Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
er säuerlich, »ich erwarte nicht, daß Sie mitmachen.«
»Ich hatte Sie nicht darum gebeten, das zu wiederholen.«
»Nein, aber ich dachte, Sie würden sich dann vielleicht besser fühlen.«
»Nein, tue ich nicht.«
Er zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Auch gut.«
»Es ist nur, daß ich … ich weiß nicht …«
Er wartete darauf, daß sie den Satz vollendete. Als sie nur eine Faust ballte und zur Tür schaute, bemerkte er: »Ich werfe es Ihnen nicht vor, wenn Sie sich fürchten.«
»Das ist es nicht«, protestierte sie. »Das ist es ganz und gar nicht.«
Er hob den Kopf und betrachtete sie genau. Sie log nicht. Ihre Ängste mußten eine andere Ursache haben. Er spürte eine Bitterkeit in ihr, ein Gefühl des Versagens und eine Wunde, die so tief ging, daß sich ihre Auswirkungen kaum verbergen ließen. Ging es um ihren Mann?
»Sehen Sie«, sagte er freundlich und breitete die Arme aus. »Ich weiß, wie es ist, jemanden im Krieg zu verlieren, den man liebt. Es braucht seine Zeit, um so etwas zu heilen. Ich verstehe das. Und ich bin sicher, auch Rathanial wird Verständnis dafür haben. Also machen Sie sich deswegen keine Sorgen.«
»Sie haben jemanden verloren?« Ihre Stimme klang so zerbrechlich wie ein Ast, der von einer schweren Schneelast gebeugt wird.
Die wunde Stelle in seinem Innern, jener Abgrund, den Syene hinterlassen hatte, begann zu schmerzen. »Eine Freundin. Wir waren drei Jahre zusammen.«
»Wie lange ist das her?«
»Zwei Monate. Eine Schlacht im Akiba System.«
Ihre Blicke trafen sich, der seine wachsam und verletzlich, ihrer hingegen plötzlich aller Härte beraubt. Sie schaute zu Sybil hinüber und dann, eher unbewußt, zum knisternden Feuer. Nach einem Moment der Unentschlossenheit ging sie auf ihn zu, während ihr Schatten sich riesig auf der vom Feuer beschienenen Wand abzeichnete.
»Es tut mir leid«, sagte sie leise. »Sie kamen mir so… vollständig … vor. Ich hätte das nie gedacht.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Fühlen Sie sich nicht so?«
»Nein«, erwiderte er ehrlich und überlegte gleichzeitig, warum er das zugegeben hatte. Doch als ihr Blick sanfter wurde, begriff er. Geteilte Verluste schufen ein zerbrechliches Band zwischen ihnen, eine Art Weg, den sie, wenn auch vorsichtig, beschreiten konnten.
»Haben Sie Angst? Ich meine, vor dem Mashiah?« Sie bohrte sich die Fingernägel in die Arme und blickte ihn mit gespannter Aufmerksamkeit an. »Soweit ich weiß, kennen Sie weder ihn noch die furchtbaren Dinge, zu denen er fähig ist.«
»Jeder Kampf erschreckt mich zu Tode.«
»Ich hatte gedacht, ein Mann mit Ihrer Erfahrung hätte die Furcht überwunden.«
»Das kann man nie.« Er spreizte die Beine ein wenig und betrachtete sie aus den Augenwinkeln heraus. Sie besaß einen wundervoll weiblichen Körper, doch er schien ihm zu schlank, zu zart zu sein, um die Strapazen der Wüsten Horebs zu überstehen … oder die einer Revolution. Obwohl er natürlich wußte, daß sie zu den Führern der Widerstandsbewegung dieses Planeten gehört hatte. Rathanial hatte einen dicken Ordner aus der Schublade gezogen, die Akten auf seinem mächtigen Schreibtisch ausgebreitet und ihn über alles in Kenntnis gesetzt. Dadurch war es in seinem Innern zu einem sonderbaren Zwiespalt gekommen.
Auf der einen Seite spürte er das Bedürfnis, sie vor den Schrecknissen des Lebens zu beschützen, auf der anderen war ihm klar, daß sie seines Schutzes vermutlich nicht bedurfte – ebensowenig wie dessen anderer Menschen.
»Ich hatte nicht gedacht, daß Ihnen irgend etwas Angst machen könnte«, erklärte sie. »Insbesondere nicht nach dieser heimlichen Attacke im gesicherten System. Wie ich hörte, haben sich die Magistraten noch immer nicht davon erholt. Es hieß, sie hatten fast dreitausend Mann Verluste, Sie hingegen nur einhundertfünfzig.«
Jeremiel war überrascht angesichts ihrer Kenntnisse, empfand zugleich aber auch einen gewissen Stolz. »Und ich hatte immer gedacht, ich würde anonym operieren.«
»Oh, hier draußen am Rand der Galaxis erfahren wir nur sehr wenig. Gerade mal die größten Triumphe.« Sie wirkte plötzlich sehr ungeduldig und wrang nervös die Hände. »Nun… war das genug ›small talk‹? Ich möchte nicht unhöflich sein, aber…«
»Aber Sie möchten wissen, was Rathanial plant, um den Mann zu töten, den Sie hassen. Ja, das kann ich gut verstehen.« Er deutete mit einer ausholenden Armbewegung zum Eingang und meinte: »Nach Ihnen, meine Dame.«
Sie
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