Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
Kom-Kanal zu Silbersay. Versuchen wir herauszufinden, was dort wirklich vor sich geht.«
»Sir«, sagte Macey förmlich und fixierte dabei einen nicht näher bestimmbaren Punkt, »darf ich offen sprechen?«
Tahn schnitt eine Grimasse. »Natürlich, Rich. Und sitzen Sie nicht da, als hätten Sie einen Ladestock verschluckt. Sie wissen doch, daß ich übermäßige Formalitäten auf der Brücke nicht schätze. Also reden Sie schon.«
Macey entspannte sich nur geringfügig. »Sir, darf ich zu bedenken geben, daß der Colonel sich bereits gemeldet hätte, wenn derartige Probleme bestünden? Und wenn er es unterlassen hat, dürfte er sehr wahrscheinlich seine Gründe dafür haben. Vielleicht möchte er solange den Deckel auf der Geschichte halten, wie er den Eindruck hat, die Sache voll im Griff zu haben.«
»Wollen Sie damit andeuten, er möchte nicht, daß wir uns in seine Angelegenheiten einmischen?«
»Ja, Sir.«
Tahn fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Das ist ein guter Einwand. Mir würde es auch nicht passen, wenn sich jemand um unsere Aufgaben kümmert, solange ich nicht um Unterstützung gebeten habe.«
»Es wäre allerdings auch möglich«, bemerkte Halloway, »daß es ihm vor allem darum geht, die Magistraten von dieser Geschichte fernzuhalten. In diesem Fall würde er vielleicht einen freundlichen Anruf auf einem gesicherten Kanal durchaus zu schätzen wissen. Sie verstehen schon, ein freundlicher Schwatz unter Kollegen, die sich beide mit der spezifisch gamantischen Mentalität auseinandersetzen müssen.«
Tahn blickte sie nachdenklich an. Mitunter mochte sie zwar schwer erträglich sein, doch sie besaß einen scharfen Verstand, und ihre Vorschläge und Empfehlungen waren durchaus beachtenswert.
Wie beiläufig fügte sie hinzu: »Falls Silbersay seine Schwierigkeiten zugibt, könnte es sich als nützlich erweisen, ihn nach der Organisation der Dissidenten, ihren Nachschubwegen und ihren Führern zu befragen. Wenn uns der eine oder andere Name bekannt sein sollte, könnten wir auf diese Weise Verbindungen …«
»Kayan ist viele Jahre eine geradezu vorbildliche Welt gewesen. Woher sollten wir da die Rädelsführer kennen?«
»Kommt es Ihnen nicht merkwürdig vor, daß eine Horde armseliger, ungebildeter Viehtreiber plötzlich in der Lage sein soll, Hunderte von gut ausgebildeten magistratischen Soldaten festzusetzen?«
Tahn blies die Wangen auf und schloß die Augen. »Sie meinen, wir hätten uns vielleicht doch geirrt, als wir annahmen, Baruch hätte Kayan verlassen?«
»Genau.«
»Dann schaffen Sie jetzt Neil Dannon hierher, Carey. Er kennt sich mit Baruchs Methoden aus.«
»Soll ich persönlich die Kabinen sämtlicher Frauen nach ihm durchsuchen, Sir? Oder glauben Sie, er hat sich inzwischen anderen Tätigkeiten zugewandt? Dem Trinken vielleicht?«
Tahn knirschte mit den Zähnen. »Bewegung!«
»Aye, Sir«, erwiderte sie und marschierte in Richtung Tür.
»Macey, öffnen Sie einen Kom-Kanal zu Silbersay. Ich werde ihn nach dem Wetter fragen und hoffen, er bringt seine Probleme zur Sprache – sofern er welche hat.«
»In Ordnung, Sir. Einen Moment.«
Tahn rieb sich den verspannten Nacken. Baruch auf Kayan? Das konnte er sich kaum vorstellen. Soweit es den Rebellen betraf, verfügte er über eine Art sechsten Sinn. Wenn sich Baruch in der Nähe befand, reagierte er darauf wie auf einen ordentlichen ngoroischen Whiskey – er bekam Kopfschmerzen und seine Eingeweide spielten verrückt. Obwohl er den Mann noch nie gesehen hatte, da Baruch sich grundsätzlich weigerte, visuelle Kom-Kanäle zu benutzen und die einzigen bekannten Holographien ihn als kleinen Jungen mit dunklem Haar und blauen Augen zeigten, konnte er ihn spüren. Und er spürte ihn hier auf Horeb – so nah, daß er fast die Hand ausstrecken und ihn berühren konnte.
»Sir«, verkündete Macey, »ich habe Colonel Silbersay auf Monitor vier.«
Tahn schwang seinen Sessel genau in dem Moment herum, als Silbersays Gesicht auf dem Schirm erschien, und begrüßte den älteren Mann mit einem breiten Lächeln. »Garold, wie geht’s Ihnen denn? Jagen Sie immer noch hinter gamantischen Frauen her?«
Avel Harper stand in einem dunklen kleinen Wartungsraum, der direkt an Rathanials persönliche Gemächer angrenzte. Es roch hier zwar streng nach Reinigungsmitteln, aber dafür war dieser Ort sicher, denn er wurde nur tagsüber betreten. Harper kramte in seinem Beutel herum, bis er die benötigten Sachen gefunden hatte. Dann
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