennen lassen, ja er hatte sich dafür ebensowenig interessiert wie für die Enthüllung, daß Danescourt schwer belastet war. Wenn er sich jedoch mit Miss Abigail Wendover vertrug, dann konnte es der Mühe wert sein, einen Vorstoß zu unternehmen, um seine Unterstützung zu gewinnen.
    Eine Heirat hatte für Mr. Stacy Calverleigh wenig Anziehendes, aber es war ihm gezwungenermaßen klargemacht worden, daß er nur durch eine reiche Heirat seinen äußerst drückend gewordenen Verlegenheiten entkommen konnte. Daher war er entschlossen, Fanny zu heiraten, selbst wenn er gezwungen war, sie zum Durchbrennen zu überreden. Es wäre jedoch bei weitem wünschenswerter gewesen, sie mit der Zustimmung ihrer Tanten und ihres Onkels zu heiraten. Selina konnte er um den Finger wickeln, aber er hatte von Anfang an erraten, daß Selina nicht so wichtig wie Abigail war und daß höchstwahrscheinlich der Einfluß der letzteren bei Mr. James Wendover in die Waagschale fiel.
    Über James machte er sich keine Illusionen. Er hatte dessen Vater nie kennengelernt, auch seinen älteren Bruder nicht, noch weniger dessen Großvater, aber er wußte, daß sie zu ihrer Zeit sprichwörtlich waren und man James allgemein für das Urbild eines Wendover hielt. Er wurde von zwei Leidenschaften beherrscht: der Entschlossenheit, die Familieninteressen zu fördern, und der noch stärkeren Entschlossenheit, um jeden Preis alles zu vermeiden, was auch nur von fern nach Skandal roch. Man konnte sich darauf verlassen, daß er sich gegen Fannys Heirat mit einem unbemittelten jungen Mann von leicht beschädigtem Ruf stellen würde, aber sowie einmal der Knoten geschürzt war, konnte man sich ebenso sicher darauf verlassen, daß er den sich daraus ergebenden Skandal vertuschen würde. Und wenn er auch nicht sofort entsprechend für sein reiches Mündel sorgen würde, dann konnte ihn die Angst vor dem Gerede der Leute sehr bald dazu zwingen. Diese Angst beherrschte, wie boshafte Zungen behaupteten, sein ganzes Verhalten. Und wenn sich Stacy als gewandelter Charakter zeigte, würden die Leute bestimmt sehr unfreundliche Worte gebrauchen, falls James Fanny nicht in den Besitz zumindest des Einkommens aus ihrem großen Vermögen und des Heims ihrer Ahnen setzen würde. Besonders, wenn die heimliche Eheschließung mit einem Erben gesegnet würde, dachte Stacy. Er persönlich beabsichtigte durchaus, sich mit äußerstem Anstand zu betragen, ja sogar sich damit abzufinden, einige Monate des Jahres in Amberfield zu leben. Es würde langweilig werden, aber sobald es bekannt würde, daß er mit einer Erbin verheiratet war, deren Besitz in einigen Jahren der seine werden würde, dann war für ihn die Möglichkeit gegeben, allein von der Erwartung behaglich zu leben. Er würde sich mit seinen drückendsten Gläubigern arrangieren können, und obwohl er dann noch immer verschuldet wäre, müßte er nicht mehr befürchten, in den Schuldturm geworfen zu werden. Selbst der geizigste Wucherer würde nicht bis zum Äußersten gegen einen Mann vorgehen, der – durch Heirat – Erbe eines schönen Vermögens war.
    Die ideale Heirat war es natürlich nicht. Er hätte eine junge Frau vorgezogen – und hatte das ja tatsächlich schon getan –, die bereits großjährig war. Aber Erbinnen waren spärlich gesät, und sein mißlungener Versuch, durchzubrennen, hatte seine Chancen zunichte gemacht, auch nur in Hörweite einer anderen Erbin zu kommen. Andererseits war Fanny immerhin eine kleine Schönheit, und wenn er sich schon binden mußte, dann heiratete er lieber

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