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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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noch gar nicht aufgefallen ist.«
    »Dann klären Sie mich bitte auf.«
    »Das Urteil des Paris – kommt Ihnen da nicht etwas bekannt vor?«
    »Sie meinen die Tauben?«
    »Nein. Ich rede von den Akteuren. Auf dem Bild sind sowohl Hermes als auch Aphrodite zu sehen, die Eltern von Hermaphroditos.«
    Darwin räumte ein, bisher nicht so weit gedacht zu haben. Seine Gedanken kreisten immer noch um die Kopien der antiken Hermaphroditen. »Ms Daniels, auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, aber ist Ihnen seit unserem letzten Gespräch noch irgendetwas eingefallen, das uns zu Geschwistern von Ihnen führen könnte? Die sonderbare Ähnlichkeit sowohl Ihrer Fingerabdrücke als auch Ihrer DNA mit jenen der Leiche im Louvre – die von Ihnen in der Presse abgedruckten Erklärungen deuten darauf hin, dass Sie darüber nachgedacht haben. Gab es Äußerungen Ihrer Eltern? Haben Sie vielleicht alte Fotos oder Dokumente aus einer Kiste im Keller hervorgekramt? «
    »Ich habe tatsächlich gesucht. Aber nichts gefunden.«
    »Ihre Eltern waren Wissenschaftler?«
    »Ja. Technisch begabte Experimentatoren wäre vielleicht der richtigere Ausdruck. Sie haben etliche Patente für Gerätschaften gehalten, die bis heute in der Forschung benutzt werden. Von den Tantiemen kann man ganz gut leben. Das Haus hier habe ich auch von Mom und Dad geerbt, allerdings ließ ich es nach ihrem Tod komplett modernisieren.«
    »Auf höchst bemerkenswerte Weise. Was waren das für Gerätschaften^ die Ihre Eltern erfunden haben?«
    »Lauter biotechnisches Zeug. Unter anderem Mikropipettenhalter und Mikromanipulatoren.«
    »Wozu braucht man die?«
    »Erstere, um eine Zelle zu fixieren, und letzte, um daran zu arbeiten.«
    »Aha. Wo waren Ihre Eltern beschäftigt?«
    »Keine Ahnung. Ich glaube, sie durften nicht darüber reden.«
    »Ein geheimes Forschungsprojekt? Vielleicht militärischer Art?«
    »Ich weiß es wirklich nicht, Mr Shaw. Superintendent Longfellow war der Ansicht, meine Fingerabdrücke seien in den Polizeicomputern gespeichert, weil meine Eltern eine strenge Sicherheitsüberprüfung erfahren haben, die auch mich mit einschloss.«
    »Und Sie glauben etwas anderes?«
    »Ich finde es nur komisch, wenn man ein Kind wie einen potenziellen Spion behandelt. Ich muss damals so klein gewesen sein, dass ich mich nicht einmal an das Abnehmen der Abdrücke erinnern kann.«
    »Gibt es irgendwelche Tagebuchaufzeichnungen Ihrer Adoptiveltern? «
    »Fehlanzeige. Ich habe gestern Nachmittag noch einmal das ganze Haus auf den Kopf gestellt. Ihre berufliche Vergangenheit ist tabula rasa, wie ausgelöscht. Aber da ist etwas anderes, das…« Wieder versickerte Daniels’ Stimme in tiefer Versunkenheit.
    »Woran denken Sie?«, fragte Darwin nach einer gebührenden Wartezeit.
    Sie stellte ihr Glas auf der Sessellehne ab, erhob sich, lief zu einem Sideboard aus Nussbaumholz und Edelstahlstreben und kehrte mit einem ledernen Terminplaner zum Tisch zurück. Daraus entnahm sie eine mehrfach zusammengefaltete Zeitungsseite, die sie Darwin reichte. »Der Artikel über den Unfall am Südeingang des Blackwall-Tunnels. Schauen Sie sich das Foto des Opfers an.«
    Er spürte einen kalten Schauer. Das tragische Ende der Terri Lovecraft schien ihn zu verfolgen. Betroffen blickte er zu dem Gesicht auf, das dem im Zeitungsartikel so verblüffend ähnlich war. »Hat Mr Longfellow Ihnen nichts davon gesagt?«
    Daniels’ Miene wirkte mit einem Mal verschlossen, misstrauisch. »Was sollte er…?«
    Darwin deutete auf das Bild. »Die Tote… Terri Lovecraft… Auch von ihr gab es Fingerabdrücke im Polizeiarchiv. Sie sind den Ihren verblüffend ähnlich, ebenso wie jenen der bisher nicht identifizierten Leiche aus Paris.«
    Die junge Frau sah ihn ungläubig an. Irgendwann begann sie den Kopf zu schütteln, brachte aber kein Wort heraus.
    »Ich verstehe das auch nicht«, erklärte schließlich Darwin. »Vielleicht handelt es sich um einen Erfassungsfehler bei der Polizei. Dabei könnte…«
    »Und wie kommt es, dass dieser › Erfassungsfehler ‹ mir gleicht wie ein Ei dem anderen?«, unterbrach sie ihn.
    Darauf wusste Darwin keine Antwort.
    »Könnte es sein«, sagte Daniels betont langsam, »dass gar nicht diese Terri Lovecraft gegen den Betonpfeiler gerast ist, sondern jemand anderes? Das Unfallopfer soll bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sein. Vielleicht ist Terri die Einbrecherin vom Louvre.«
    »Um das festzustellen, müsste man die Tote exhumieren und ihr eine DNA-Probe

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