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Die Galerie der Nachtigallen

Die Galerie der Nachtigallen

Titel: Die Galerie der Nachtigallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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würzigen Würsten, und neben ihnen
boten Wasserverkäufer, die mächtige Eimer um den Hals
trugen, ihren kühlenden Trunk feil, um die Mäuler
derjenigen zu kühlen, die das heiße, scharfgewürzte
Fleisch kauten. Athelstan wandte sich ab und würgte, als er
sah, wie Ranulf, der Rattenfänger, sich an einen der
Wasserverkäufer heranschlich und heimlich in einen der Eimer
pißte. 
    Smithfield war
für das Turnier extra gesäubert worden; sogar die
gewohnten Kuhfladen und Misthaufen waren verschwunden. Eine
große Fläche hatte man für diesen Tag abgesperrt.
Auf der einen Seite war die königliche Loge mit Reihen
hölzener Sitzbänke, allesamt mit purpurnem oder goldenem
Tuch bezogen. In der Mitte spannte sich ein großer Baldachin
schützend über die Stelle, wo der König mit seinem
adeligen Gefolge sitzen würden. John von Gaunts Banner wehten
träge im Wind; auf ihnen strahlte das farbenprächtige
Wappen des Hauses Lancaster. Marschälle des königlichen
Haushalts in ihren bunten Wappenröcken geleiteten Cranston und
seine Begleitung mit hoch erhobenen weißen Amtsstäben
auf die ihnen zugedachten Plätze. Ringsum füllten sich
die Bänke rasch mit kichernden und schnatternden Damen in
seidenen Gewändern; sie drückten samtene Kissen an ihren
Busen, als sie mit geziertem Lächeln an den jungen
Männern, die sie beäugten, vorbeitrippelten. Diese Gecken
mit ihrem langen gelockten Haar und den perlenbesetzten
Wämsern benahmen sich ausgelassen und machten großen
Lärm. Cranston war angeheitert, aber einige dieser jungen
Männer waren stark berauscht. Athelstan ignorierte die
lüsternen Blicke, die Benedicta galten, und bemühte sich,
die Funken der Eifersucht, die in seinem Herzen aufglommen, gleich
zu ersticken. 
    Als sie ihre
Plätze eingenommen hatten, schaute er sich um und betrachtete
den Turnierplatz. Das Feld, eine große Wiese, wurde in der
Mitte durch eine lange, mit schwarzem und weißem Segeltuch
bedeckten Turnierschranke geteilt. Am Ende der Schranke standen die
Pavillons in Rot und Gold, Blau und Scharlach, einer für jeden
Turnierteilnehmer. Die Wettkämpfer trafen bereits ein; rings
um jeden Pavillon wimmelte es von Pagen und Knappen. Rüstungen
blinkten und gleißten in der Sonne. Das Rot von Rauten,
Löwen, Drachen und Greifen leuchtete auf den Fahnen der
Adelshäuser, die im leichten Sommerwind flatterten. Ein
Fanfarenstoß ließ das Getöse verstummten, und die
Vögel in den Bäumen rings um Smithfield flogen in erbost
lärmenden Schwärmen auf. Das königliche Gefolge war
eingetroffen.
    Cranston zeigte ihm
John von Gaunt, den Herzog von Lancaster: ein grausames Gesicht
unter blondem Haar, braungebrannt von den Feldzügen in
Kastilien. Zu beiden Seiten standen seine Brüder und eine
Anzahl junger Lords. Mittelpunkt der Gruppe war ein Junge, dem John
von Gaunt eine Hand auf die Schultern gelegt hatte; sein Gesicht
war weiß wie Schnee unter einem dichten goldenen Haarschopf,
und ein Silberkranz schmückte seinen
Kopf.      
    Cranston stieß
Athelstan in die Seite und streckte den Zeigefinger aus: Neben dem
königlichen Gefolge entdeckte der Ordensbruder jetzt den
Oberrichter Fortescue in seiner scharlachroten, mit
blütenweißem Lammfell besetzten Robe, und da waren auch
Sir Richard, Lady Isabella, der Priester Crispin, Master
Buckingham, Dame Ermengilde und andere Mitglieder des Haushalts.
Athelstan war sicher, daß sie alle zu ihnen
herüberschauten, aber schon gellten von neuem die Fanfaren.
Gaunt hob die Hand, als dankte er für den Beifall der Menge.
Eine Clique von jungen Höflingen rings um ihn herum klatschte
zwar, aber das Volk von London blieb stumm, und Athelstan entsann
sich, wie Cranston gebrummt hatte, daß die kostspieligen
Vorlieben bei Hofe, gepaart mit militärischen Niederlagen
gegen die Franzosen, Gaunt und seine Anhängerschaft in Verruf
gebracht hatten.
    »Unser Wild ist
in Sicht«, flüsterte Cranston dem Bruder zu; seine
Stimme war trotzdem mehrere Schritte im Umkreis zu vernehmen.
Athelstan warf Benedicta einen Seitenblick zu, und sein Herz
klopfte wie wild. Sie hatte sich zur Seite gewandt und erwiderte
kühl den Blick eines jungen, dunkelgesichtigen Gecken, der
sich in prachtvollen rotweißen Seidengewändern auf
seinem Sitz lümmelte und für niemanden Augen hatte
außer für Athelstans schöne Begleiterin. Cranston,
der unter dem rauhen, trunkenen Äußeren noch hellwach
war, sah die schmerzerfüllte Miene des Ordensbruders. Er
lehnte sich herüber und legte

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