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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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draußen könnte ein Irrer rumlaufen, der es auf Ihr Leben abgesehen hat.«
    Alex Daniels stellte sehr behutsam das Glas auf den Tisch zurück und antwortete: »Ich gehe noch einmal ins Haus. Wenn Sie mich unbedingt beschützen wollen, dann kommen Sie mit.«
     
     
    Die Sonne war bereits untergegangen, als der Griffith des ArtCare-Chefdetektivs mit blubberndem Motor an den Rochester Mews vorbeirollte. Darwin deutete auf einen dunklen Van, der weiter unten in der Straße stand.
    »Das sind Ihre Aufpasser von der National Crime Squad.« Die zwei hatten den Nachmittag in der Gesellschaft von Longfellow und anderen Spezialisten der NCS verbracht. Auch der Kriminalkommissar nahm die vom Hermes der Blumen überbrachte Warnung ernst. Für Daniels’ Schweigen, was Theo betraf, brachte er weniger Verständnis auf. Ihr Verhalten, sagte er mit großem Nachdruck, könne ihr leicht als Behinderung der behördlichen Ermittlungen ausgelegt werden – ein strafrelevanter Tatbestand.
    Alex Daniels hatte sämtliche Drohungen seltsam teilnahmslos hingenommen. Es kam Darwin so vor, als sei bei dem Blutbad im Greenwich Park etwas in ihr zerbrochen. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich dazu berufen, diesen Seelenbruch zu schienen. Wider besseres Wissen hatte er sie hierher, nach Camden Town, gefahren.
    »Wir parken besser ein Stückweit von Ihrem Haus weg«, erklärte er. »Könnte ja sein, dass es nicht nur von der Polizei beobachtet wird.«
    Daniels starrte stumm durch die Windschutzscheibe.
    Sie stellten den Griffith am Wilmot Place ab, einen Block von den Rochester Mews entfernt. Ihren Mini Cooper hatte Daniels am Mittag unweit der Bar Solo zurückgelassen.
    Während sie sich bedächtig dem Stallhaus näherten, kam ihnen aus Richtung der Hauptsraße ein Fahrzeug entgegen. Einem unbewussten Reflex folgend, wollte Darwin seinen Arm um die Schulter seiner Begleiterin legen, doch Daniels wich der Berührung aus.
    Darwin starrte auf die Gestalt des Fahrers, die sich wie ein Scherenschnitt vor den Lichtern der Camden Road abhob. Der Wagen rollte an ihnen vorüber und bog gleich darauf links ab.
    »Entschuldigung«, sagte er. »Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
    »Schon gut«, erwiderte sie. Den Blick auf das Pflaster geheftet, die Hände in den Taschen ihrer schwarzen Lederjacke vergraben, schritt sie weiter neben ihm her.
    Als die zwei kurz darauf die Straße vor dem Haus überquerten, zog Daniels ihren Wohnungsschlüssel aus der Handtasche. Darwin gab den Beamten im Überwachungsfahrzeug einen unauffälligen Wink. Die Kollegen wussten Bescheid. Er blickte sich nach allen Seiten um. Aus einem Grund, den er sich nur mit Instinkt erklären konnte, war ihm die Situation nicht geheuer.
    Daniels schloss die Tür auf und trat in die Diele. Darwin war dicht hinter ihr. Als sie das Licht einschalten wollte, schlugen seine Sinne Alarm. Blitzschnell packte er ihr Handgelenk.
    Sie stieß einen spitzen Schrei aus und versuchte sich aus dem Griff zu befreien. »Lassen Sie mich los. Was soll das?«
    »Wie kochen Sie, Ms Daniels?«
    »Was? Sind Sie verrückt? Lassen Sie mich sofort los!«
    »Der Kaffee, den Sie am Dienstag für uns gemacht haben, war in null Komma nichts fertig.«
    »Ich benutze Gas. Das ist…« Daniels sah Darwin entsetzt an.
    »Riechen Sie es auch?«, fragte er, und ehe sie antworten konnte, stieß er hervor: »Kommen Sie! Raus hier!«
    Die junge Frau war wie betäubt. Darwin zerrte sie am Arm ins Freie. Er glaubte, in der Diele ein Zischen vernommen zu haben. Gemeinsam rannten sie auf den Van der Kriminalbeamten zu. Das Stallhaus lag erst wenige Schritte hinter ihnen, als das darin aufgestaute Gas explodierte.
    Geistesgegenwärtig zog Darwin seine Begleiterin an sich, um sie mit dem Körper abzuschirmen. Im nächsten Moment riss die Druckwelle das Paar auch schon von den Füßen.
    Gemeinsam flogen sie durch die Luft.
    Aufgrund seiner Ausbildung in verschiedenen Kampfsportarten fing sich Darwin bei einem Sturz normalerweise intuitiv richtig ab – wenn man sich nicht abrollen konnte, musste man die Aufprallenergie wenigstens auf eine möglichst große Fläche des Körpers verteilen. In diesem Fall versagten jedoch die antrainierten Reflexe. Bei dem Versuch, die junge Frau vor dem harten Pflaster zu schützen, bekam er selbst die volle Wucht des Aufschlags zu spüren.
    Darwin schrie vor Schmerz. Er hatte das Gefühl, in eine Abrissglocke gerannt zu sein. Zwei-, dreimal rollten die beiden in enger Umschlingung über den Boden,

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